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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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beschlagnahmt worden waren. Ich wandte mich also an die größte Hochschule in Oregons größter Stadt: die Portland State University.
    Ich schmuggelte mich in den Server des Studentensekretariats und rief den Datenbank-Administrator an. »Ich bin neu im Studentensekretariat «, erzählte ich ihm, »und ich suche nach …«, worauf ich ihm die Parameter meiner Suche beschrieb: Studenten, die zwischen 1985 und 1992 einen Bachelor-Abschluss erworben hatten. Der Administrator verbrachte eine gute Dreiviertelstunde mit mir am Telefon, erklärte mir, wie die Aufzeichnungen sortiert waren und mit welchen Befehlen ich an die Studentendaten für bestimmte Abschlussjahre käme. Voller Hilfsbereitschaft zeigte er mir sogar mehr, als ich eigentlich verlangt hatte.
    Als wir fertig waren, hatte ich Zugang zu 13 595 Studentenakten, komplett mit Namen, Geburtsdatum, Abschluss, Abschlussjahr, Sozialversicherungsnummer und Adresse.
    Mir reichte erst einmal einer von Tausenden. Ich würde fortan Michael David Stanfill heißen.
    Es war eine brenzlige Situation. Das FBI hatte inzwischen wohl gecheckt, dass ich ihm wieder einmal durch die Lappen gegangen war. Dieses Mal würde ich mich nicht lange in Las Vegas aufhalten. Nur so lange, wie ich bräuchte, um mir eine neue Identität zu basteln – etwa zwei oder drei Wochen. Anschließend musste ich schnell verschwinden, falls das FBI zu guter Letzt noch meine Mutter, ihren Freund oder meine Großmutter beschattete.
    Ich musste also schnellstens meine neue Identität als Michael Stanfill aufbauen. Ich beantragte einen Fahrschüler-Führerschein, nachdem ich mir wie üblich eine beglaubigte Kopie der Geburtsurkunde verschafft und eine Lohnbescheinigung in Form eines W-2-Formulars gefälscht hatte. Der Dame bei der Zulassungsstelle erklärte ich wie gehabt, ich bräuchte Auffrischungsstunden, weil ich eine Weile in London gelebt hätte und auf der anderen Seite gefahren sei.
    Es war nur ein paar Jahre her, dass ich meinen Eric-Weiss-Führerschein beim DMV in Las Vegas bekommen hatte, und mir war doch ein bisschen mulmig bei dem Gedanken, wieder dort aufzutauchen – besonders, da das FBI wahrscheinlich scharf aufpasste, ob ich mir eine neue Identität zu schaffen versuchte. Die nächste Zulassungsstelle außerhalb von Las Vegas befand sich in der Wüstenstadt Pahrump, die vor allem für zwei Dinge berühmt ist: für den Radiomann Art Bell und das berüchtigte legale Bordell »Chicken Ranch«. Die Gesetze Nevadas erlauben Prostitution in diesem Teil des Staates.
    Ich durchsuchte die Yellow Pages nach einer Fahrschule in Pahrump. Ich fand keine und rief daraufhin Fahrschulen in Vegas an – wobei ich natürlich sorgsam vermied, mich an jene zu wenden, die ich vor ein paar Jahren als Eric Weiss besucht hatte. Ich erkundigte mich, ob ich einen ihrer Wagen für meine Fahrprüfung in Pahrump verwenden könnte. Nachdem man mir mehrmals entgegnet hatte: »Tut mir leid, aber wir schicken unsere Leute nicht nach Pahrump«, fand ich schließlich eine Fahrschule, die ein Auto bereitstellen und einem Typen, der »eben aus London zurück« war und eine Rechtsfahrübung benötigte, eine Stunde Fahrunterricht geben würde. Das alles für 200 Dollar. Bestens. Ein schlanker Preis für eine neue Identität.
    Gram fuhr mich die eine Stunde nach Pahrump. Ich bat sie, in einem Restaurant in der Nähe auf mich zu warten, weil es für uns beide riskant würde, wenn wieder etwas schiefginge, wie in dem Kinko‘s-­Copyshop an jenem Heiligabend.
    Wir kamen zwanzig Minuten zu früh. Ich setzte mich auf einen billigen Plastikstuhl in dem kleinen DMV-Büro und wartete ungeduldig, dass das Fahrschulauto vorfuhr. In weniger als zwei Stunden wollte ich mit meiner neuen Identität auf den Namen Michael David Stanfill aus der Tür treten.
    Ich sah auf, und im selben Moment kam der Fahrlehrer herein. Verdammt! Es war derselbe Typ, der mir zwei Jahre zuvor zu meiner Eric-Weiss-Identität verholfen hatte! Er musste den Arbeitgeber gewechselt haben. So etwas konnte auch nur mir passieren.
    Schon beeindruckend, wie das Unterbewusstsein in Aktion tritt und im Handumdrehen einen Plan aufstellt. Ich öffnete meinen Mund, und heraus kam: »Ach, Sie kenne ich doch. Wo gehen Sie einkaufen?«
    »Bei Smith‘s, am Maryland Parkway«, antwortete der Fahrlehrer und versuchte sich zu erinnern, woher er mich kannte.
    »Ja, genau. Da muss ich Sie schon getroffen haben«, sagte ich. »Ich bin dort andauernd.«
    »Jetzt weiß ich, warum Sie

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