Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Verpflichtungen sollen das sein?«, fragte Newton besorgt.
»Wie man hört, planen der Landgraf von Hessen-Cassel und er wohl den Bau eines riesenhaften Perpetuum mobile, um im dortigen Bergpark die Wasserspiele anzutreiben.«
»Das wäre eine Katastrophe!« Newton verzog das Gesicht. Er hatte auf einen dünnen Knochen gebissen, den er nun aus seinem Mund fischte.
»Die Verhandlungen hakten vor allem an einem Punkt«, berichtete Gravesande.
»Welchem?«
»Er verlangt erst das Geld und will danach das Perpetuum mobile übergeben. Ich hingegen forderte, dass er mich erst das Perpetuum mobile inspizieren lässt und danach das Geld gezahlt wird. Er wurde wütend und behauptete, wir würden ihn immer noch für einen Betrüger halten.«
Newton kaute und dachte nach. Lange starrte er auf den Wein vor sich.
»Alles in Ordnung mit Euch, Sir?«, erkundigte sich Gravesande unsicher.
»Ich glaube, wir sind es falsch angegangen«, sagte Newton schließlich. »Wenn Ihr wollen würdet, dass der Wein in diesem Kelch vor mir für immer verschwindet, welche Möglichkeiten hättet Ihr?«
Gravesande stutzte kurz, bevor er antwortete: »Ich könnte ihn Euch abkaufen und dann austrinken!«
»Das ist richtig; und so haben wir bislang auch gedacht. Wenn ich Euch aber sage, ich habe ihn dem Mann am Nebentisch bereits versprochen und ich möchte ihn Euch auch nicht aushändigen, bevor ihr mir nicht das Geld dafür gegeben habt – was dann?«
Gravesande überlegte einen Augenblick. »Ich würde Euch Geld geben, damit ihr ihn selbst austrinkt. Und ich würde dem Mann am Nebentisch Geld geben, damit er sich ein neues Glas Wein bestellen kann.«
Newton lächelte verschwörerisch und nahm den Kelch in die Hand.
»Jetzt habt Ihr verstanden!« Er prostete Gravesande zu und trank den Wein in einem Zug aus.
107
Fürstenrieth & Winzer Patentanwälte stand auf dem goldenen Messingschild.
Steve klingelte. »In Kassel gibt es nur drei Patentanwaltskanzleien. Ich habe sie zufällig ausgewählt«, erklärte er, während wir darauf warteten, dass die Tür geöffnet wurde.
Es summte, und einen Moment später betraten wir das Treppenhaus. Es war aus grauem Marmor und sah vornehm aus. Nachdem wir die Eingangstür im zweiten Stock erreicht hatten, wurde uns abermals mit einem Summen geöffnet, und wir schritten auf den Empfangstresen zu. Ich hatte nicht erwartet, so bald wieder eine Patentanwaltskanzlei zu betreten. Uns empfing eine junge Frau. Sie hatte ein ausgesprochen hübsches Gesicht, lange blonde Haare und trug eine weiße Bluse.
»Was kann ich für Sie tun?«, begrüßte sie uns lächelnd.
Hinter ihr stand der Name der Kanzlei in grauen, überdimensionalen Buchstaben an der Wand. Schräg hinter uns gab es eine kleine Sitzecke mit braunen Ledermöbeln. Ich musterte uns, und mir fiel auf, dass wir nicht gerade wie die idealen Mandanten aussahen. Wir vier hatten vermutlich seit Tagen nicht mehr richtig geduscht und waren unrasiert. Der alte Scheffler trug hellgrüne Gummistiefel, eine dunkelgrüne Cordhose und eine schwarze Fleecejacke, die abgenutzt und verwaschen aussah. Steve war mit einer alten Jeans und einem blauen Sweater mit Kapuze bekleidet. Bestenfalls sah er aus, als wäre er gerade beim Sport gewesen. Und das Äußere von David legte die Vermutung nahe, dass er direkt aus dem Wald käme, was ja auch stimmte. Ich selbst fühlte mich, insbesondere nach dem Abenteuer in der Herkules-Statue und der auf der Veranda verbrachten Nacht, in diesem Umfeld deplatziert.
Am Gesichtsausdruck der jungen Empfangsdame konnte ich ablesen, dass ihr bei unserem Anblick ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen. Bei jedem falschen Wort bestand die Gefahr, dass sie uns sofort hinauswarf. Daher beschloss ich, die Gesprächsführung zu übernehmen. »Ich weiß, dass es etwas unüblich ist, in einer Kanzlei wie der Ihren ohne Termin zu erscheinen. Aber wir haben eine wirklich dringende Angelegenheit und benötigen sofort eine Beratung durch einen ihrer Patentanwälte – am besten jemanden, der über größere Kenntnisse in der Physik verfügt.«
Die junge Frau schaute mich an. Sie war sich unschlüssig, was sie von uns halten sollte, beschloss aber offenbar, dass es besser war, uns erst einmal loszuwerden. »In der Tat stehen unsere Patentanwälte nur nach vorheriger Terminvereinbarung zur Verfügung«, antwortete sie, blieb dabei jedoch sehr höflich.
»Das ist mir bewusst«, entgegnete ich. »Nichtsdestotrotz ist dies ein wirklicher Notfall, und
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