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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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heimlich nachzumachen und unter eigenem Namen zu verkaufen, war schrecklich unfein. Aber noch unfeiner war es, sich dabei ertappen zu lassen, und darum durfte Chenier nichts davon wissen, denn Chenier war geschwätzig.
    Ach, wie schlimm, dass man sich als rechtschaffener Mann gezwungen sah, so krumme Wege zu gehen! Wie schlimm, dass man das Kostbarste, was man besaß, die eigene Ehre, auf so schäbige Weise befleckte! Aber was sollte er tun? Immerhin war der Graf Verhamont ein Kunde, den er keinesfalls verlieren durfte. Er hatte ja ohnehin kaum noch einen Kunden. Er musste der Kundschaft ja schon wieder nachlaufen wie zu Beginn der zwanziger Jahre, als er am Anfang seiner Karriere stand und mit dem Bauchladen durch die Straßen zog. Weiß Gott kam er, Giuseppe Baldini, Inhaber der größten Duftstoffhandlung von Paris, in bester Geschäftslage, finanziell nur noch über die Runden, wenn er mit dem Köfferchen in der Hand Hausbesuche machte. Und das gefiel ihm gar nicht, denn er war schon weit über sechzig und hasste es, in kalten Vorzimmern zu warten und alten Marquisen Tausendblumenwasser und Vierräuberessig vorzuführen oder ihnen eine Migränesalbe aufzuschwatzen. Außerdem herrschte in diesen Vorzimmern eine ganz ekelhafte Konkurrenz. Da war dieser Emporkömmling Brouet aus der Rue Dauphine, der von sich behauptete, er habe das größte Pomadenprogramm Europas; oder Calteau aus der Rue Mauconseil, der es zum Hoflieferanten der Comtesse von Artois gebracht hatte; oder dieser völlig unberechenbare Antoine Pelissier aus der Rue Saint-Andre-des-Arts, der in jeder Saison einen neuen Duft lancierte, nach welchem die ganze Welt verrückt war.
    So ein Parfum von Pelissier konnte den ganzen Markt in Unordnung bringen. War in einem Jahr Ungarisches Wasser in Mode, und hatte sich Baldini entsprechend mit Lavendel, Bergamotte und Rosmarin eingedeckt, um den Bedarf zu befriedigen - so kam Pelissier mit «Air de Musc» heraus, einem ultraschweren Moschusduft. Jeder Mensch musste plötzlich tierisch riechen, und Baldini konnte sein Rosmarin zu Haarwasser verarbeiten und den Lavendel in Riechsäckchen nähen. Hatte er dagegen für das nächste Jahr entsprechende Mengen an Moschus, Zibet und Castoreum bestellt, so fiel es Pelissier ein, ein Parfum namens «Waldblume» zu kreieren, was prompt ein Erfolg wurde. Und hatte Baldini endlich in nächtelangen Versuchen oder durch hohe Bestechungsgelder herausgefunden, woraus «Waldblumen» bestand - da trumpfte Pelissier schon wieder auf mit «Türkische Nächte» oder «Lissabonner Duft» oder «Bouquet de la Cour» oder weiß der Teufel womit sonst. Dieser Mensch war auf jeden Fall in seiner zügellosen Kreativität eine Gefahr für das ganze Gewerbe. Man wünschte sich die Rigidität des alten Zunftrechts zurück. Man wünschte sich die drakonischsten Maßnahmen gegen diesen Aus-Der-Reihe-Tänzer, gegen diesen Duftinflationär. Das Patent gehörte ihm entzogen, ein saftiges Berufsverbot auferlegt..., und überhaupt sollte der Kerl erst einmal eine Lehre machen! Denn ein gelernter Parfumeur-und Handschuhmachermeister war er nicht, dieser Pelissier. Sein Vater war nichts als ein Essigsieder gewesen, und Essigsieder war auch Pelissier, nichts anderes. Und bloß weil er als Essigsieder berechtigt war, mit Spirituosen umzugehen, konnte er überhaupt ins Gehege der echten Parfumeure einbrechen und darin herumwüten wie ein Stinktier. - Wozu brauchte man in jeder Saison einen neuen Duft? War das nötig? Das Publikum war früher auch sehr zufrieden gewesen mit Veilchenwasser und einfachen Blumenbouquets, die man vielleicht alle zehn Jahre einmal geringfügig änderte. Jahrtausendelang hatten die Menschen mit Weihrauch und Myrrhe, ein paar Balsamen, Ölen und getrockneten Würzkräutern vorlieb genommen. Und auch als sie gelernt hatten, mit Kolben und Alambic zu destillieren, vermittels Wasserdampf den Kräutern, Blumen und Hälzern das duftende Prinzip in Form von ätherischem Öl zu entreißen, es mit eichenen Pressen aus Samen und Kernen und Fruchtschalen zu quetschen oder mit sorgsam gefilterten Fetten den Blütenblättern zu entlocken, war die Zahl der Düfte noch bescheiden gewesen. Damals wäre eine Figur wie Pelissier gar nicht möglich gewesen, denn damals brauchte es schon zur Erzeugung einer simplen Pomade Fähigkeiten, von denen sich dieser Essigpanscher gar nichts träumen ließ. Man musste nicht nur destillieren können, man musste auch Salbenmacher sein und Apotheker,

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