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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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trat neben ihn und ließ sich Wasser über die Hände gießen.
    Bendicht war zufrieden. »Ich werde dich nach Hause begleiten, mein Junge, denn ich weiß, dass deine Mutter Chügelipastete zubereitet hat, meine Leibspeise!«, erklärte er und leckte sich die Lippen.
    »Und ich weiß, Oheim, dass du für Mutters Kalbfleischpastete sterben würdest«, lachte Urs und hielt ihm die Tür auf.

Kapitel 5
    Susanna und der Schäfer hoben den Toten mühsam auf das Fuhrwerk, wobei die Decke, in die der Mann gehüllt war, von seinem Gesicht rutschte. Erschrocken starrte Susanna in das bleiche Antlitz ihres toten Vaters. Sie atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen, und streckte dann langsam ihre zitternden Finger aus. Ein letztes Mal streichelte sie über die erkaltete Wange des Vaters und bedeckte dann sein Gesicht mit dem Stoff.
    »Du traust dir zu, allein nach Kölln zum Friedhof zu fahren?«, fragte Thomas und blickte das Mädchen besorgt an.
    »Es bleibt mir nichts anderes übrig«, erklärte Susanna leise.
    Thomas nahm sie in den Arm und hielt sie anschließend von sich ab, damit sie ihn ansah. »Ich muss weiter, mein Mädchen, da ich sonst Schwierigkeiten mit den Bauern bekomme. Du weißt, dass es bis vor kurzem kein einziges Schaf im Köllertal gegeben hat. Diese Tiere sind das Wertvollste, was die Leute besitzen«, versuchte er sich zu entschuldigen und fügte hastig hinzu: »Ich verspreche dir, dass ich schnellstmöglich zurückkommen werde.«
    Susanna konnte nur nicken, denn sie spürte Tränen in sich aufsteigen. Der Schäfer umarmte sie erneut. »Ach, Susanna! Ich weiß nicht, warum unser Herrgott dir diese Bürde auferlegt hat«, murmelte er und küsste ihren Scheitel.
    Susanna klammerte sich an ihn und schluchzte. »Ich wollt’, ich wäre ebenfalls tot!«, schniefte sie und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
    »Verzage nicht, mein Kind! Eines Tages wirst du wieder lächeln können«, versuchte der Schäfer sie zu trösten. Doch im Innersten wusste er, dass Susanna den gewaltsamen Verlust ihrer Familie nie vergessen würde.
    Thomas half Susanna auf den Kutschbock und reichte ihr den Schinken. Traurig sah er ihr nach, bis sie aus seinem Sichtfeld verschwunden war. Als er sich umwandte, schweifte sein Blick über das verbrannte Gehöft. Es wird nie mehr wie früher sein , dachte er bekümmert.
    »Wenn ich Susanna wiedersehe, werde ich sie überreden, den Hof aufzugeben und sich in Saarbrücken eine Anstellung in einem Haushalt zu suchen«, murmelte er und tappte zu der Koppel, wo die Schafe ihn blökend begrüßten.
    Bevor Susanna zum Friedhof fuhr, hielt sie beim Schreiner an, um einen Sarg für den Vater zu bestellen. Der Mann war mit dem Schinken als Bezahlung einverstanden und versprach ihr, den Sarg bis zum Mittag fertigzustellen.
    Beruhigt lenkte sie das Fuhrwerk zur Hütte des Totengräbers. Als er Susanna auf dem Kutschbock sitzen sah, ahnte er, was geschehen war. Er reichte ihr die Hand und half ihr abzusteigen.
    Da es bereits in den Morgenstunden warm war, befahl er seinen Gesellen, die Leiche des Bauern in den kühlen Steinraum der Kirche zu bringen.
    »Ich habe kein Geld, um die Beerdigung zu bezahlen, nur diese Kette«, flüsterte Susanna und zog unter ihrem Hemd eine dünne Halskette mit einem kleinen Kreuz hervor. Als sie diese abnehmen wollte, schüttelte der Mann den Kopf.
    »Ich bin kein Unmensch, Susanna. Wir haben zwar selbst nicht viel, aber diese Kette haben dir deine Eltern geschenkt. Behalte sie als Erinnerung.«
    »Ich trage die Erinnerung an meine Familie im Herzen«, erklärte sie mit brüchiger Stimme und nahm den Schmuck vom Hals.
    »Ich weiß«, antwortete der Totengräber und ließ sie mit der Kette in der Hand stehen.
    Susanna blickte ihm beschämt nach. Sie wusste, dass der Mann für sein gutes Herz bekannt war. Während des langen Krieges hatte er mit Kameraden aus dem Dorf auf dem Schlachtfeld gekämpft und war nach vielen Jahren in der Fremde zurückgekehrt. Anders als seine Freunde, die alle gefallen waren, kam er ohne eine Schramme nach Hause. Aus Dankbarkeit, weil der Herrgott ihn beschützt hatte, baute der Mann die kleine Kirche in seinem Heimatdorf Kölln, die bei seiner Rückkehr in Schutt und Asche gelegen hatte, mit eigenen Händen wieder auf, sodass Gottesdienste abgehalten werden konnten.
    Susanna legte sich das Goldkettchen wieder um und versteckte es unter ihrem Hemd. Dann ging sie auf den Friedhof zu den Burschen, die neben den Gräbern ihrer

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