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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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und dann war es damit vorbei.
    Als sie dem Knaben zum Strand hinunter folgte, musste Guama an das Wettschwimmen vor ein paar Tagen denken, bei dem Tonina alle abgehängt hatte, auch wenn die Großmutter sie immer wieder beschwor, sie sollte die jungen Männer gewinnen lassen. Unseligerweise jedoch war Tonina durch und durch ehrlich und brachte es nicht über sich, sich selbst und andere zu belügen.
    »Was für ein Wettkampf soll das sein?«, fragte Guama jetzt, mit einem Mal misstrauisch geworden.
    »Raus zu den Knochen des Seeungeheuers zu schwimmen.«
    » Guay! «, entfuhr es der Alten derart entsetzt, dass sie den Ausdruck benutzte, der in der Sprache der Inselbewohner Schmerz, Überraschung oder höchste Besorgnis verriet. Im Laufschritt hetzte sie zum Strand, so schnell ihre altersschwachen Beine es gestatteten.

    Zu Macus Bestürzung ging Tonina auf die Herausforderung ein. Die Zuschauer hielten den Atem an. Ein Wetteifern um Tauchtiefe und Ausdauer war durchaus üblich – weit hinunterzutauchen, hoher Wellengang und gefährliche Strömungen, dies alles machte den Inselbewohnern nichts aus –, etwas ganz anderes dagegen war, zu einer Stelle im Meer zu schwimmen, an der ein Geist herumspukte. Macu hatte darauf vertraut, dass Tonina den Wettkampf entweder sofort ablehnen oder aber bald derart in Panik geraten würde, dass sie umkehrte und ihm den Sieg überließ.
    Was Macu nicht wusste, war, dass Tonina keine Angst vor Meeresungeheuern oder deren Geistern empfand. Nichts im Ozean vermochte sie zu erschrecken. Und jetzt befand sich Macu in einer Zwickmühle. Aller Augen waren auf ihn gerichtet. Einen Rückzieher zu machen, war unmöglich.
    Wieder übermannte ihn der Zorn, aber er beherrschte sich. »Also dann abgemacht!«, meinte er lächelnd.
    Tonina streifte sich den Grasrock ab, den alle Inselfrauen ab dem Einsetzen ihrer Menstruation trugen, ließ ihn in den Sand gleiten. Nur noch mit einem einfachen Baumwollschurz bekleidet, der von einer Schnur um ihre Taille gehalten wurde und ihr Hinterteil und ihre Scham bedeckte, folgte sie Macu in die Brandung. In ihrem fast nackten Zustand kam ihre Körpergröße vollends zur Geltung; es zeigte sich, dass sie Macu fast überragte.
    Gebannt verfolgten die am Strand Zurückgebliebenen das Geschehen. Keiner hatte je die Knochen des Ungeheuers in Augenschein genommen. Würden Macu und Tonina unversehrt zurückkehren?
    Guama kam zu spät. Sie konnte nur noch hilflos vom Strand aus zusehen, wie die beiden ins Wasser tauchten und auf das Riff zuschwammen.
    Guamas schlohweißes Haar war nach hinten gekämmt und zu einem kunstvollen, mit Palmfasern befestigten Knoten verschlungen. Dennoch hatten sich ein paar lange Strähnen selbständig gemacht und umflatterten, von der Tropenbrise bewegt, ihr Gesicht. Sie wischte sie weg, den Blick starr auf die Schwimmer geheftet. War dies das endgültige Zeichen? Das Zeichen, das sie seit sechs Tagen – seit dem Auftauchen der Delphine – befürchtete? Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob Toninas Status einer Unverheirateten als Botschaft von den Göttern zu verstehen sei. Dass es ihr nicht bestimmt war, auf der Perleninsel zu bleiben.
    Verhielten sich deshalb die Götter gegenüber Tonina so grausam? Hatten sie sie deshalb so erschaffen, dass die Blicke der Männer sich von ihr abwandten? Gewiss, das Mädchen lachte gern und war warmherzig und zutraulich, aber sie war nun mal mit dieser unseligen goldenen Hautfarbe geschlagen, mit langen Gliedmaßen und schmalen Hüften. Jahrelang hatte Guama alles getan, um ihre adoptierte Enkelin dem Schönheitsideal der Insel anzupassen. Sie hatte ihr Tabaksaft in die Haut gerieben, um sie dunkler zu machen; sie hatte ihr Kassavewurzeln zu essen gegeben, damit sie Fett ansetzte. Aber die Farbe wusch sich ab, und das Fett schmolz von ihrem geschmeidigen Körper. Beim barbicu, der jährlichen Brautschau, wurde Tonina von den Männern der anderen Inseln einfach übersehen, weshalb sie noch immer den Gürtel aus den Gehäusen der Kaurischnecke trug, das Zeichen der Jungfräulichkeit. Für die Jüngeren war es eine Auszeichnung, ein Hinweis darauf, dass sie noch unberührt waren, da ein solcher Gürtel erst in der Hochzeitsnacht abgelegt werden durfte. Für Tonina allerdings war der Keuschheitsgürtel inzwischen zu einem Schandmal geworden, weil er aller Welt verkündete, dass sie mit ihren einundzwanzig Jahren noch Jungfrau war, von keinem Mann begehrt. Guama hob den Blick zu der Klippe, die über

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