Das Pete Buch 23 - Der doppelte Watson
den „Wilden Westen" noch nicht kennen und auf diesem gefährlichen Boden ihre ersten Schritte wagen wollen. Die Girls wissen ja nichts von den Gefahren, die hier an allen Ecken und Enden lauern. Ich erwähne nur die gefährliche Klapperschlange, die man besonders hier in der Gegend noch sehr häufig antrifft. Und nicht weit von hier rauscht der gewaltige Red River vorbei, der ebenfalls schon manches blühende Menschenleben vernichtet hat. Nicht zuletzt treibt sich in Arizona lichtscheues Gesindel herum, das es besonders auf junge Mädchen abgesehen hat. Alles in allem ist Somerset für die Girls also eine Hölle, eine Hölle, wenn sich nicht Menschen bereit erklären, diese Großstadtkinder an die Hand zu nehmen und auf den rechten Weg zu führen. Nur das : Mrs. Forbes, ist das Bestreben des „Vereins der Kämpferinnen für Frauenrechte und Moral." Wir hoffen stark, daß Sie die unschuldigen, jungen Geschöpfe unserer Führung anvertrauen. Wir werden beide Augen auf sie werfen, damit sie keinen Schritt vom Pfade der Tugend abweichen."
Mrs. Forbes konnte sich nun nicht mehr beherrschen. Sie lachte hell auf, und ihre beiden Gäste sahen sich entsetzt an. „Klapperschlangen sind recht selten geworden, wenn man von den vierbeinigen absieht, die hier noch in Scharen herumlaufen; und der Red River ist durchaus kein reißender Strom. Sogar das sogenannte lichtscheue Gesindel ist noch zu ertragen! Nein, meine
Damen, die Mädchen sollen hier einen Urlaub ohne Bevormundung genießen!"
Die Witwe Poldi starrte die Rancherin fassungslos an: „Meinen Sie das im Ernst?"
„Allerdings", antwortete Mrs. Forbes fest. Die Mädchen sollen tun und lassen, was ihnen gefällt!"
„Oh, das bedeutet ja den Untergang von Moral und Gesetz!" rief Mrs. Klidy entrüstet. „Das kann doch nicht Ihr letztes Wort sein?"
„Ich habe noch sehr viel zu tun, meine Damen. Leider fehlt mir die Zeit, um mich so eingehend mit der Erziehung fremder Kinder befassen zu können wie Sie."
„Gut, wir werden uns zurückziehen", meinte Mrs. Poldi. „Nur eins will ich Ihnen noch sagen. Hilfssheriff Jahn Watson hält heute um 16 Uhr einen Vortrag über „Vögel." Wir möchten es nicht unterlassen, die Mädchen dazu einzuladen."
„Ausgeschlossen", widersprach die Rancherin. „Heute brauchen die Kinder John Watsons Vogel noch nicht kennen zu lernen. Verschieben Sie bitte das kulturelle Ereignis um einige Tage, wenn Sie Wert darauf legen, daß meine Mädels sich diesen Kohl mitanhören!"
„Das ist doch . . .", wollte sich Mrs. Klidy entrüsten.
Die Witwe brachte sie aber mit einem Puff zum Schweigen und sagte an ihrer Stelle: „Gut, wir verschieben dieses Ereignis um drei Tage. John Watson kann sich dann noch besser vorbereiten. Es wird tatsächlich ein einmaliges Erlebnis werden!"
„Ich werd's den Girls ausrichten", meinte Mrs. Forbers. „Wer Lust hat, soll hingehen. Einen Zwang werde ich nicht ausüben."
„Ganz wie Sie meinen", sagte die Witwe spitz, stand auf und ging mit ihrer Freundin auf den Hof zurück. Sie bestiegen ihre alte Kutsche und rumpelten davon. Die Rancherin lachte laut hinter ihnen her. Die beiden ehrbaren Damen hörten es sogar noch und ärgerten sich mordsmäßig.
„So eine unmögliche Person", schnaufte Mrs. Poldi, „aber sie wird schon merken, wie es ist, wenn man uns zum Feinde hat."
„Da kommt ja ein Auto angefahren!" rief die andere plötzlich.
Mrs. Poldi drehte sich um und meinte fachmännisch: „Es hat vier Räder und bewegt sich ohne Pferde vorwärts. Wahrhaftig, es ist ein Auto!"
Der noch ganz neu aussehende Ford näherte sich mit 70 Sachen dem gebrechlichen Gefährt der beiden ehrbaren Damen. Bald darauf konnte man auch die Insassen erkennen. Am Steuer saß ein mittelgroßer, korpulenter Herr mit finsterem Gesicht, das von einem braunen Backenbart umrahmt wurde. Seine Kleider waren speckig und zerrissen. Er machte keinen vertrauenswürdigen Eindruck. Aber hinten — ja, das Beste kommt immer am Schluß ! — saßen zwei piekfeine Gentlemen, die genußvoll Zigaretten rauchten. Der eine mochte gut das fünfzigste Lebensjahr überschritten haben; er sah seriös, gesetzt und vertrauenswürdig aus. Der Mann, der neben ihm saß, war wesentlich jünger. Er schien
der Sekretär des anderen zu sein. Jetzt war der Wagen mit der Kutsche auf gleicher Höhe.
„Buenos dias, Senoras! El tiempo es bueno."
„Ich verstehe kein Wort", klagte Mrs. Poldi.
„Können Sie nicht Mexikanisch, Teuerste?"
„Ebenfalls kein
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