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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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neben ihr schritt! Heimlich tauschten sie liebevolle Blicke, und ich weiß zwar nicht, ob ihre Hand fester gedrückt wurde, aber ich glaube nicht, daß es unterlassen wurde. Sie hat ihm ihre Zuneigung sehrbald offenbart. Nie wieder um die Maientage konnte er sich so freuen in seinem Herzen wie damals, als er die Geliebte an der Hand führte. Mancher Ritter dachte: ›Das hätte ich sein sollen, der neben ihr geht oder neben ihr liegt! Das ließe ich mir gern gefallen.‹ Es hat noch kein Kämpfer einer Königin aufmerksamer gedient. Die Gäste aus allen Ländern nahmen nichts wahr als nur die beiden. Ihr wurde erlaubt, Sîfrit zu küssen. Ihm war in der ganzen Welt nicht solches Glück begegnet. Der König von Dänemark sagte: »Wegen dieser Auszeichnung liegt mancher von Sîfrits Hand wundgeschlagen. Gott lasse ihn nie mehr nach Dänemark kommen.« Man bat, den Weg für Kriemhilt frei zu machen. Die Ritter gingen würdig mit ihr zur Kirche. Da wurde Sîfrit von ihr getrennt. Kriemhilt folgten viele Frauen zum Münster, und sie war so königlich anzusehen, daß mancher vergebliche hochfliegende Wunsch entstand, und jedem war sie eine Augenweide. Sîfrit konnte das Ende der Messe kaum erwarten. Er wußte seinem Schicksal unablässig Dank zu sagen für die Zuneigung derer, die er von Herzen liebte. Als sie wieder aus dem Münster kam, vor dem er schon stand, forderte man ihn wieder auf, sie zu begleiten, und jetzt erst begann Kriemhilt, ihm für seine Kriegsleistungen zu danken. »Gott soll es Euch vergelten«, sagte das schöne Mädchen, »wie Ihr die aufrichtige Freundschaft meiner Angehörigen verdient habt, nach allem was ich höre.« Er sah sie dankbar an. »Ich will ihnen immer zu Diensten sein«, erwiderte er, »ich werde nicht ruhen, bevor ich ihre Wünsche erfüllt habe, solange ich lebe. Das tu’ ich Euretwegen, Kriemhilt.« Zwölf Tage lang war sie neben ihm zu sehen, immer wenn sie zu Hofe kam, solche Aufmerksamkeit erwies man ihm.
    Täglich wurden im Hof der Burg und im Saal viele Unterhaltungen veranstaltet. Ortwîn und Hagen machten vonsich reden. Sie waren zu allem bereit, was unternommen werden sollte, so wurden sie bei allen Gästen bekannt und erhöhten den Glanz des Burgundenhofes. Die Verwundeten erhoben sich von ihrem Lager, um sich wieder im Spiel zu versuchen, Speere zu werfen, sich mit dem Schild zu decken, und die Ritter beteiligten sich daran in großer Zahl. Während des Festes ließ der Gastgeber mit auserlesenen Speisen aufwarten. Er stand über aller üblen Nachrede, die einen König jemals treffen kann. Freundlich mischte er sich unter seine Gäste. Er sagte: »Ihr edlen Ritter, ehe Ihr Abschied nehmt, wollt meine Geschenke annehmen, dann werde ich Euch dankbar sein. Ich will alles mit Euch teilen, was ich habe, wenn es Euch nicht zu gering dünkt.«
    Die von Dänemark sagten bald: »Ehe wir in unser Land heimreiten, wünschen wir einen festen Ausgleich mit Euch zu verabreden. Eure Ritter haben uns manchen Freund erschlagen.« Liudegast war von seinen Wunden geheilt, auch der König von Sachsen hatte sich von den Folgen der Schlacht erholt. Einige Verwundete waren noch in Burgund gestorben. Gunther suchte Sîfrit auf und sagte: »Nun rate mir gut, was ich tun soll. Unsere Gegner wollen morgen früh fortreiten und verlangen einen Ausgleich von uns. Sie bieten mir so viel Gold, wie fünfhundert Pferde tragen können, und gäben mir gern noch mehr, wenn ich sie nur ziehen lasse. Nun ratet mir, wie wir das beilegen.« Da antwortete Sîfrit: »Das wäre eine ungünstige Lösung. Laßt sie los und ledig nach Hause, wenn die beiden Herren sich durch Handschlag verbürgen, daß sie nie mehr Euer Land feindlich überfallen wollen.« Gunther folgte diesem Rat und ließ seine Feinde wissen, niemandem stehe der Sinn nach dem Golde, das sie geboten hätten.
    Die Freunde in der Heimat hatten Sehnsucht nach den Umherziehenden. So trug man viele Schilde voll Gold zusammen,und Gunther teilte seinen Gefolgsleuten ohne Waage aus. Er gab ihnen zweihundertfünfzig Pfund und einiges mehr, wie Gêrnôt es ihm anriet. Sie baten um die Erlaubnis zur Reise. Sie traten vor Kriemhilt und die Königin Uote, und nie sind Ritter freundlicher verabschiedet worden. Die Herbergen standen leer nach ihrer Abreise, aber immer noch hielt König Gunther mit Kriemhilt und seinen Verwandten herrlichen Hof. Auch Sîfrit wollte fort, denn er wagte nicht, sich um das zu bemühen, worauf doch sein Sinn gerichtet war. Der König

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