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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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Als ich das Gespräch wieder aufnahm, teilte ich dem Gefangenen mit, sein Anwalt sei gerade nicht im Haus, und fragte nach seinem Namen. Dann erkundigte ich mich ganz nebenbei, als wollte ich mir alle wichtigen Informationen notieren: »In welchem Zellenblock sind Sie?«
    Dann riet ich ihm: »Versuchen Sie es in ein oder zwei Stunden noch einmal«, damit niemandem auffiel, dass viele Pflichtverteidiger ihre Nachrichten nicht bekamen. Jedes Mal, wenn ein Häftling ans Telefon ging, konnte ich einer weiteren Nummer einen Zellenblock zuordnen und sie von meiner Liste streichen. Auf meinem Notizblock entstand mit diesen Informationen Stück für Stück ein Gebäudeplan mit Angaben darüber, welche Telefonnummer zu welchem Zellenblock gehörte. Ich wählte die Nummern mehrere Tage lang und erreichte schließlich einen Häftling in Sechs Süd.
    Ich erinnerte mich noch an die interne Durchwahl für Sechs Süd aus meiner Einzelhaft im MDC. Bei meinem Versuch, meinen Kopf zu beschäftigen und nicht den Verstand zu verlieren, hatte ich unter anderem den öffentlichen Durchsagen im Gefängnis zugehört und mir jede Telefondurchwahl gemerkt. Wenn die Durchsage lautete: »Wachmann Douglas, bitte rufen Sie Abteilungsleiter Chapman auf der 427 an«, dann merkte ich mir den Namen und die Nummer. Wie gesagt, ich kann mir Telefonnummern unheimlich gut merken. Ich kann mich heute noch, Jahre später, an einige Telefonnummern aus dem Gefängnis erinnern und auch an Dutzende, vielleicht sogar Hunderte von Nummern von Freunden, Telefongesellschaften und andere, die ich wahrscheinlich nie wieder brauchen werde, die sich aber in mein Gehirn gebrannt haben.
    Als Nächstes musste ich das scheinbar Unmögliche schaffen. Ich musste direkt im Gefängnis anrufen und ein Telefonat mit Kevin Poulsen arrangieren, das nicht überwacht wurde.
    Und so habe ich es geschafft: Ich rief in der Telefonzentrale des Gefängnisses an, stellte mich als »ein Abteilungsleiter in TI« (das Bundesgefängnis auf Terminal Island) vor und bat, mit der Durchwahl 366 verbunden zu werden, dem Anschluss der Wachmannschaft in Sechs Süd. Ich wurde durchgestellt.
    Ein Wachmann nahm den Anruf entgegen: »Sechs Süd, Agee.«
    Ich kannte den Mann aus meiner Zeit als Gefangener dort. Er hatte sich redlich bemüht, mir das Leben schwer zu machen. Aber ich musste meine Wut unterdrücken. Ich sagte: »Hier ist Marcus von der Geschäftsstelle. »Ist der Häftling Poulsen bei Ihnen?«
    »Ja.«
    »Wir haben hier persönliche Gegenstände von ihm liegen, die wir rauskriegen wollen. Ich muss ihn fragen, wohin wir sie schicken sollen.«
    »Poulsen!«, schrie der Wachmann, deutlich lauter als notwendig.
    Als Kevin ans Telefon kam, sagte ich: »Kevin, tu so, als würdest du mit jemandem von der Geschäftsstelle sprechen.«
    »Ja«, sagte er völlig tonlos.
    »Hier ist Kevin«, sagte ich. Wir kannten uns nicht persönlich, aber ich hatte viel über ihn gehört und ging davon aus, dass es ihm mit mir genauso ging. Und ich nahm an, er würde wissen, dass kein anderer Kevin ihn im Gefängnis anrufen würde.
    Ich sagte zu ihm: »Geh um genau ein Uhr zum Pflichtverteidigertelefon. Nimm den Hörer ab und drücke alle 15 Sekunden den Gabelumschalter runter, bis ich mich melde. (Da die Telefonklingel auf lautlos geschaltet war, konnte er nicht genau wissen, wann ich anrief.) Und jetzt sag mir deine Heimatadresse, damit Agee es hört. Ich habe ihm erzählt, ich würde deine Sachen dorthin schicken.« Nach all dem Ärger, den ich mit Agee gehabt hatte, freute es mich besonders, dass ich ausgerechnet ihn dazu gebracht hatte, mir Poulsen ans Telefon zu holen.
    Um genau ein Uhr rief ich das Pflichtverteidigertelefon in Sechs Süd an. Bei unserem ersten Gespräch hatte Poulsen nicht viel gesagt, und ich kannte seine Stimme nicht gut. Ich musste aber sichergehen, dass ich tatsächlich mit ihm telefonierte, daher testete ich ihn: »Wie lautet die Syntax in C für das Inkrement einer Variablen?«
    Er wusste sofort die richtige Antwort, und wir unterhielten uns lange, ohne uns Sorgen machen zu müssen, dass ein Bundesagent unserem Gespräch lauschen könnte. Mir gefiel der Gedanke, dass ich das FBI ausgetrickst hatte und mich gleichzeitig in ein Gefängnis gehackt hatte, um mit einem Häftling zu sprechen, dem man Spionage vorwarf.
    Am 27. Januar verhalf ein glücklicher Zufall Shimmy und seinem Team zur ersten Masche des Netzes, das sie nach mir ausgeworfen hatten. The Well hatte ein automatisches

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