Das Prometheus Projekt
davon beherrscht werden würde.
Adam ließ die sandige Erde durch seine Klauenfinger rinnen. Wenn er in der Lage war, zu fühlen und um Eve zu trauern, besaß er dann nicht sogar eine Seele?
Warum konnte er diese Seele dann nicht finden? Weil er doch keine besaß? Alle Geschöpfe hatten eine Seele. Das hatte zumindest der Priester gesagt. Aber wenn er es recht betrachtete, hatte sich auch der Priester am Ende als Lügner erwiesen.
Adam berührte das Malbuch unter seinem durchnässten T-Shirt. Er wusste nicht genau, was es mit dem Buch auf sich hatte, aber er fühlte, dass es ihm gehörte. Ein verloren gegangener Teil von ihm hatte die vergilbten Seiten einst mit bunten Farben bedeckt, in einer anderen, friedlichen Welt.
Adam beschloss zu sterben. Wenn Eve starb, wollte auch er nicht mehr leben. Doch vorher würde er sich seine Seele zurückholen, die ihm der Mann in der Hütte genommen hatte.
Vorsichtighob er Eve auf. Es war ein weiter Weg bis zum Ort, von dem sie gekommen waren, aber er würde es schaffen. Adam hatte keine Mühe, den Weg im Dunkeln zu finden. Auch wenn seine Erinnerungen gelöscht worden waren, als er floh, wusste er jetzt tief in seinem Inneren, wohin er gehen musste. Der Mann in der Hütte hatte es ihm verraten, als er in seinem Kopf gelesen hatte wie in einem offenen Buch.
Eve stöhnte leise in seinen Armen. „Zurück, muss zurück, sonst sterben“, murmelte sie. Adam presste sie an sich. Sie beide waren einzigartig. Niemals würden sie Nachkommen haben, die so geschaffen waren wie sie selbst. Wenn Eve starb, war er der letzte seiner Art.
Die schmale Straße war voller Risse und Schlaglöcher. Außer einem verrosteten Schild, das in Deutsch und Englisch auf eine militärische Sicherheitszone hinwies, gab es kein Anzeichen für eine Einrichtung der US-Army. Janson lenkte den Wagen durch einen dunklen Tunnel aus Fichtenwald. Nach fünfhundert Metern schälten die Scheinwerfer eine Schranke aus der Dämmerung, die zwischen den dicht stehenden Bäumen bereits der Nacht gewichen war.
„Wir gehen zu Fuß weiter“, sagte Adrian. Janson stieg zögernd aus dem Auto. „Warum warten wir nicht auf die Polizei?“, fragte er ängstlich.
Adrian fuhr herum und packte ihn bei den Schultern. „Weil wir keine Zeit haben. Dort drinnen ist meine Frau, und ich werde sie kein zweites Mal diesem Wahnsinnigen überlassen.“
Er schüttelte Janson durch. „Reiß dich zusammen! Ich brauche jemanden, der im Stützpunkt war und der sich dort auskennt. Hast du wirklich geglaubt, es wäre mit ein paar warmenWorten der Entschuldigung getan?“
Janson murmelte etwas Unverständliches und ließ den Kopf hängen. Adrian ließ ihn angewidert los und kletterte über die Schranke.
Nach wenigen Minuten Fußmarsch erreichten sie eine kreisrunde Lichtung. Rings um die Anlage erstreckte sich ein zweieinhalb Meter hoher Maschendrahtzaun, der an seiner Oberseite mit Stacheldraht gesichert war. Hinter dem Zaun lag ein vier Meter breiter Rasenstreifen.
Im Innern existierte nur ein einziges Gebäude: Ein langgestreckter, einstöckiger grauer Betonklotz mit vergitterten Fenstern, einer Eingangstür und einem breiten Rolltor aus verblichenem, weißem und grünem Kunststoff. Die weißen Streifen schimmerten in der Dunkelheit wie die abgenagten Rippen eines riesigen Untieres.
Der garagenförmige Bau drückte sich eng an eine felsige Steilwand, die fünf Meter in die Höhe ragte.
Janson sagte: „Im vorderen Bereich liegen nur ein paar Lagerräume. Ich habe gehört, dass dort immer noch Waffen lagern, Munition, Granaten und Handfeuerwaffen. Keine Ahnung, ob das stimmt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Das eigentliche Labor liegt tief in den Felsen dahinter. Es gibt eine Menge Stollen und Kavernen. Der Komplex gehörte früher zum Steinbruch.“
„Was ist hinter der Felswand?“, fragte Adrian.
„Die Grube des Steinbruches. Hier wurde früher im großen Stil Basalt abgebaut. Die Felsen fallen terrassenförmig über zwanzig Meter nach unten ab. Die Fläche des ehemaligen Tagebaus ist über 140 Hektar groß.“
„Gibt es einen zweiten Ausgang aus dem Labor?“
„Das weiß ich nicht. Brandt hat mir erzählt, dass einer der Stollen bis zu seinem Haus führt.“
Adrian sah den feuchtkalten Gang vor seinen Augen, in den Jones ihn und Brandt geworfen hatte. Der hintere Teil hatte sich in der Dunkelheit verloren.
„Generationen von Arbeitern haben den Bergrücken durchwühlt. Im Zweiten Weltkrieg dienten Teile des
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