Das Prinzip Uli Hoeneß
Einleitung
Die Geschichte des »Mister Bayern«
In der Saison 2009/10 fehlte der Bundesliga erstmals seit Jahrzehnten ihr emotionales Aushängeschild: das rotbejackte Maskottchen auf der Bank des FC Bayern. Uli Hoeneß, der erfolgreichste Fußballmacher Deutschlands, hat den Wechsel von der Bühne in die Kulisse vollzogen. Am 27. November 2009 wurde der streitbare Manager auf der Jahreshauptversammlung der Bayern mit über 99 Prozent aller Stimmen als Nachfolger Franz Beckenbauers zum Präsidenten des Vereins und Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG gewählt.
Uli Hoeneß hat den FC Bayern während seiner langjährigen Manager-Karriere in Deutschland zur Nummer eins und weltweit zu einer der Topadressen der Fußballbranche geformt. Ohne ihn stünde der Klub mit Sicherheit nicht dort, wo er jetzt steht. Hoeneß machte sich aber nicht nur als Wirtschaftsfachmann einen Namen, als Geldeintreiber, Vermarkter oder Bauherr der Allianz Arena, sondern er wirkte auch als Vertrauensperson für die Profis, Souffleur des Trainers und gute Seele des Vereins.
»Hoeneß prägt Bayern München«, »Hoeneß lebt Bayern München«, »Hoeneß ist Bayern München« – so und ähnlich brachten die Kommentatoren das Wirken des Mannes auf den Punkt, der nicht nur Bayern München zu einer werthaltigen »Marke« gemacht hat, sondern auch selbst eine geworden ist. Mit der Bezeichnung »Patron Bavariae« schmückte ihn der »Kicker«, und sein Ehrentitel »Mister Bayern« ist heute so bekannt, dass jeder ohne Nennung des Namens weiß, wer damit gemeint ist.
Als der 18-jährige Jugendnationalspieler aus Ulm im Jahr 1970 auszog, um in München die große Fußballwelt zu erobern, begann eine Serie von beispiellosen Erfolgen. Bereits als Spieler gewann er fast alles, was es zu gewinnen gibt: Mit der Nationalmannschaft erreichte er den Europa- und Weltmeistertitel, mit dem FC Bayern wurde er dreimal Deutscher Meister und einmal Sieger im DFB-Pokal, dreimal gewann er den Europapokal der Landesmeister und einmal den Weltpokal. Nachdem er 1979 seine sportliche Karriere mit 27 Jahren vorzeitig hatte beenden müssen, gelang es ihm wie keinem Zweiten, seine Erfahrungen als Topspieler auch als Manager in Erfolge umzusetzen. Unter seiner kompetenten Regie gewann der FC Bayern bis 2009 nicht weniger als 16 deutsche Meistertitel sowie zehn Siege im DFB-Pokal, dazu kamen an internationalen Erfolgen ein UEFA-Cup-Sieg und schließlich – im vierten Anlauf nach drei verlorenen Endspielen – im Jahr 2001 auch der Triumph in der Champions League.
Nicht weniger eindrucksvoll sind die in den drei Jahrzehnten seiner Managertätigkeit erzielten wirtschaftlichen Erfolge. Unter Hoeneß’ Regie wandelte sich der traditionell geführte Fußballklub in ein modernes Fußballunternehmen, das beispielhaft wurde für innovative Vermarktungsstrategien, Kundenorientierung, solides Wirtschaften und Führungsstärke. Der FC Bayern steigerte seine Gewinne von wenigen hunderttausend Mark bis in zweistellige Millionenhöhe und schrieb beinahe alljährlich neue Rekorde in seine Bilanzen, der Umsatz stieg innerhalb von 30 Jahren von 12 Mio. DM auf fast 300 Mio. Euro. Von den Bayern lernen heiße, managen lernen, meinte das »Manager-Magazin« voller Anerkennung und lobte damit vor allem den Manager Hoeneß, der neue Entwicklungen immer frühzeitig erkannte und es verstand, diese lange vor der Konkurrenz für den FC Bayern zu nutzen.
Selbst für viele seiner Gegner steht außer Zweifel, dass Uli Hoeneß der beste Manager der Bundesliga ist, und unumstritten sind auch seine Leistungen für den deutschen Fußball insgesamt. Hoeneß’ Vorreiterrolle bei der Aufrüstung des Fußballs zur Geldmaschine, sein zweiter Job als heimlicher Liga-Boss und sein Wirken als Medienmanager des deutschen Fußballs in den Verhandlungen um neue Fernsehverträge sind inzwischen allgemein anerkannt und haben ihm den Ruf eines »Mister Bundesliga« eingebracht. Beliebt gemacht hat er sich damit nicht unbedingt. Als eiskalter Seelenverkäufer, gnadenloser Kapitalist, gerissenes Schlitzohr, selbstherrlicher Machtmensch und arroganter Besserwisser wurde Uli Hoeneß bezeichnet. Er wurde zum Sinnbild für rastlose Erfolgssucht und millionenschwere Bayern-Arroganz, und indem er sich in zahllosen Fernsehinterviews als aggressiver Provokateur und dauerwütender Choleriker präsentierte, wurde er nicht nur für die große Zahl der Bayern-Feinde zum Buhmann des deutschen Fußballs
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