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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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damaliger Freund zog von Stuttgart nach Hamburg, und ich bin ihm gefolgt. Ich habe dann die Stelle in der Hamburger Staatsbibliothek angenommen.«
    »Der, den du heiraten wolltest – oder besser auch nicht?«, wollte ich wissen.
    »Nein«, erwiderte sie. »Danach lernte ich Thor kennen.«
    Ich spürte, wie sich bei Erwähnung dieses Namens mein Magen zusammenkrampfte. Ich hasste ihn, ohne ihn zu kennen.
    »Er arbeitete damals in Hamburg«, fuhr sie fort. »Als es mit Thor in die Brüche ging, war ich ein paar Monate solo, und dann lernte ich Matt kennen.«
    Sie hatte ein bewegtes Liebesleben hinter sich, dachte ich.
    »Ich habe doch gesagt, ich hatte nicht viel Glück mit Männern«, erklärte sie unvermittelt.
    Wieder schien sie meine Gedanken erraten zu haben, was mir langsam unheimlich wurde. Ich zählte insgeheim durch. Auch ich hatte in den vergangenen Jahren einige Freundinnen gehabt.
    »Mein Fast-Ehemann hieß Matt und war Musiker. So, nun kennst du meine ganze Lebensgeschichte. Jetzt bist du dran.«
    Ich vermutete, dass sie über Matt nicht besonders gern reden wollte. Und da sie ihn scheinbar vor dem Traualtar hatte stehen lassen, schien der Korb, den sie ihm gegeben hatte, so endgültig zu sein, dass ich auch kein besonderes Interesse spürte, mehr darüber zu erfahren. Vorsichtig berührte sie durch ihre zerrissene Jeans den Verband am Knie und verzog vor Schmerzen das Gesicht.
    Ich versuchte, es kurz zu machen. »Mein Leben war weniger spektakulär als deins«, begann ich.
    »Na ja, ich stand noch nie vor Gericht …«, hielt sie mir entgegen.
    »Zumindest bis vor ein paar Monaten war es nicht besonders aufregend«, korrigierte ich mich.
    »Warum bist du Physiker geworden?«, fragte sie.
    Im Vergleich zum Musiker, zu Matts Beruf, klang Physiker ziemlich langweilig, fand ich. »Eigentlich wollte ich Astronaut werden«, antwortete ich. Das hörte sich doch um einiges abenteuerlicher an, zudem war es keine Lüge. Ich verschwieg nur, dass ich diesen speziellen Berufswunsch bereits mit zehn ad acta gelegt hatte.
    »Astronaut?«, wiederholte sie erstaunt.
    »Astrophysik ist eine Fortbildungsmöglichkeit nach dem Physikstudium. Als ich mit dem Studium fertig war, entschied ich mich jedoch dafür, Patentanwalt zu werden. Mich interessierte diese Verbindung von Recht und Naturwissenschaften. Und Patentanwalt ist einer der bestbezahltesten Berufe überhaupt.«
    Sie hatte aufmerksam zugehört. Vermutlich überlegte sie, ob sie mich nach den Gründen meiner verlorenen Zulassung fragen sollte, entschied sich aber dagegen. »Und was machst du jetzt?«, wollte sie stattdessen wissen.
    »Ich arbeite in einem Seniorenheim.«
    »In einem Seniorenheim?« Ich sah ihren erstaunten Blick.
    »Es ist Teil meiner Bewährungsauflage. Diese Tage wollte ich mich nach Jobs als Physiker umschauen. Nun ja, und jetzt sind wir hier.«
    »Jetzt sind wir hier«, wiederholte Julia und seufzte.
    Wir wussten beide, dass es speziell um meine Zukunft aktuell nicht zum Besten stand.
    »Wenn es so weitergeht, fliege ich vielleicht doch noch als Astronaut zum Mars. Vielleicht kommst du mit? Da wären wir wenigstens sicher«, scherzte ich.
    Julia lächelte. »Vielleicht bist du aber ja schon bald Besitzer des weltweit einzigen Perpetuum mobile. Dann könntest du die ganze Welt kaufen, und die anderen müssten zum Mars fliegen.«
    »Oder so«, sagte ich. Das Scherzen tat mir gut, und ich bemerkte, dass es Julia nicht anders ging. Ich schaute in den Rückspiegel und überholte einen langsam fahrenden Sprinter. Herkules Spedition und Transport GmbH stand in großen gelben Lettern auf seiner Plane. »Das ist es!«, rief ich aus.
    »Was?«, fragte Julia.
    Ich deutete auf die Gegenstände, die ich aus Schefflers Keller mitgenommen hatte.
    »Diese Figur – das ist Herkules!«

54
    Darmstadt, 1716
    »Er behauptet, ein Rad erfunden zu haben, das sich, einmal angestoßen, bis in alle Ewigkeiten dreht!«
    »So was geht doch nur mit Zauberei«, bemerkte der andere Mann und nahm einen kräftigen Schluck Starkbier.
    »Der Landgraf von Hessen-Cassel hat ihn sogar zum Kommerzienrat ernannt«, wusste sein Gesprächspartner zu berichten. »Er ist ein großer Gönner von ihm.«
    Beide Männer waren wie Kaufleute gekleidet und aßen zusammen. Auf dem Tisch standen Schüsseln mit gekochtem Kalbskopf und zwei Krüge mit Bier.
    »Ich war einige Tage wegen wichtiger Geschäfte in Cassel«, fuhr der Kaufmann fort, »und hatte Gelegenheit, ihn bei der Cour kennenzulernen.

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