Das Paradies der Damen - 11
ihre Ersparnisse anvertraut hatten, wie das Haus bei jedem neuen Ausverkauf seine ganze Existenz riskierte, weil das gesamte Kapital sozusagen auf eine Karte gesetzt war. Doch er fragte gar nicht nach Geld, er besaß ein geradezu fanatisches Zutrauen zu seiner Kundschaft. Sein Ehrgeiz strebte viel höher. Er schlug dem Baron eine Zusammenarbeit vor: die Immobilienbank sollte den Riesenpalast stellen, von dem er träumte, während er für sein Teil seinen Unternehmungsgeist und die bereits vorhandene geschäftliche Grundlage dazugeben wollte.
»Was gedenken Sie denn anzufangen mit Ihren Grundstücken und Ihren Häusern?« fragte er in eindringlichem Ton. »Sie haben doch zweifellos einen Plan? Aber ich bin sicher, daß er nicht so viel wert ist wie der meine. Überlegen Sie doch nur! Wir errichten auf den Grundstücken ein Kaufhaus, wir legen die alten Bauten nieder oder lassen sie stehen, je nachdem, wie es für uns günstiger ist, und eröffnen das riesigste Warenhaus von Paris, einen Basar, der Millionen einbringen soll! – Ach, wenn ich es doch ohne Sie fertigbrächte! Aber Sie haben jetzt die ganze Sache in Händen. Wir müssen uns einigen, es wäre Selbstmord, wenn wir es nicht täten.«
»Wie stürmisch Sie sind, lieber Herr Mouret!« sagte der Baron lediglich. »Welch eine Phantasie!«
Er schüttelte den Kopf und lächelte, noch immer unentschieden, ob er Vertrauen für Vertrauen geben sollte. Der Plan der Immobilienbank bestand darin, in der Rue du Dix-Décembre ein Konkurrenzunternehmen zum Grand-Hotel zu errichten, einen Prachtbau, der in seiner zentralen Lage alle Fremden anziehen mußte. Da übrigens das Hotel nur die Randgrundstücke einnehmen sollte, hätte der Baron den Gedanken Mourets trotzdem aufgreifen und wegen der übrigen Häuser, die immerhin noch eine weite Fläche ausmachten, mit ihm verhandeln können. Allein er hatte sich bereits mit zwei anderen Freunden Henriettes eingelassen und war es nun müde, fortwährend den gefälligen Beschützer zu spielen. Überdies war er trotz seines eigenen Tätigkeitsdrangs von dem kaufmännischen Unternehmungsgeist Mourets mehr verblüfft als verlockt. War dieses Riesenkaufhaus nicht ein phantastisches, unkluges Projekt? Lief man nicht dem sicheren Bankrott in die Arme, wenn man den Modewarenhandel so über alle Grenzen hinaus ausdehnen wollte?
»Der Gedanke ist verführerisch«, sagte er, »allein er entspringt einem poetischen Gemüt. Wo wollen Sie die Kundschaft hernehmen, um einen solchen Riesenbau zu füllen?«
Mouret betrachtete ihn einen Augenblick stillschweigend, wie betroffen von seiner Ablehnung. War es möglich? Ein Mann von so ausgeprägtem Geschäftssinn, ein Mann, der das Geld in den verborgensten Tiefen witterte! Mit einer beredten Geste wies er nach den Damen im anstoßenden Salon und rief aus:
»Die Kundschaft? Da ist sie!«
Baron Hartmann betrachtete, Mourets Handbewegung folgend, durch die weit offenstehende Tür die Damen und lauschte mit einem Ohr ihren Gesprächen, während der junge Mann in dem Verlangen, ihn doch noch zu überzeugen, immer beredter wurde. Ein richtig geleitetes Geschäft stehe und falle mit einem fortgesetzten raschen Umschlag des Kapitals, das so häufig wie möglich im Jahr in Waren umgesetzt werden müsse.
»Das ist das ganze Geheimnis, Herr Baron. Es ist sehr einfach, aber man muß darauf kommen. Wir brauchen gar kein riesiges Kapital; unsere einzige Aufgabe ist die: so rasch wie möglich die eingekauften Waren wieder abzustoßen, um sie durch andere zu ersetzen, wodurch sich das Kapital stets von neuem verzinst. Auf diese Weise können wir uns mit einem bescheidenen Gewinn begnügen. Da unsere allgemeinen Unkosten die enorme Summe von sechzehn Prozent ausmachen und wir auf die Artikel nicht mehr als zwanzig Prozent aufschlagen, haben wir nur vier Prozent Gewinn; und doch muß das Millionen einbringen, wenn nur der Warenbestand fortwährend erneuert wird … Sie begreifen jetzt, nicht wahr? Die Sache ist doch klar.«
Der Baron schüttelte noch immer den Kopf; er, der in der Finanzwelt als kühner Geschäftsmann bekannt war, blieb in dieser Sache zweifelnd und eigensinnig.
»Ich verstehe schon«, sagte er. »Sie verkaufen billig, um viel zu verkaufen, und Sie verkaufen viel, um billig zu verkaufen … Aber verkaufen müssen Sie, und ich komme auf meine erste Frage zurück: wem werden Sie verkaufen? Wie wollen Sie einen so riesigen Umsatz aufrechterhalten?«
Mouret setzte zu einer Erklärung an, doch
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