Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
und verspüre nicht den Wunsch, Euch zu helfen, Netze der Weißen Burg zu knüpfen. Sucht Euch einen anderen.«
»Ich führe denselben Krieg wie Ihr, gegen den Schatten. Merean war eine Schwarze Ajah.« Sie erzählte ihm alles, von Gitaras Vorhersage in Gegenwart der Amyrlin und zweier Aufgenommener, bis zu dem, was sie und Siuan sich zusammengereimt hatten, der Tod von Tamras Sucherinnen, jede noch so kleine Einzelheit. Bei einem anderen Mann hätte sie das meiste unausgesprochen gelassen, aber zwischen einer Aes Sedai und ihrem Behüter gab es kaum Geheimnisse. Bei einem anderen Mann hätte sie es abgeschwächt, aber sie glaubte nicht, dass ihn unsichtbare Gegner erschreckten, nicht einmal, wenn es sich um Aes Sedai handelte. »Ihr habt gesagt, Ihr hättet Eure Vergangenheit verbrannt. Lasst die Vergangenheit ihre Asche haben. Dies ist derselbe Krieg, Lan. Die bedeutendste Schlacht in diesem Krieg. Und diese könnt Ihr gewinnen.«
Lange Zeit schaute er nach Norden, in Richtung der Großen Fäule. Sie wusste nicht, was sie tun wurde, wenn er sich weigerte. Sie hatte ihm mehr erzählt, als sie einem anderen als ihrem Behüter je erzählt haben würde.
Plötzlich drehte er sich um, zog blitzschnell sein Schwert, und einen Moment lang dachte sie, er würde sie angreifen. Stattdessen sank er auf die Knie, das blanke Schwert auf den Händen. »Beim Namen meiner Mutter, ich werde das Schwert ziehen, wenn Ihr sagt: ›Zieht!‹, und es einstecken, wenn Ihr sagt: ›Einstecken!‹ Beim Namen meiner Mutter, ich werde kommen, wenn Ihr sagt: ›Kommt!‹, und gehen, wenn Ihr sagt: ›Geht!‹« Er küsste das Schwert und sah erwartungsvoll zu ihr auf. Wie er da kniete, hätte jeder König auf seinem Thron vergleichsweise demütig gewirkt. Sie würde ihm um seinetwillen etwas Bescheidenheit beibringen müssen. Und wegen eines gewissen Teiches.
»Da braucht es noch etwas mehr«, sagte sie und legte ihm die Hände auf den Kopf.
Das Weben des Geistes gehörte zum Kompliziertesten, das eine Aes Sedai kannte. Es wurde um ihn herumgewoben, drang in ihn ein, verschwand. Plötzlich nahm sie ihn so wahr, wie Aes Sedai ihre Behüter wahrnehmen. Seine Emotionen waren ein kleiner Knoten in ihrem Hinterkopf, ganz stählerne Entschlossenheit, scharf wie die Schneide seines Schwertes. Sie erfuhr den Schmerz alter Verletzungen, dumpf und missachtet. Bei Bedarf würde sie von seiner Kraft zehren können, ihn finden, wie fern er auch sein mochte. Sie waren miteinander verbunden.
Er erhob sich geschmeidig, steckte das Schwert ein, sah sie an. »Männer, die nicht dabei waren, sprechen von der Schlacht bei den Leuchtenden Mauern«, sagte er unvermittelt. »Männer, die dabei waren, sprechen vom Blutschnee. Das reicht. Sie wissen, dass es eine Schlacht war. Am Morgen des ersten Tages habe ich fast fünfhundert Männer befehligt. Kandori, Saldaeaner, Domani. Am Abend des dritten Tages war die Hälfte tot oder verwundet. Hätte ich andere Entscheidungen getroffen, würden einige der Toten vielleicht noch leben. Und andere wären an ihrer Stelle tot. Im Krieg spricht man ein Gebet für seine Toten und reitet weiter, weil hinter dem Horizont stets schon die nächste Schlacht wartet. Sprecht ein Gebet für die Toten, Moiraine Sedai, und reitet weiter.«
Sie war so verblüfft, dass sie fast mit offenem Mund dagestanden hätte. Sie hatte vergessen, dass der Strom des Bundes in beide Richtungen floss. Auch er kannte ihre Gefühle und konnte ihre offenbar weitaus besser ergründen als sie die seinen. Nach einem Augenblick nickte sie, obwohl sie nicht wusste, wie viel Gebete erforderlich sein würden, um ihren Kopf frei zu machen.
Er reichte ihr Pfeils Zügel und fragte: »Wohin reiten wir zuerst?«
»Zurück nach Chachin. Und dann Arafel und …« Es gab nur noch so wenige Namen, die einfach zu finden waren. »Die Welt, wenn es sein muss. Wir gewinnen diese Schlacht, oder die Welt wird sterben.«
Seite an Seite ritten sie den Hügel hinab zur Straße und wandten sich nach Süden. Hinter ihnen grollte der Himmel und färbte sich schwarz, ein weiteres spätes Gewitter, das sich von der Großen Fäule herüberwälzte.
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