Das Prometheus Projekt
nickte.
Adrian spielte mit dem Glasfragment in seiner Hand. Plötzlich kam ihm eine Idee. „Nimm den Glassplitter. Versuch es!“
Eve schloss die Hand um den Splitter und schloss die Augen.
„Was siehst du?“
„Ich weiß nicht. Ich sehe Bilder, aber ich weiß nicht, was sie bedeuten. Es ist, als ob ich nur einen kleinen Teil erkennen kann, ohne zu wissen, wohin er gehört.“
Adrian fuhr sich nervös mit der Hand durch das Haar und begann auf und ab zu laufen. Er glaubte, jeden Moment erkenn zu können, was das bedeutete, aber es fehlte ein entscheidendes Puzzleteil zum Ganzen.
„Wir müssen Geduld haben“, sagte er schließlich enttäuscht.
Eve ließ sich auf die Knie nieder und berührte die Glasfragmente in der Hoffnung, dass sich die Bilderflut in ihrem Kopf wiederholte. Aber nichts geschah, zurück blieb nur ein Scherbenhaufen.
Adrian kniete sich neben ihr auf den Boden. Er hatte einenEntschluss gefasst. „Eve? Du musst eine Weile alleine bleiben.“
Sie blickte erschrocken auf.
„Du bist hier sicher. Brad kann unmöglich wissen, dass du hier bist. Ich muss ein paar Dinge erledigen und Vermutungen überprüfen, die mir durch den Kopf gehen.“
„Ich will bei dir sein.“
„Alleine bin ich unauffälliger. Sie suchen nach einem Mann und einer Frau.“
Eve antwortete nicht und schob die Reste des Mosaiks hin und her. Adrian stand auf. „Ich bin in zwei, höchstens drei Stunden zurück. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Wir brauchen Verpflegung, Kleidung und Geld. Außerdem will ich uns einen Wagen beschaffen. Auf Dauer können wir hier nicht bleiben.“
Eve versuchte den bunten Vogel wieder zusammenzusetzen. Plötzlich kniff sie voller Schmerz die Augen zusammen. Sie ließ die Glassplitter fallen, presste die Hände an die Schläfen und schwankte wie eine Betrunkene.
„Eve? Was hast du? Was ist mit dir?“
Sie verdrehte die Augen und kippte nach vorne. Adrian fing sie im letzten Moment auf, bevor sie mit der Stirn auf die Steinfliesen prallte. Vorsichtig drehte er sie auf den Rücken. Eve zitterte am ganzen Körper, ihre Zähne schlugen in einem Anfall von Schüttelfrost laut klappernd aufeinander.
Adrian legte seine Hand auf ihre Stirn. Eve glühte wie ein Vulkan. Sie hatte hohes Fieber. Ihre Augenlider flackerten, und für wenige Augenblicke kehrte ihr Bewusstsein zurück. „Zzzu, zzu lange…“
„Nicht sprechen“, sagte Adrian. Er überlegte fieberhaft, was er tun konnte. Hier in der Blockhütte verfügte er über keinerlei medizinische Ausrüstung – er konnte noch nicht einmal Eves Blutdruck messen! Davon abgesehen hätte er auch in einer voll ausgestatteten Notfallklinik nicht gewusst, was mit ihr geschah. Eve war kein Mensch wie alle anderen. Und die einzigen Experten, die über ihren einzigartigen Organismus Bescheid wussten, konnte er nicht um Rat fragen.
„Mmu … zzzzrück. Sterben … sonst …ster … ben“, stammelte Eve.
„Schsch. Du darfst jetzt nicht sprechen.“ Adrian trug sie hinauf ins Schlafzimmer. Dort legte er sie auf das Bett, deckte sie zu und setzte sich neben sie. Eve schloss die Augen und verlor wieder das Bewusstsein. Einen schrecklichen Moment lang befürchtete Adrian, er habe sie verloren. Doch sie lebte und atmete flach und regelmäßig. Adrian nach ihrem Puls. Ihr Herz schlug unregelmäßig und raste wie ein Gepard.
Ihre Lippen zitterten und versuchten, Worte zu formen.
„Zzzu …zzuu rück! Ster … ben.“
„Nein, Eve! Du wirst nicht sterben!“ In Gedanken fügte er hinzu: „ Du darfst es nicht! Nicht noch einmal!“
Adrian blickte verzweifelt auf das vertraute Gesicht hinab. Er war sich in seinem Leben noch nie so hilflos vorgekommen. Er durfte diese Frau kein zweites Mal verlieren. Das würden sie beide nicht überleben.
„Mmuu … zur …rück. Pr …gram … lösch …!“
„Oh, mein Gott!“, flüsterte er. Der Gedanke war so schnell gekommen wie Eves Fieber. Und er stellte ihn vor die schwierigste Entscheidung seines Lebens.
23 Unsichtbar
23
Unsichtbar
Miriam war dem gemeinsamen Frühstück fern geblieben. Der Täufer hatte ihr den Appetit verdorben. Wenn sie die Augen schloss, sah sie Gideons Gesicht: Die fahlgelben, in der Mitte gescheitelten Haare, die scharfe Nase und das knochige, gespaltene Kinn. Gideons Augen waren das Schlimmste: Sie waren noch eine Spur farbloser als die bläulich schimmernde Haut und blickten hart und kalt in die Welt. Miriam konnte Gideon nicht ausstehen. Bei den wenigen
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