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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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Qualität der einzelnen Produkte war - denn Baldini kaufte nur allererste Qualität -, so unerträglich war ihr geruchlicher Zusammenklang, gleich einem tausendköpfigen Orchester, in welchem jeder Musiker eine andre Melodie fortissimo spielt. Baldini selbst und seine Angestellten waren gegen dieses Chaos abgestumpft wie alternde Dirigenten, die ja sämtlich schwerhörig sind, und auch seine Frau, die im dritten Stock wohnte und diesen erbittert gegen ein weiteres Vordringen der Lagerräume verteidigte, nahm die vielen Gerüche kaum noch als stürend wahr. Anders der Kunde, der zum ersten Mal Baldinis Laden betrat. Ihm schlug das herrschende Duftgemisch wie eine Faust ins Gesicht, machte ihn, je nach Konstitution, exaltiert oder benommen, verwirrte in jedem Falle seine Sinne derart, dass er oft nicht mehr wusste, weshalb er überhaupt gekommen war. Laufburschen vergaßen ihre Bestellungen. Trutzigen Herren wurde es mulmig. Und manche Dame erlitt einen halb hysterischen, halb klaustrophobischen Anfall, sank in Ohnmacht und konnte nur noch mit schärfstem Riechsalz aus Nelkenöl, Ammoniak und Kampfersprit wiederhergestellt werden.
    Unter diesen Umständen war es eigentlich nicht verwunderlich, dass das persische Glockenspiel von Giuseppe Baldinis Ladentüre immer seltener erklang und die silbernen Reiher immer seltener spien.

— 10 —«Chenier!» rief Baldini hinter dem Kontor hervor, wo er seit Stunden säulenstarr gestanden und die Türe angestarrt hatte, «ziehen Sie Ihre Perücke an!» Und zwischen Olivenölfässern und hängenden Schinken aus Bayonne erschien Chenier, Baldinis Geselle, etwas jünger als dieser, aber auch schon ein alter Mann, und kam nach vorn in die feinere Abteilung des Ladens. Er zog seine Perücke aus der Rocktasche und stülpte sie sich über.
    «Sie gehen aus, Herr Baldini?»
    «Nein», sagte Baldini, «ich werde mich für einige Stunden in mein Arbeitszimmer zurückziehen und wünsche, absolut nicht gestärt zu werden.»
    «Ah, ich verstehe! Sie entwerfen ein neues Parfum.»
    «So ist es. Zur Beduftung einer spanischen Haut für den Grafen Verhamont. Er verlangt etwas vollkommen Neues. Er verlangt etwas wie... wie ... ich glaube, es hieß «Amor und Psyche», was er verlangte, und stammt angeblich von diesem... diesem Stümper aus der Rue Saint-Andre des Arts, diesem... diesem... chenier Pelissier.»
    «Ja. Pelissier. Richtig. So heißt der Stümper. «Amor und Psyche» von Pelissier. Kennen Sie es?»
    «Jaja. Dochdoch. Man riecht es jetzt überall. An jeder Straßenecke riecht man es. Aber wenn Sie mich fragen - nichts Besonderes! Es kann sich bestimmt in keiner Weise messen mit dem, welches Sie komponieren werden, Herr Baldini.»
    «Natürlich nicht.»
    «Es riecht äußerst gewöhnlich, dieses «Amor und Psyche». »
    «Vulgär?»
    «Durchaus vulgär, wie alles von Pelissier. Ich glaube, es ist Limettenöl darin.»
    «Wirklich? Was noch?»
    «Orangenblütenessenz vielleicht. Und vielleicht Rosmarintinktur. Aber ich kann es nicht sicher sagen.»
    «Es ist mir auch völlig gleichgültig. »
    «Natürlich .»
    «Es ist mir schnurzegal, was der Stümper Pelissier in sein Parfum gepanscht hat. Ich werde mich nicht einmal davon inspirieren lassen!»
    «Da haben Sie Recht, Monsieur.»
    «Wie Sie wissen, lasse ich mich nie inspirieren. Wie Sie wissen, erarbeite ich meine Parfums.»
    «Ich weiß, Monsieur. »
    «Gebäre sie allein aus mir! »
    « Ich weiß.»
    «Und ich gedenke, für den Grafen Verhamont etwas zu kreieren, was wirklich Furore macht.»
    «Davon bin ich überzeugt, Herr Baldini.»
    «Sie übernehmen den Laden. Ich brauche Ruhe. Halten Sie mir alles vom Leibe, Chenier...»
    Und damit schlurfte er, nun gar nicht mehr statuarisch, sondern, wie es seinem Alter zukam, gebeugt, ja fast wie geprügelt, davon und stieg langsam die Treppe zum ersten Stock hinauf, wo sein Arbeitszimmer lag. Chenier nahm den Platz hinterm Kontor ein, stellte sich genauso hin, wie zuvor der Meister gestanden hatte, und schaute mit starrem Blick zur Türe. Er wusste, was in den nächsten Stunden passieren würde: nämlich gar nichts im Laden, und oben im Arbeitszimmer Baldinis die übliche Katastrophe. Baldini würde seinen blauen, von Frangipaniwasserdurchtränkten Rock ausziehen, sich an den Schreibtisch setzen und auf eine Eingebung warten. Diese Eingebung würde nicht kommen. Er würde hierauf an den Schrank mit den Hunderten von Probefläschchen eilen und aufs Geratewohl etwas zusammenmixen. Diese

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