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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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lassen. »Die Papiere sind hinter dem lockeren Stein im Brunnen versteckt. Nimm sie an dich und suche damit einen Mann namens Jeremias auf.« Die Worte kosteten ihn Kraft, sodass er sich ermattet zurücklegte.
    »Vater«, wisperte Susanna, »was hat das zu bedeuten? Welchen Schatz meinst du? Ich kenne niemanden, der Jeremias heißt.«
    »Er war der Mann, der damals in der Nacht in den Schafstall kam.« Seine Worte waren kaum zu hören. Kraftlos schloss er die Augen.
    Susanna setzte sich auf und stupste ihn am Arm. »Vater, hilf mir zu verstehen.«
    Er riss die Augen auf und murmelte mit letzter Kraft: »Sie werden dich töten, wenn sie wissen, dass du das Versteck kennst. Traue niemandem außer Jeremias!«
    Dann schloss er die Augen, atmete tief ein und aus und bewegte sich nicht mehr.
    Susanna rüttelte ihn und rief leise seinen Namen. Als er sich nicht rührte, wurde ihr Flehen lauter: »Vater, wach auf! Bitte verlass mich nicht!« Doch sie wusste, dass ihr Flehen vergeblich war. Der Vater war tot, tot wie die Mutter und die Geschwister.
    Susannas Weinen weckte Thomas, der neben ihr in die Hocke ging. Er legte seine Finger an den Hals des Bauern, um den Pulsschlag zu fühlen. Als er sicher war, dass der Freund nicht mehr lebte, blickte er Susanna an und schüttelte den Kopf.
    »Er ist jetzt bei deiner Mutter«, flüsterte Thomas und konnte seine Tränen nicht zurückhalten.

Kapitel 4
    Einige Wochen zuvor im Kanton Uri in der Schweiz
    Urs blickte seinem Oheim neugierig über die Schulter und verfolgte aufmerksam jede seiner Bewegungen.
    Der Wundarzt untersuchte mit geübten Handgriffen die blutende Wunde des Mannes, der ihm auf einem Schemel gegenübersaß. Der Metzger hatte sich einen fingerlangen Schnitt am Unterarm zugezogen, der auseinanderklaffte.
    »Es heißt, dass du die Wunde schließen kannst«, erklärte der Verletzte mit zaghafter Stimme, die nicht zu seinem massigen Körper passte. Seine Stirn bedeckten feine Schweißperlen, und seine Gesichtsfarbe war aschfahl. Ängstlich blickte er auf und wischte sich über das stoppelkurze dunkle Haar.
    »So, so, sagt man das?«, murmelte der Arzt und stand auf. Als er dabei seinen Neffen Urs anrempelte, der sich in der ärztlichen Behandlungsstube nützlich zu machen versuchte, schimpfte der Oheim: »Steh mir nicht im Weg!« Er griff nach einer Flasche auf dem Regal und zog den Korken heraus. Urs glaubte einen säuerlichen Geruch wahrzunehmen und ahnte, was kommen würde.
    »Ich könnte den Schnitt ausbrennen«, erklärte der Arzt dem Verletzten, dessen Augen sich angstvoll weiteten. »Aber die Wunde ist nicht tief genug, und deshalb werde ich sie zusammennähen. Sei dankbar, denn diese Narbe wird weniger hässlich aussehen als die einer Brandwunde«, tröstete er den Mann, der auf seinen Lippen kaute.
    Während der Wundarzt ein Tuch mit dem Weinessig aus der Flasche tränkte, betrachtete er den Verletzten. »Ich kann die Wunde nur vernähen, wenn ich die Blutung stille«, erklärte er und warnte: »Es wird höllisch brennen.« Im selben Augenblick presste er den Lappen auf den blutenden Schnitt, und der Patient schrie vor Schmerzen laut auf.
    »Herrgott! Verhalte dich nicht schlimmer als ein Weib«, zischte der Wundarzt, als dem Mann Tränen in die Augen traten.
    Der Metzger verstummte und biss die Zähne zusammen.
    Nun setzte sich der Arzt auf einen Stuhl und fädelte eine Tiersehne durch das Öhr einer gebogenen Metallnadel. Vorsichtig entfernte er das Tuch von der Wunde, die nur noch schwach blutete. »Dank des Essigweins werden die Wundränder leicht betäubt sein, sodass der Schmerz erträglich ist«, erklärte er und blickte dem Metzger forschend in die Augen.
    Als der die Nadel auf sich zukommen sah, rutschte er auf seinem Schemel hin und her.
    »Halt still«, ermahnte der Wundarzt ihn und stach ihm in die Haut.
    Wenig später bezahlte der Metzger und verließ wankend die Stube. Kopfschüttelnd blickte ihm der Wundarzt hinterher. »Ein Mann wie ein Bär, aber mit der Angst eines kleinen Kindes«, murmelte er und setzte sich an den Tisch.
    Urs wischte das Blut vom Boden, räumte Lappen, Faden, Schere und Nadel weg und stellte die Flasche zurück aufs Regal. Dann setzte er sich seinem Oheim gegenüber, der in einem Buch blätterte.
    »Was liest du?«, fragte Urs.
    Der Onkel sah kurz auf. »Die Schriften des Paracelsus. Stör mich nicht!«, ermahnte er den Jungen und vertiefte sich wieder in die Aufzeichnungen.
    Urs schwieg und wartete geduldig. Nach einer

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