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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Autoren: Robert Jordan
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vor dem Fenster stand. Siuan hielt beide Hände vor den Mund gepresst, und die Teetasse, die sie gehalten hatte, lag zu ihren Füßen auf dem Teppich. Auch sie zuckte unter dem Blick zusammen.
    Moiraine sah die Tasse, die sie getragen hatte. Gut, dass die Tassen nicht zerbrochen sind, dachte sie. Meervolk-Porzellan ist ziemlich teuer. Oh, der Verstand spielte einem schon seltsame Streiche, wenn man über etwas nicht nachdenken wollte.
    »Ihr seid beide intelligent«, sagte Tamra schließlich. »Und leider nicht taub. Ihr wisst, was Gitara gerade Vorhergesagt hat.« Es lag gerade genug Fragendes in ihrer Stimme, dass sie beide nickten und es bestätigten. Tamra seufzte, als hätte sie auf eine andere Erwiderung gehofft.
    Die Amyrlin nahm Moiraine Gitara aus den Armen, legte sie sanft auf den Teppich und strich ihr Haar glatt. Nach einem Augenblick zog sie die breite blaue Stola von Gitaras Schultern, faltete sie sorgfältig zusammen und bedeckte das Gesicht der Bewahrerin damit.
    »Mit Eurer Erlaubnis, Mutter«, sagte Siuan mit belegter Stimme, »schicke ich Elin los, um die Dienerin der Bewahrerin holen zu lassen, um alles Nötige zu veranlassen.«
    »Bleibt!«, bellte Tamra. Der eisenharte Blick musterte sie beide. »Ihr werdet niemandem erzählen, was hier vorgefallen ist – aus keinem Grund. Falls nötig, lügt. Selbst einer Schwester gegenüber. Gitara ist gestorben, ohne ein Wort zu sagen. Habt ihr mich verstanden?«
    Moiraine nickte abgehackt und war sich bewusst, dass Siuan das Gleiche tat. Sie waren keine Aes Sedai, noch nicht – noch konnten sie lügen, und manche taten es auch gelegentlich trotz aller Bemühungen, sich wie erhobene Schwestern zu verhalten –, aber sie hätte nie damit gerechnet, dass man es ihr befehlen würde, vor allem nicht Aes Sedai gegenüber, und dann kam der Befehl auch noch von der Amyrlin.
    »Gut«, sagte Tamra müde. »Schickt die diensthabende Novizin herein – sie heißt Elin? Ich werde ihr sagen, wo Gitaras Frau ist.« Und um sich offensichtlich zu vergewissern, dass Elin nichts durch die geschlossene Tür gehört hatte. Denn das wäre eigentlich Moiraines oder Siuans Aufgabe gewesen. »Wenn das Mädchen reinkommt, dürft ihr beide gehen. Und vergesst nicht! Kein Wort! Nicht eines!« Die Betonung verdeutlichte noch einmal die besondere Situation. Man gehorchte einem Befehl des Amyrlin-Sitzes, als würde es sich um einen Eid handeln. Es war unnötig, etwas zu betonen.
    Ich wollte eine Vorhersage hören, dachte Moiraine, als sie einen letzten Knicks machte, bevor sie ging, und was habe ich bekommen? Eine Vorhersage des Untergangs. Jetzt wünschte sie sich von ganzem Herzen, sie hätte sich ihren Wunsch sorgfältiger ausgesucht.

KAPITEL 3

    Übungen
    D er breite Korridor vor den Gemächern der Amyrlin war so kalt wie zuvor ihr Wohnzimmer und von Zugluft erfüllt. Einige Luftströme waren so stark, dass sich die schweren Wandbehänge auf den weißen Marmorwänden bewegten. Die Flammen auf den vergoldeten Kandelabern zwischen dem hellen Wandschmuck flackerten. Zu dieser Stunde würden die Novizinnen frühstücken und vermutlich auch die meisten Aufgenommenen. Im Augenblick waren die Gänge bis auf Moiraine und Siuan leer. Sie gingen über den blauen Läufer, der die halbe Breite des Korridors einnahm, und nutzten den geringen Schutz, den der Teppich gegen die Kälte der Bodenfliesen in dem sich wiederholenden Muster in den sieben Farben aller Ajahs bot. Moiraine war zu schockiert, um etwas sagen zu können. Den leisen Laut der Signalhörner nahm sie kaum wahr.
    Sie bogen um eine Ecke in einen Gang, dessen Fliesen weiß und dessen Läufer grün war. Zu ihrer Rechten führte ein weiterer breiter, von Kandelabern gesäumter und mit Wandbehängen geschmückter Korridor in einer sanften Spirale nach oben zu den Quartieren der Ajahs; der sichtbare Teil des Bodens war blau und gelb gefliest, der Läufer wies ein graues, braunes und rotes Muster auf. In jedem Ajah-Quartier herrschte die Farbe der betreffenden Ajah vor, und andere fehlten unter Umständen ganz, aber in den allgemeinen Bereichen der Burg wurden die Farben der Ajahs gleichmäßig verwendet. Irrelevante Gedanken gingen Moiraine durch den Kopf. Warum in einem gleichmäßigen Anteil, wenn einige Ajahs größer als andere waren? Hatten sie einst alle die gleiche Größe gehabt? Wie hatte man das erreicht? Eine neu erhobene Aes Sedai wählte ihre Ajah aus freiem Willen. Und doch verfügte jede Ajah über gleich große
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