Das Prometheus Projekt
ertönte dreimal, bis sichder BKA-Beamte meldete.
„Schmidtbauer? Ich brauche eine Hundertschaft hier oben am See! Außerdem Helikopter mit Wärmebildkamera. Treiben Sie mir jedes Nachtsichtgerät auf, das sie…“
„Sie werden von mir keine Männer mehr bekommen, Mister Wilson“, unterbrach ihn Schmidtbauer.
„Was soll das heißen?“, schnauzte Wilson.
„Das FBI ermittelt gegen Sie und hat ein Amtshilfeersuchen an die deutschen Behörden gestellt. Nennen Sie mir Ihren Aufenthaltsort und machen Sie keine Schwierigkeiten. Hauptkommissar Sehner wird sie abholen.“
Wilson unterbrach die Verbindung und schlug wütend mit der Hand gegen die Türverkleidung. Es begann aus dem Ruder zu laufen.
34 Der alte Stollen
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Der alte Stollen
Er kannte das Gesicht. Es war zum Greifen nah. Er brauchte nur die Hand danach auszustrecken, um es zu berühren. Mit einer ruckartigen Bewegung seiner Krallen konnte er ihn in das Schilf ziehen. Aber er zögerte eine Sekunde zu lange. Grelles Licht blitzte auf, zwei dumpfe Schläge in seiner Schulter und am linken Arm ließen ihn zurückprallen.
Die messerscharfen Schilfhalme schlossen sich wie ein Vorhang und verbargen ihn vor neugierigen Blicken. Eine dritte Kugel streifte seinen Unterarm und schlug pfeifend durch das Dickicht. Er spürte keinen Schmerz, nur so etwas wie Überraschung – als gelte es, eine lästige Fliege zu verscheuchen. Adam war dazu gemacht, keinen Schmerz zu empfinden; nicht den Schmerz, den ihm andere zufügten. Trotzdem war es klüger, in Deckung zu gehen. Adam handelte instinktiv, und sein künstliches Gehirn traf in rasender Folge logische Entscheidungen.
Die Schüsse verstummten. Adam bahnte sich einen Weg durch Dunkelheit und Wasser. Der sumpfige Boden behinderte seine Flucht, aber er war dennoch schnell genug, um zu entkommen. Zwei von ihnen hatte er im Handumdrehen ausgeschaltet. Und auch die anderen würden sterben, wenn sie dumm genug waren, ihm zu folgen. Wütend peitschte er das Wasser unter seinen deformierten Füßen auf, schrie und tobte, schlug nach den Schilfstängeln wie Don Quichotte nach den Windmühlenflügeln und drehte sich rasend im Kreis. Er war so nahe gewesen. Enttäuschungmachte sich in ihm breit und steigerte sich zu unbeherrschter Wut.
Das Schilf wich zurück. Eine winzige Insel erhob sich aus dem flachen Wasser des Sees wie der Buckel eines Wals. Adam stolperte auf den Hügel zu und ließ sich auf den Boden fallen. Die Kugeln hatten ihm keinen Schaden zugefügt. Eines seiner modifizierten Militärprogramme hatte bereits damit begonnen, die Wunden zu schließen. Die Schmerzen, die er empfand, erwuchsen aus seinem Inneren. Die menschengemachte Evolution in ihm lief immer schneller ab und veränderte fortwährend seinen Körper. Das Blut brannte wie Kerosin in seinen Adern, sein sich umbildendes Skelett verursachte ihm Höllenqualen. Es musste ein Ende haben, der Schmerz musste ein Ende haben.
Adam hob den Kopf. Der Mond war aufgegangen und beleuchtete sein bleiches Spiegelbild auf dem schwarzen Wasser des Sees. Eine Weile betrachtete er das zitternde Ebenbild auf der Wasseroberfläche, dann krallte er plötzlich eine Hand in den Kies und warf Steine auf sein Spiegelbild, bis die Wellen sein Abbild auflösten. Unter dem Brennen des evolutionären Feuers stieg ein neuer Schmerz in ihm auf, der ebenso heiß in ihm loderte. Es war ein seltsames, neues Gefühl, dass aus der Mitte seines Bauches heraus erwuchs und sein Inneres überflutete.
Stumm betrachtete er Eve. Sie lag auf der Kuppe des Hügels wie eine Opfergabe, um die Götter milde zu stimmen. Ihre Augen waren geschlossen, der Vollmond überzog ihr friedliches Gesicht mit fahlem Licht. Sie atmete flach. Ab und zu öffnete sie die Augen einen Spalt und sah ihn an. Aber die wachen Momente wurden seltener und würden bald ganz ausbleiben. Eve starb. Adam konnte fühlen, wie die Lebenskraft sie verließ, wie ihr geniales künstliches Gehirn ein Programm nach dem anderen beendete, um schließlich zu versagen wie eine leere Batterie.
Adam versuchte angestrengt, sich zu konzentrieren. Immer wieder wurden Teile seines Gehirns von Programmen überschwemmt, die nur ein Ziel verfolgten und in ihm den Wunsch nach Gewalt, nach Krieg und Mord zu wecken. Er versuchte, die Befehle zurückzudrängen, sie zu ignorieren, aber die Kraft dazu verließ ihn mehr und mehr. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er Wilsons Mordprogramm vollständig ausgeliefert war und für immer
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