Das Prometheus Projekt
standen am Ufer des Sees und legten die Köpfe in den Nacken. Adrian konnte nicht weiter zurückweichen. Einen Schritt hinter seinen Füßen fielen die Felsen steil zum See hinab. Das Felsplateau war früher mit Stacheldraht gesichert gewesen, ebenso wie die Abbruchkante zwanzig Meter über ihm. Jetzt lag von dem scharfen Draht nur ein kümmerlicher Rest am Rand des Simses, eingerollt wie eine dösende Klapperschlange.
Brad grinste böse. „Hast du die Hosen voll, Sykes? Entweder kriegst du jetzt die Schnauze voll oder du springst! Such’s dir aus!“
Adrian warf einen Blick über die Schulter. Er hatte keine Ahnung, wie tief der Baggersee an dieser Stelle war, aber die Chancen, sich die Knochen zu brechen, standen nicht schlecht. Der See wurde erst zur Mitte hin richtig tief, die Ränder waren flach wie ein Suppenteller.
Adrian ballte die Fäuste und tat etwas, womit Brad nicht gerechnet hatte. Er griff an und versetzte Brad einen ungeschickten Schwinger. Brad schrie auf, mehr aus Überraschung als vor Schmerz. Adrian setzte schnell nach und stieß seinen Gegner vor die Brust. Der Stoß reichte aus, um Brad ins Taumeln zu bringen. Er rutschte auf Kieseln und Steinsplittern aus und plumpste überrascht auf den felsigen Boden. Adrian nahm eine Handvoll Kies auf und schleuderte sie wutentbrannt auf Brad.
„Hau ab und lass mich endlich in Ruhe!“, schrie er.
Brad quiekte erstaunt, als ihn ein Kiesel am Mund traf. Er rieb sich das Kinn und spürte Blut zwischen seinen Fingern. Der verdammte Kieselstein hatte ihm einen Zahn ausgeschlagen. „Dafür wirst du bezahlen, Sykes!“, zischte er.
Adrian wich wieder an den Rand des Plateaus zurück, erschrocken über seinen eigenen Wutausbruch. Tief unter ihm bemühte sich Mike, an den Felsen hochzuklettern, aber der dicke Junge stellte sich ungeschickt an und klebte wie ein Fettfleck an der Steilwand.
Adrian drehte sich zu Brad um, der plötzlich einen roten Zylinder in der Hand hielt. Das Ding sah aus wie der größte Silvesterkracher aller Zeiten. Brads Linke verschwand in der Hosentasche und kam mit einem Feuerzeug wieder zum Vorschein.
„Okay, Brad. Das reicht. Du bist irre.“
„Er hat ne Stange Dynamit!“, kreischte Phil am Fuß der Steilwand. Adrian überlegte fieberhaft, wie er Brad beruhigen konnte. Sich zu prügeln war eine Sache, aber das hier überstieg jegliches Maß. „Woher hast du das Dynamit?“
Brad grinste irre. „Das Zeug liegt haufenweise in den Schuppen da unten herum. Du brauchst nur die Hand danach auszustrecken.“ Brad ließ das Feuerzeug mehrmals klicken, bis er eine stetige Flamme hatte.
„Mach das verdammte Feuerzeug aus, Brad! Das ist kein Spiel mehr!“
„Ich spiele auch nicht, Sykes! Los, spring!“ Brad fuchtelte mit dem Feuerzeug und der Dynamitstange in der Luft herum.
Matt und Phil beobachteten vom Talgrund aus die Szene mit wachsendem Unbehagen. „Brad! Leg das Dynamit weg“, rief Matt . „Lass den Quatsch!“
Aber Brad hörte niemanden. Er sah nur Adrian Sykes und spürte den kupfernen Geschmack von Blut in seinem Mund. „Ganz wie du willst, Arschloch! Du wirst springen!“
Adrian warf einen Blick auf den See und starrte dann die Dynamitstange an. Er schätzte die Chancen ziemlich schlecht ein, sie Brad abzunehmen. Den Auslegerarm des Schwimmbaggers konnte er auch nicht erreichen. Das Gitternetz aus Winkeleisen hing unerreichbar zwei Meter über ihm in der Luft. Aber wenn er sprang, brach er sich höchstwahrscheinlich alle Knochen.
Brad nahm ihm die Entscheidung ab. Zischend fing die kurze Lunte Feuer. Brad wich an den hinteren Rand des Plateaus zurück und warf Adrian die Stange vor die Füße. „Spring, du Feigling!“, schrie er wutentbrannt.
Dann geschah alles in Sekundenschnelle. Adrian starrte Brad an, der sich hinter einem Felsvorsprung in Sicherheit bringen wollte und erkannte plötzlich die Gefahr, in der er schwebte.
„Dein Fuß!“, schrie Adrian. „Dein Fuß!“ Mehr Zeit blieb ihm nicht. Er stieß sich von der Kante des Plateaus ab und hoffte, dass der See unter ihm an dieser Stelle tief genug war.
Auch Mike, der unterhalb des Plateaus an der Wand klebte und über den Rand blickte, hatte es gesehen: „Dein Fuß! Verdammt, Brad. Dein Fuß!“
Brad schaute endlich verwirrt an seinem Bein hinunter und sah die Falle, die er sich gestellt hatte. Sein linkes Hosenbein hatte sich in dem rostigen Gewirr aus Stacheldraht verfangen, das von der Absperrung übrig geblieben war. Er versuchte
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