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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Autoren: Robert Jordan
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Kopf. »Sie hat uns befohlen, es keinem anderen zu sagen. Da wir es bereits wissen, ist nichts daran auszusetzen, wenn wir uns darüber unterhalten, wir beide allein.« Sie verstummte, als eine stämmige Dienerin mit der weißen Flamme von Tar Valon auf der Brust direkt voraus um die Ecke gebogen kam.
    Als die mollige Frau an ihnen vorüberging, beäugte sie sie misstrauisch entlang ihrer langen Nase. Vielleicht sahen sie ja schuldig aus. Diener sahen oft weg, wenn Aufgenommene oder sogar auch Novizinnen etwas taten; vermutlich wollten sie nicht mehr mit Aes Sedai zu tun haben, als ihre Arbeit mit sich brachte. Dienerinnen hingegen passten genauso scharf auf wie die Schwestern.
    »Solange wir vorsichtig sind«, hauchte Siuan, sobald die Frau im Livree außer Hörweite war. Sosehr sie auch davon überzeugt schien, dass es erlaubt war, sich untereinander darüber zu unterhalten, schien sie es doch für besser zu halten, nichts mehr zu sagen, bis sie im Quartier der Aufgenommenen im Westflügel des Turms angekommen waren.
    Dort schauten mit Steingeländern versehene Galerien in einen kleinen Garten hinunter, der drei Stockwerke tiefer lag. Der Garten bestand nur aus einer Handvoll Immergrün, das zu dieser Jahreszeit aus dem Schnee hervorschaute. Einer Aufgenommenen, die zu vorwitzig war, konnte es passieren, dass sie sich dabei wiederfand, wie sie den Schnee mit einer Schaufel wegräumte – die Schwestern glaubten fest daran, dass körperliche Arbeit den Charakter förderte –, aber in letzter Zeit hatte sich keine mehr in solche Schwierigkeiten gebracht.
    Moiraine legte die Hände auf die Brüstung und schaute nach oben in den morgendlichen Winterhimmel, vorbei an den sechs stillen Galerien. Ihr Atem bildete kleine weiße Wölkchen vor ihrem Gesicht. Die Signalhörner waren hier deutlicher zu hören als in den Gängen, der Rauchgestank wesentlich stärker.
    In diesem Schacht befanden sich Zimmer für über hundert Aufgenommene, in einem zweiten Schacht noch einmal so viel. Vielleicht hätte sie ohne Gitaras Vorhersage nicht an die Zahlen gedacht, aber sie hatte sich schon früher damit beschäftigt. Sie waren wie mit Säure in ihr Hirn geätzt. Platz für zweihundert Aufgenommene, aber der zweite Schacht war schon so lange verschlossen, dass sich keine lebende Aes Sedai mehr an den Zeitpunkt erinnern konnte, wann das geschehen war, und von diesem hier waren nicht mehr als sechzig belegt. Das Quartier der Novizinnen bestand ebenfalls aus zwei Schächten, mit Räumen für fast vierhundert Mädchen, aber einer davon war schon seit Langem verschlossen und der andere beherbergte weniger als hundert. Moiraine hatte gelesen, dass sich Aufgenommene und Novizinnen einst zu zweit ein Zimmer hatten teilen müssen. Einst war die Hälfte der Mädchen, die in das Novizinnenbuch aufgenommen worden waren, für den Ring geprüft worden; weniger als zwanzig der derzeitigen Novizinnen würden die Erlaubnis dazu erhalten. Die Burg war gebaut worden, um dreitausend Schwestern zu beherbergen, aber im Moment wohnten dort nur vierhundertdreiundzwanzig, und vielleicht doppelt so viele waren über die Nationen verteilt. Zahlen, die immer noch wie Säure brannten. Keine Aes Sedai würde es laut aussprechen, und sie würde es niemals in Anwesenheit einer Schwester sagen, aber die Weiße Burg verlor an Stärke. Die Burg verlor an Stärke, und die Letzte Schlacht nahte.
    »Du machst dir zu viele Sorgen«, sagte Siuan sanft. »Mein Vater pflegte zu sagen: ›Ändere, was du zu ändern vermagst, wenn es geändert werden muss, aber lerne, mit dem zu leben, was du nicht verändern kannst.‹ Sonst bekommst du nur Magenschmerzen. Und das sage ich und nicht mein Vater.« Mit einem weiteren Schnauben zitterte sie übertrieben und schlang die Arme um den Körper. »Können wir jetzt reingehen? Ich erfriere. Mein Zimmer ist am nächsten. Komm schon.«
    Moiraine nickte. Auch die Burg lehrte ihre Schülerinnen, mit dem zu leben, was man nicht ändern konnte. Aber manche Dinge waren wichtig genug, um den Versuch auch dann zu unternehmen, wenn ein Scheitern sicher war. Das war eine der Lektionen, die sie als Kind gelernt hatte.
    Die Zimmer der Aufgenommenen waren von Einzelheiten abgesehen identisch, hinten breiter als an der Tür, mit schlichter Wandtäfelung aus dunklem Holz. Keines der Möbel war kostbar; keine Schwester hätte sie auch nur akzeptabel gefunden. Auf Siuans Boden lag ein kleiner, rechteckiger tarabonischer Teppich mit verblichenen blauen
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