Das Prometheus Projekt
sich schwer atmend auf den steinernen Sims stützte. Wilson versuchte, seine hektische Atmung unter Kontrolle zu bekommen und wartete darauf, dass sein rasender Herzschlag sich beruhigte und das Adrenalin versickerte. Er hatte Adams Werk vollendet.
Einer von Jones’ Söldnern stand regungslos bei der Tür und fixierte einen imaginären Punkt an der Wand. Wilson drehte sich um und überblickte den großen Raum im Erdgeschoss des Blockhauses, ohne dass seine Augen etwas wahrnahmen. All die Jahre seit jenem heißen Tag in der Kiesgrube von Mayville hatte er seinen Hass auf Adrian Sykes genährt und tief in sich gehütet wie einen Schatz, den es zu bewachen galt. Einem unsichtbaren Racheengel gleich hatte er zunächst eifersüchtig Sykes’ Leben verfolgt, stets auf der Suche nach einem Weg, ihm Schaden zuzufügen. Doch als seine Eltern nach Washington gezogen waren, hatte er Sykes aus den Augen verloren. Brad suchte sich andere Ziele und Aufgaben, aber alle seine Bemühungen brachten nur ein Mittelmaß an Erfolghervor oder scheiterten ganz. Und auch für dieses Versagen gab er Sykes die Schuld – Sykes, der sich wie ein Parasit in seinem Kopf eingenistet hatte und ihn unaufhörlich quälte.
Als Brad zu spüren begann, wie ihn sein Hass von innen heraus auffraß wie ein schwelendes Feuer, hatte er versucht, Adrian Sykes aus seinen Gedanken zu verbannen. Doch jeder Morgen, an dem er die Beine aus dem Bett schwang, zeigte ihm aufs Neue, was der Emporkömmling aus Mayville ihm angetan hatte.
Immer wieder war ihm Sykes in die Quere gekommen und hatte seinen Erfolg verhindert: In der Kiesgrube, im IRAK und nun bei der größten Leistung seines Lebens, bei der Erfüllung seines Machtstrebens: dem Prometheus-Projekt. Aber diesmal würde Sykes bezahlen. Brad würde seinen Triumph feiern als Vater eines neuen Menschengeschlechts, und niemand würde ihn daran hindern.
Langsam kehrte die Zuversicht zurück. Wilsons Puls beruhigte sich, die Wut ebbte ab. Gewalt half ihm hier nicht weiter, er musste seinen Kopf benutzen. Irgendwo in diesem Chaos war der Fingerzeig verborgen, der ihn zu seinen Geschöpfen führte.
Wilson humpelte zum Küchenbereich hinüber und klappte den Mülleimerdeckel hoch. Eine leere Büchse Ravioli lag in dem Plastikbeutel, auf der Spüle stand schmutziges Geschirr: Zwei Teller, Besteck und zwei Wassergläser. Sykes hatte nicht gelogen, das hätte er unter der Wirkung der Droge überhaupt nicht gekonnt. Eve war hier gewesen, zusammen mit Sykes. Das Versteck war gut gewählt gewesen, unzugänglich und leicht zu verteidigen mit dem See als Fluchtweg.
Wilsonsah sich um. Die Hütte sah aus, als hätte ein hungriger Bär nach Essbarem gesucht. Die Küchenstühle waren zertrümmert, aus den Polstern der Sitzgruppe quoll die weiße Füllung. Wilson trat neugierig näher. Immer wieder tauchte ein Muster von vier parallel verlaufenden Schnitten auf.
Er hatte die Berichte von Jones’ Männern für übertrieben gehalten. Sie behaupteten, im Wald bei der Schlucht von einem Monster angegriffen worden zu sein, dass nicht von dieser Welt stammte. Aber die Hütte bestätigte ihre Beschreibungen. Stepford hatte ihn gewarnt, dass so etwas passieren könnte, aber er hatte die Bedenken des Wissenschaftlers nicht ernst genommen.
Wo steckte sein Mustersoldat? Wo mochte sich eine Kreatur verstecken, die den schlimmsten Alptraumen eines LSD-Süchtigen entsprungen sein konnte?
Dieser deutsche Kommissar hatte sich als keine große Hilfe erwiesen, obwohl Schmidtbauer so viel von ihm zu halten schien. Sehner hatte noch keine einzige brauchbare Spur gefunden. Stets war Adam ihm einen Schritt voraus.
Wilson blieb vor dem Kamin stehen und scharrte mit der Schuhspitze in der kalten Asche, die auf den Steinplatten verstreut lag. Ein bunter Splitter glitzerte zwischen den verkohlten Holzresten. Wilson bückte sich umständlich und griff nach dem Fragment. Nachdenklich drehte er den Splitter in der Hand. Es war ein funkelndes, rotes Stück Glas, vielleicht der winzige Teil eines Mosaiks.
Plötzlich zerriss ein markerschütternder Schrei die Stille. Wilson ließ den Glassplitter fallen und starrte auf die offene Tür. Roth entsicherte seine Pistole.
Bleiben Sie in der Hütte, Mister Wilson“, sagte er und verschwandauf der Veranda.
Ein zweiter Schrei schallte über den See und verstummte gurgelnd. Aus dem Dickicht drang das Geknatter einer Maschinenpistole. Wilson humpelte einen Schritt auf die Tür zu. Draußen war es bereits
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