Das Phantom im Netz
einmal brauchte: Mobira war so konfiguriert, dass es dem VMS-System in Großbritannien vertraute. Durch ein einfaches Skript, das ich hochlud, liefen alle meine Befehle über Sarahs Konto.
Ich kam hinein! Ich war begeistert.
Ich nutzte eine Sicherheitslücke, um volle Administratorenrechte zu bekommen, und richtete mein eigenes privilegiertes Konto ein – für alles brauchte ich nur fünf Minuten. Eine Stunde später hatte ich ein Skript gefunden, mit dem ich den Quellcode für jedes Nokia-Telefon fand, das derzeit entwickelt wurde. Ich kopierte den Quellcode verschiedener Versionen der Firmware für die Nokia-101- und Nokia-121-Telefone nach Colorado Supernet. Danach wollte ich sehen, wie aufmerksam die Administratoren in Sicherheitsfragen waren. Es stellte sich heraus, dass sie die Sicherheitsüberwachung für Vorgänge, wie die Neuanlage eines Kontos und Änderungen der Privilegien existierender Konten, aktiviert hatten. Das war nur ein kleiner Stolperstein auf meinem Weg zum Code.
Ich lud ein kleines Programm hoch, deaktivierte damit unauffällig alle Sicherheitswarnungen und hatte so genug Zeit, um bei ein paar unbenutzten Konten – die wahrscheinlich ehemaligen Angestellten gehörten – die Passwörter zu ändern und erweiterte Nutzerrechte für sie freizuschalten, falls ich zurückkommen wollte.
Einem Systemadministrator muss aber die Sicherheitswarnung für das erste Konto aufgefallen sein, das ich für mich eingerichtet hatte, bevor ich die Warnungen deaktiviert hatte. Denn als ich mich das nächste Mal in das VMS-System in Camberley einloggen wollte, hatte man mich ausgesperrt. Ich rief Sarah an und fragte nach. Sie teilte mir mit: »Hannu hat den Fernzugriff deaktiviert, weil da wohl jemand versucht, sich einzuhackern.«
»Einhackern« – so sagten die Briten also dazu.
Ich änderte meine Taktik und wählte als neues Ziel den Quellcode für ein Produkt, das den internen Namen »HD760« hatte: das erste digitale Telefon, das bei Nokia damals gerade entwickelt wurde. Ich sprach mit dem leitenden Ingenieur Markku in Oulu, Finnland, und überredete ihn, die neueste Version des Quellcodes für mich herunterzuladen und zu komprimieren.
Ich bat ihn, die Daten über eine FTP-Verbindung an einen Server in den USA zu übertragen, aber Nokia hatte wegen des Sicherheitsvorfalls bei Mobira alle ausgehenden Datentransfers gesperrt.
Konnte er mir die Daten auf Band speichern? Markku hatte kein Bandlaufwerk. Ich telefonierte in Oulu herum auf der Suche nach einem Laufwerk. Schließlich fand ich jemanden in der IT, der sehr nett war, Humor hatte und, was noch wichtiger war, ein Bandlaufwerk. Ich bat Markku, ihm die gezippte Datei mit dem Code, den ich wollte, zu schicken, und überredete den IT-Mitarbeiter dazu, mir das Band mit dem Code an die Nokia-Niederlassung in Largo, Florida, zu schicken. Das war ziemlich viel Aufwand, aber schließlich klappte es.
Als ich dachte, das Päckchen könne angekommen sein, rief ich immer wieder bei der Poststelle in Largo an und fragte nach. Bei den letzten Anrufen wurde ich jedes Mal ziemlich lange in die Warteschleife gelegt. Als die Mitarbeiterin wieder am Telefon war, entschuldigte sie sich und sagte, die Abteilung ziehe gerade in ein anderes Büro um, daher müsse sie »mehr suchen«. Sehr glaubwürdig. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich aufgeflogen war.
Ein paar Tage später weihte ich Lewis De Payne, der genauso scharf darauf war, den Quellcode für das brandneue Telefon in die Finger zu bekommen, in meinen Plan ein. Er stellte einige Nachforschungen an und fand heraus, dass der Geschäftsführer von Nokia USA Kari-Pekka (»K-P«) Wilska hieß. Lewis kam auf die schwachsinnige Idee, sich als Wilska, einen finnischen Staatsangehörigen, auszugeben, rief bei der Niederlassung in Largo an und bat, das Päckchen weiterzuschicken.
Später fanden wir heraus, dass das FBI alarmiert worden war und Agenten in der Niederlassung in Largo bereitstanden, um das nächste Telefonat, das einer von uns führte, aufzuzeichnen.
Lewis rief an, wieder als Wilska. Er bestätigte die Ankunft des Päckchens und bat darum, es zum Ramada Inn zu schicken, in der Nähe seines Büros. Ich machte eine telefonische Reservierung für Wilska in dem Hotel, denn ich wusste, dass man für jemanden mit einer Zimmerreservierung ein Päckchen annehmen und aufbewahren würde.
Am nächsten Tag erkundigte ich mich telefonisch, ob das Päckchen zur Abholung bereitlag. Die Frau am Telefon wirkte
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