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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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hinwegfegen und unermesslich reich werden - ja, er sage bewusst und ausdrücklich «man», denn er gedenke, seinen altgedienten Gesellen an diesen unermesslichen Reichtümern mit einem bestimmten Prozentsatz zu beteiligen.
    Vor wenigen Tagen noch hätte Chenier solche Reden seines Meisters als Anzeichen eines beginnenden Alterswahnsinns gedeutet. «Jetzt ist er reif für die Charité», hätte er gedacht, «jetzt kann's nicht mehr lange dauern, bis er das Pistill endgültig aus der Hand legt». Nun aber dachte er nichts mehr. Er kam gar nicht mehr dazu, er hatte einfach zu viel zu tun. Er hatte so viel zu tun, dass er abends vor Erschöpfung kaum noch in der Lage war, die pralle Kasse auszuleeren und sich seinen Anteil abzuzweigen. Er kam nicht im Traum darauf zu zweifeln, dass es mit rechten Dingen zuging, wenn Baldini beinahe täglich mit irgendeinem neuen Duft aus seiner Werkstatt trat.
    Und was für Düfte waren das! Nicht nur Parfums der höchsten, allerhöchsten Schule, sondern auch Cremes und Puder, Seifen, Haarlotionen, Wässer, Öle ... Alles, was zu duften hatte, duftete jetzt neu und anders und herrlicher als je zuvor. Und auf alles, aber wirklich alles, selbst auf die neuartigen Dufthaarbänder, die Baldinis kuriose Laune eines Tages hervorbrachte, sprang das Publikum los wie behext, und Preise spielten keine Rolle. Alles, was Baldini produzierte, wurde ein Erfolg. Und der Erfolg war dermaßen überwältigend, dass Chenier ihn wie ein Naturereignis hinnahm und nicht mehr nach seinen Ursachen forschte. Dass etwa der neue Lehrling, der unbeholfene Gnom, der in der Werkstatt hauste wie ein Hund und den man manchmal, wenn der Meister heraustrat, im Hintergrund stehen und Gläser wischen und Mörser putzen sah - dass dieses Nichts von Mensch etwas zu tun haben sollte mit dem sagenhaften Aufblühen des Geschäfts, das hätte Chenier nicht einmal dann geglaubt, wenn man es ihm gesagt hätte.
    Natürlich hatte der Gnom alles damit zu tun. Das, was Baldini in den Laden brachte und Chenier zum Verkauf überließ, war nur ein Bruchteil dessen, was Grenouille hinter verschlossenen Türen zusammenmischte. Baldini kam mit dem Riechen nicht mehr nach. Es war ihm manchmal eine regelrechte Qual, unter den Herrlichkeiten, die Grenouille hervorbrachte, eine Wahl zu treffen. Dieser Zauberlehrling hätte alle Parfumeure Frankreichs mit Rezepten versorgen können, ohne sich zu wiederholen, ohne auch nur ein Mal etwas Minderwertiges oder auch nur Mittelmäßiges hervorzubringen. - Das heisst, mit Rezepten, also Formeln, hätte er sie eben nicht versorgen können, denn zunächst komponierte Grenouille seine Düfte noch auf jene chaotische und völlig unprofessionelle Manier, die Baldini schon kannte, indem er nämlich aus der freien Hand in scheinbar wildem Durcheinander Ingredienzien mischte. Um das verrückte Geschäft, wenn nicht zu kontrollieren, so doch wenigstens begreifen zu können, verlangte Baldini eines Tages von Grenouille, er möge sich, auch wenn er das für unnötig halte, beim Ansetzen seiner Mischungen der Waage, des Messbechers und der Pipette bedienen; er möge sich ferner angewöhnen, den Weingeist nicht als Duftstoff zu begreifen, sondern als Lösungsmittel, welches erst im nachhinein zuzusetzen sei; und ermöge schließlich um Gottes willen langsam hantieren, gemächlich und langsam, wie es sich für einen Handwerker gehöre.
    Grenouille tat das. Und zum ersten Mal war Baldini in der Lage, die einzelnen Handhabungen des Hexenmeisters zu verfolgen und zu dokumentieren. Mit Feder und Papier saß er neben Grenouille und notierte, immer wieder zur Langsamkeit mahnend, wie viel Gramm von diesem, wie viel Messstriche von jenem, wie viel Tropfen von einem dritten Ingredienz in die Mischflasche wanderten. Auf diese sonderbare Weise, indem er nämlich einen Vorgang nachträglich mit eben jenen Mitteln analysierte, ohne deren vorherigen Gebrauch er eigentlich gar nicht hätte stattfinden dürfen, gelangte Baldini endlich doch in den Besitz der synthetischen Vorschrift. Wie Grenouille ohne diese in der Lage war, seine Parfums zu mixen, blieb für Baldini zwar weiterhin ein Rätsel, vielmehr ein Wunder, aber wenigstens hatte er das Wunder jetzt auf eine Formel gebracht und damit seinen nach Regeln dürstenden Geist einigermaßen befriedigt und sein parfümistisches Weltbild vor dem vollständigen Kollaps bewahrt.
    Nach und nach entlockte er Grenouille die Rezepturen sämtlicher Parfums, die dieser bisher erfunden

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