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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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ausgereicht, seine Vorstellungen eines wirklich großen Parfums zu verwirklichen. Was er bei Baldini an Gerüchen realisieren konnte, waren Spielereien verglichen mit den Gerüchen, die er in sich trug und die er eines Tages zu realisieren gedachte. Dazu aber, das wusste er, bedurfte es zweier unabdingbarer Voraussetzungen: Die eine war der Mantel einer bürgerlichen Existenz; mindestens des Gesellentums, in dessen Schutz er seinen eigentlichen Leidenschaften frönen und seine eigentlichen Ziele ungestört verfolgen konnte. Die andre war die Kenntnis jener handwerklichen Verfahren, nach denen man Duftstoffe herstellte, isolierte, konzentrierte, konservierte und somit für eine höhere Verwendung überhaupt erst verfügbar machte. Denn Grenouille besaß zwar in der Tat die beste Nase der Welt, sowohl analytisch als auch visionär, aber er besaß noch nicht die Fähigkeit, sich der Gerüche dinglich zu bemächtigen.

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    Und so ließ er sich denn willig unterweisen in der Kunst des Seifenkochens aus Schweinefett, des Handschuhnähens aus Waschleder, des Pudermischens aus Weizenmehl und Mandelkleie und gepulverten Veilchenwurzeln. Rollte Duftkerzen aus Holzkohle, Salpeter und Sandelholzspänen. Presste orientalische Pastillen aus Myrrhe, Benzoe und Bernsteinpulver. Knetete Weihrauch, Schellack, Vetiver und Zimt zu Räucherkügelchen. Siebte und spaltete Poudre Imperiale aus gemahlenen Rosenblättern, Lavendelblüte, Kaskarillarinde. Rührte Schminken, weiß und aderblau, und formte Fettstifte, karmesinrot, für die Lippen. Schlämmte feinste Fingernagelpulver und Zahnkreiden, die nach Minze schmeckten. Mixte Kräuselflüssigkeit für das Perückenhaar und Warzentropfen für die Hühneraugen, Sommersprossenbleiche für die Haut und Belladonnaauszug für die Augen, Spanischfliegensalbe für die Herren und Hygieneessig für die Damen... Die Herstellung sämtlicher Wässerchen und Pülverchen, Toilette-und Schönheitsmittelchen, aber auch von Tee-und Würzmischungen, von Likören, Marinaden und dergleichen, kurz, alles, was Baldini ihn mit seinem großen überkommenen Wissen zu lehren hatte, lernte Grenouille, ohne sonderliches Interesse zwar, doch klaglos und mit Erfolg.
    Mit besonderem Eifer war er hingegen bei der Sache, wenn Baldini ihn im Anfertigen von Tinkturen, Auszögen und Essenzen unterwies. Unermüdlich konnte er Bittermandelkerne in der Schraubenpresse quetschen oder Moschuskörner stampfen oder fette graue Amberknollen mit dem Wiegemesser hacken oder Veilchenwurzeln raspeln, um die Späne dann in feinstem Alkohol zu digerieren. Er lernte den Gebrauch des Scheidetrichters kennen, mit welchem man das reine Öl gepresster Limonenschalen von der trüben Rückstandsbrühe trennte. Er lernte Kräuter und Blüten zu trocknen, auf Rosten in schattiger Wärme, und das raschelnde Laub in wachsversiegelten Töpfen und Truhen zu konservieren. Er erlernte die Kunst, Pomaden auszuwaschen, Infusionen herzustellen, zu filtrieren, zu konzentrieren, zu klarifizieren und zu rektifizieren.
    Freilich war Baldinis Werkstatt nicht dazu geeignet, dass man darin in großem Stile Blüten-oder Kräuteröle fabrizierte. Es hätte in Paris ja auch die notwendigen Mengen frischer Pflanzen kaum gegeben. Gelegentlich jedoch, wenn frischer Rosmarin, wenn Salbei, Minze oder Anissamen am Markt billig zu haben waren oder wenn ein größerer Posten Irisknollen oder Baldrianwurzel, Kümmel, Muskatnuss oder trockne Nelkenblüte eingetroffen war, dann regte sich Baldinis Alchimistenader, und er holte seinen großen Alambic hervor, einen kupfernen Destillierbottich mit oben aufgesetztem Kondensiertopf – einen sogenannten Maurenkopfalambic, wie er stolz verkündete -, mit dem er schon vor vierzig Jahren an den südlichen Hängen Liguriens und auf den Höhen des Luberon auf freiem Felde Lavendel destilliert habe. Und während Grenouille das Destilliergut zerkleinerte, heizte Baldini in hektischer Eile - denn rasche Verarbeitung war das A und O des Geschäfts - eine gemauerte Feuerstelle ein, auf die er den kupfernen Kessel, mit einem guten Bodensatz Wasser gefüllt, postierte. Er warf die Pflanzenteile hinein, stopfte den doppelwandigen Maurenkopf auf den Stutzen und schloss zwei Schläuchlein für zu-und abfließendes Wasser daran an. Diese raffinierte Wasserkühlungskonstruktion, so erklärte er, sei erst nachträglich von ihm eingebaut worden, denn seinerzeit auf dem Felde habe man selbstverständlich mit bloßer zugefächelter Luft

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