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Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll

Titel: Das Perseus-Protokoll - Hensel, K: Perseus-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Hensel
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ein Kind einen alten Teddy kaputt macht!«
    Er stieg hinunter in die Kabine, suchte in den Schränken und Schubladen der Pantry. Sie hörte ihn in der Backskiste unter der Koje kramen. Sie sah den offenen Einfüllstutzen. Die Tüte mit den Schokoladenrosinen. Ihre Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Aber sie konnten greifen …
    Er kam zurück mit einem Trichter. Er hängte den Trichter in den Einfüllstutzen. Er stützte den Kanister mit seinem Knie. Schweiß lief seine Schläfen hinunter. Gluckernd lief der Treibstoff in den Tank. Letzte, allerdings minimale Chance des Opfers: an das Mitgefühl des Mörders appellieren. Maria sagte:
    »Es tut mir leid.«
    »Es tut Ihnen nicht leid.«
    »Der letzte Stein … Ich hatte keinen anderen in der Nähe …«
    »Nein, nein, nein! Das versuche ich Ihnen die ganze Zeit zu erklären! Sie hätten nach mir überhaupt keinen Stein werfen dürfen! Ich stand ja schon wieder am Wagen! Ich war für Sie keine Gefahr!«
    Er schraubte den Tankdeckel wieder zu. Verstaute den leeren Kanister. Er beschleunigte den Motor, drehte das Boot zurück auf Ost-Südost. Er griff in die Rosinentüte; stutzte einen Moment. Er schüttete den schmalen Rest in seine Hand und warf die Tüte über Bord.
    Sie verließen die Nebelbank. Sie fuhren durch einen Schwarm Feuerquallen. Der Motor lief gleichmäßig, nicht das geringste Störgeräusch. Vielleicht besser so. Welche Hoffnung konnte sie haben, allein mit diesem Mann, mitten auf dem Meer?
    Mit beiden Händen umklammerte er das Steuerrad. Sie hatte weiterhin Angst vor ihm. Aber Angst war nicht länger das stärkste Gefühl. Ein neues Gefühl meldete sich. Je länger sie das fahle Gesicht beobachtete, die Schweißperlen auf Stirn und Schläfen, desto stärker wurde es: Abscheu.
    Er drückte zwei Tabletten aus einer Folie. »Ibuprofen. Gegen Fieber. Sie wirken nicht. So wird man beschissen.«
    Er schluckte die Tabletten hinunter. Er wischte sich mit der Hand über die Stirn. Nein, dachte sie, Abscheu war nicht das richtige Wort. Verachtung. Er hatte heute Hunderte Menschen getötet. Tausende, vielleicht Zehntausende würden noch sterben. Doch er jammerte über sein Fieber. Über nutzlose Tabletten. Er war grausam. Und er war beschränkt. Sie wollte nicht sterben. Nicht so, nicht diese Nacht. Nicht in den Händen dieses banalen Monsters!
    Der Motor sprotzte.
    Er knallte.
    Er knirschte.
    Der Mann zog und schob den Gashebel.
    Das Boot wurde langsamer, der Bug senkte sich.
    Der Motor stand still.
    Das Boot schaukelte im Wasser. Der Mann blinzelte. Drehte den Zündschlüssel. Eine rote Lampe leuchtete auf dem Armaturenbrett.
    Er öffnete die Motorklappe. Er drehte an den Riemenscheiben. Klopfte auf die Zylinderblöcke. Kontrollierte den Ölstand. Prüfte den Sitz der Schläuche. Maria sprang auf.
    »Das da sieht komisch aus!«
    »Das ist der Keilriemen.«
    Sie setzte sich wieder. Sie hatte genug gesehen. Er würde es nicht schaffen, den Tank auszubauen, die Ventile zu reinigen. Dazu musste er den ganzen Motor ausbauen; unmöglich, allein, auf hoher See.
    Er schaute auf die Stelle, an der die Rosinentüte gelegen hatte. »Haben Sie –«
    »Was?«
    Er schüttelte den Kopf. Er suchte in der Backskiste. Aus einer Dose schüttete er Muttern und Unterlegscheiben, die ihm nichts nützten. Er stocherte mit dem Schraubenzieher im Motor. Er rutschte ab und schrammte seinen Handrücken.
    »Haben Sie das Boot gebraucht gekauft?«, fragte Maria.
    »So ähnlich.«
    »Da hat Sie aber einer übers Ohr gehauen.«
    Das Haar klebte ihm schweißnass an der Stirn. In seinen fiebrigen Augen sah sie Wut und Vorwurf.
    »Was ist mit dem Außenborder?«, fragte sie.
    »Der Akku ist leer.«
    Er stand auf. Er starrte auf die windstille, nachtschwarze See. Er holte mit dem linken Arm aus und gab Maria eine Ohrfeige. Bevor sie zur Seite fallen konnte, gab er ihr von rechts eine zweite. Sie schlug mit dem Kopf auf die Bank. Sie sah schwarze Flecken und Blitze. Ihre Wangen kochten. Der Puls trommelte in ihren Ohren. Verachtung war nicht länger das richtige Wort. Sondern Hass.
    Sie blieb auf der Bank liegen. Sie hörte ihn in der Backskiste kramen. Als sie wieder sehen konnte, lagen Schwamm, Lappen, eine Flasche Spülmittel auf der Bank gegenüber. Mit einem Eimer schöpfte er Meerwasser und schüttete es ins Cockpit. Penis und Hodensack drifteten an seinen Stiefeln vorbei aus ihrem Blickfeld. Er spritzte den Rest Spülmittel aus der Flasche ins Cockpit. Er hockte sich hin, schrubbte

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