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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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forderten die Männer und Frauen mit drohenden Gesten auf, ein paar Pfennige in ihre Beutel zu werfen.
    Nachdem einige Minuten vergangen waren, wurde die Menge erneut ungeduldig. Und als gar die Rufe und Beschimpfungen wieder zunahmen, blies der Mann auf dem Podium in ein großes Horn, sodass alle zusammenfuhren.
    »Die prallen Beutel zeigen mir, dass Ihr gottesfürchtig genug seid. Nun werde ich das Rad anstoßen. Silence , bitte! Attention! «
    Als es etwas ruhiger war, schritt der selbsternannte Erfinder zu dem Rad, fasste es auf der linken Seite so weit oben an, wie er nur greifen konnte, und gab ihm einen mächtigen Stoß nach unten. Das Publikum applaudierte. Das Rad nahm zügig an Fahrt auf und erreichte alsbald einen ruhigen und gleichmäßigen Lauf, sodass es weder langsamer noch schneller wurde. Gespannt starrten die Menschen vor der Bühne auf das Rad, und für einen Augenblick waren nur die klappernden Geräusche aus dem Inneren des Rades zu hören. Orffyreus schritt währenddessen stetig von einem Ende des Podiums zum anderen. Kurz bevor er jeweils kehrtmachte, zeigte er mit einer ausladenden Bewegung seiner Arme erst auf das Rad, dann in den Himmel und schließlich auf sich selbst.
    Das Publikum beobachtete dieses Schauspiel einige Zeit, dann griff erneut Unruhe um sich.
    »Ich kann hier nicht bis in alle Ewigkeit stehen, um abzuwarten, ob erst ich sterbe oder vorher das Rad stehen bleibt!«, rief ein Mutiger, der auf den Rand eines Brunnens gestiegen war, um einen besseren Blick auf das Rad zu haben.
    Schallendes Gelächter brach aus.
    »Da sitzt ein Zwerg drin!«, behauptete ein anderer mit lauter Stimme.
    Abermals wurde herzhaft gelacht.
    »Ja, entfernt das Wachstuch und zeigt uns, was oder wer das Rad antreibt!«, rief eine Frau.
    »Ja, zeigt uns das Innere!«
    Orffyreus versuchte vergeblich, das Publikum mit beruhigenden Handbewegungen und Gesten zu beschwichtigen. Zwischendurch deutete er immer wieder auf das Rad und in den Himmel.
    Ein Knabe, der kaum älter als neun Jahre sein mochte, erklomm schließlich das Podium und rannte unter dem Gejohle der Anwesenden auf das Rad zu, um das Wachstuch herunterzureißen. Kurz bevor er es erreichte, wurde er von zwei Gehilfen, die Orffyreus assistierten, zu Fall gebracht und trotz seiner heftigen Gegenwehr vom Podest in die Zuschauermenge geworfen. Dies ermunterte nun weitere Wagemutige dazu, ebenfalls zu versuchen, auf das Podium zu gelangen, um einen Blick zu riskieren. Verzweifelt traten und schlugen die Gehilfen nach den meuternden Menschen, die von unten nach dem Bühnenrand griffen.
    Aus der Menge flogen nun Gemüseabfälle, Fischköpfe und andere Überbleibsel des morgendlichen Markttreibens.
    »Scharlatan, Betrüger!« Immer wütender wurden die Rufe aus dem Publikum.
    Als die Anzahl derjenigen, die das Podium stürmen wollten, von den oben Stehenden nicht mehr zu bewältigen schien, ergriff Orffyreus eine am Boden bereitliegende schwere Axt. Mit wilden Schwüngen schlug er nach den Aufmüpfigen, die erschrocken zurückwichen.
    Dann holte er mit der Axt zu einem mächtigen Hieb aus – gegen sein eigenes, sich immer noch gleichmäßig drehendes Rad. Die scharfe Schneide bohrte sich in das Holz hinein, die runde Konstruktion geriet aus dem Gleichgewicht und stürzte krachend nach hinten. Der am Rad über Streben befestigte Kasten wurde durch den Sturz ausgehebelt und im hohen Bogen in das Publikum katapultiert. Die vorne Stehenden stoben kreischend auseinander, um dem Geschoss zu entgehen, das auseinanderbrach, als es auf dem Boden aufschlug. Auch das Rad zerbarst am Rande des Podiums in Hunderte Teile, die meterweit in die Menge geschleudert wurden.
    Die Panik, welche die Masse auf der Flucht vor den Trümmerteilen erfasst hatte, nutzten Orffyreus und seine Gehilfen. Gemeinsam sprangen sie von der Bühne und bahnten sich den Weg in eine der kleinen Gassen, die sternförmig in alle Richtungen aus der Stadt führten.
    Bevor der kleine Trupp um Orffyreus den Platz verließ, griff er einen älteren Mann, der sich ängstlich gegen das Mauerwerk eines Hauses gedrückt hatte, um die Fliehenden passieren zu lassen, am Kragen. Er zog den Greis nahe zu sich heran und schrie ihm ins Gesicht: »Ich wollte Euch ein Stück Gott zeigen, Ihr aber habt nur den Teufel verdient!«
    Wütend stieß Orffyreus den Alten von sich weg, sodass er rücklings auf den staubigen Boden fiel, und folgte seinen Knechten in den dunklen Schatten der Gasse.

3
    »Ich bin ein guter

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