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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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Namen Players Club, der annehmbar, aber lange nicht so reizvoll war wie The Lakes. Die Wohnung war klein, aber gemütlich. Ich konnte es mir nicht leisten, wählerisch zu sein. Die Monatsmiete betrug 510 Dollar, was bedeutete, dass mein Geld sechs Monate reichen würde. Ich ging davon aus, dass ich keine größeren Schwierigkeiten haben würde, einen Job zu finden, und hielt es daher für ein vertretbares Risiko.
    Etwa zur selben Zeit erschienen mehrere neue Artikel über den Hacker Kevin Poulsen in den Zeitungen. Er war aus der Haftanstalt in Nordkalifornien verlegt worden und saß jetzt an einem Ort ein, den ich nur zu gut kannte: das Metropolitan Detention Center in Los Angeles. Die Anklage lautete auf Hackerdelikte und das Sammeln von Informationen über die Landesverteidigung, was als Spionage galt.
    Ich wollte ihn unbedingt sprechen – ein Vorhaben, das wunderbar zu meiner lebenslangen Gewohnheit passte, mir das Erreichen des Unmöglichen vorzunehmen. Am liebsten stellte ich mir eine Aufgabe, die ich selbst für unlösbar hielt, um dann herauszufinden, ob ich sie nicht doch lösen konnte.
    Ein Besuch bei Poulsen kam offensichtlich nicht infrage. Das Metropolitan Detention Center war für mich wie das Hotel California in dem alten Eagles-Song: Ich konnte jederzeit auschecken, würde aber nie wieder rauskommen.
    Mein Gespräch mit ihm musste also telefonisch stattfinden. Aber Häftlinge konnten nicht angerufen werden, und außerdem wurden alle Telefonate von Häftlingen überwacht und aufgezeichnet. In Anbetracht der Vorwürfe gegen Poulsen galt er beim Gefängnispersonal wahrscheinlich als hohes Sicherheitsrisiko und wurde engmaschig überwacht.
    Dennoch, so sagte ich mir, es gibt immer einen Weg.
    In jedem Zellenblock des MDC gab es ein »Pflichtverteidigertelefon«, ein Telefon mit einer Direktverbindung zum Federal Public Defender‘s Office. Es waren die einzigen Telefone, zu denen die Gefangenen Zugang hatten, die nicht überwacht wurden – wegen des Rechts auf Vertraulichkeit der anwaltlichen Beratung. Aber für den Anschluss war im Hauptverteiler der Telefongesellschaft eine Empfangssperre eingerichtet, sodass er nicht angerufen werden konnte und auch keine Verbindung zu einer anderen Nummer als der Telefonzentrale des Public Defender‘s Office möglich war. Aber darüber würde ich mir den Kopf zerbrechen, wenn es so weit war.
    Erst einmal brauchte ich die Nummern. Nach nur 20 Minuten Social Engineering bei Pacific Bell hatte ich die zehn Nummern für die Anschlüsse mit Direktverbindung im Gefängnis.
    Als Nächstes rief ich beim Recent Change Memory Authorization Center (RCMAC) an. Ich gab vor, von der Pacific-Bell-Zentrale zu sein, und verlangte die sofortige Abschaltung der Eingangssperre für die zehn Telefonnummern. Der Angestellte folgte der Anweisung sehr gern.
    Dann holte ich einmal tief Luft und rief direkt in der Vollzugsgeschäftsstelle des Gefängnisses an.
    »Hier spricht Abteilungsleiter Taylor von Terminal Island«, sagte ich und versuchte, wie ein gelangweilter und frustrierter Gefängniswärter zu klingen. Ich kannte den Namen des Hauptcomputers der zentralen Gefängnisverwaltung sowie die Registrierungsnummer, unter der Poulsen als Häftling geführt wurde, und benutzte beide: »Sentry ist hier gerade außer Betrieb. Können Sie Reg-Nummer 95596-012 für mich aufrufen?«
    Der Wachmann rief Poulsens Nummer für mich auf, und ich fragte, in welchem Block er untergebracht war. »Sechs Süd«, antwortete der Wachmann.
    Das grenzte die Sache schon mal ein, aber ich wusste immer noch nicht, welche der zehn Telefonnummern für Sechs Süd galt.
    Mit meinem Mikrokassettenrekorder hatte ich etwa eine Minute des Klingelzeichens aufgenommen, das man hört, wenn man jemanden anruft. Mein Plan würde aber nur funktionieren, wenn ein Häftling innerhalb der zwei oder drei Minuten, während ich den Anschluss anwählte, den Telefonhörer für ein Gespräch mit seinem Pflichtverteidiger abhob. Ich musste es viele Male versuchen, bis jemand es endlich tat. Wieder zahlten sich Geduld und hartnäckige Entschlossenheit aus.
    Als ich schließlich den richtigen Moment erwischte und ein Häftling den Hörer abnahm, hörte er erst das Klingelzeichen von meinem Kassettenrekorder, bevor ich mich meldete: »Public Defender‘s Office, was kann ich für Sie tun?«
    Der Häftling fragte nach seinem Anwalt, und ich sagte: »Ich sehe nach, ob er Zeit für Sie hat«, und ging dann scheinbar kurz aus der Leitung.

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