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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Autoren: Robert Jordan
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und grünen Streifen, und der mit einem Spiegel versehene Waschstand in der Ecke hielt eine angeschlagene weiße Waschschüssel. Von Aufgenommenen wurde verlangt, mit dem vorhandenen Mobiliar zurechtzukommen, es sei denn, etwas ging entzwei, und wenn etwas entzweiging, dann hatten sie besser eine gute Erklärung dafür. Der kleine Tisch mit den drei in Leder eingebundenen Büchern darauf und den beiden Lehnstühlen hätte aus dem Haus eines armen Bauern stammen können, aber Siuans ungemachtes Bett war so breit wie das Bett eines wohlhabenden Gutsbesitzers. Ein kleiner Kleiderschrank vervollständigte das Mobiliar. Nichts wies irgendwelche Schnitzereien oder Verzierungen auf. Als Moiraine aus der kleinen, kargen Novizinnenunterkunft ausgezogen war, hatte sie das Gefühl gehabt, in einen Palast überzusiedeln, auch wenn das Gemach halb so groß wie jedes beliebige Zimmer ihrer Gemächer im Sonnenpalast war. Am besten von allem war im Augenblick der aus grauen Steinen gemauerte Kamin. Heute würde jeder Raum mit Kamin wie ein Palast erscheinen, solange sie nur in seiner Nähe stehen konnte.
    Siuan legte eilig drei Holzscheite auf den Feuerrost im Kamin – der Holzkasten war fast leer; Diener brachten den Aes Sedai ihr Feuerholz, aber die Aufgenommenen mussten sich ihres selbst holen –, dann grunzte sie, als sie entdeckte, dass ihre Bemühungen, die Glut über Nacht am Leben zu erhalten, gescheitert waren. Zweifellos in Eile, um die Gemächer der Amyrlin zu erreichen, hatte sie die Scheite nicht gut genug mit Asche bedeckt, um sie am Ausbrennen zu hindern. Einen Augenblick lang legte sich ihre Stirn in Falten, und dann verspürte Moiraine wieder das leise Kribbeln, als das Licht Saidars die andere Frau kurz umgab. Jede Machtlenkerin konnte spüren, wenn eine andere die Macht benutzte, falls sie sich in ihrer Nähe aufhielt, aber das Kribbeln war ungewöhnlich. Frauen, die während ihrer Ausbildung viel Zeit miteinander verbrachten, konnten es manchmal spüren, aber das Gefühl sollte sich eigentlich im Laufe der Zeit legen. Bei ihr und Siuan war das nie passiert. Manchmal hielt Moiraine es für ein Zeichen, wie eng ihre Freundschaft war. Als das Glühen verging, züngelten Flammen an den kurzen Holzscheiten.
    Moiraine sagte nichts, aber Siuan warf ihr einen Blick zu, als hätte sie eine Rede gehalten. »Moiraine, mir war zu kalt, um zu warten«, verteidigte sie sich. »Außerdem musst du dich doch an Akarrins Unterricht vor zwei Wochen erinnern. ›Ihr müsst die Regeln bis auf den letzten Buchstaben kennen‹«, zitierte sie, »›und mit ihnen leben, bevor ihr wissen könnt, welche Regeln ihr brechen dürft und welche nicht.‹ Das besagt eindeutig, dass man die Regeln manchmal brechen kann.«
    Akkarin war eine schlanke Schwester von den Braunen mit einem flinken Blick, der ihr verriet, wer mitkam und wer nicht, und sie hatte über Aes Sedai gesprochen, nicht über Aufgenommene, aber Moiraine sagte nichts. Siuan hatte die Stunde nicht gebraucht, um darüber nachzudenken, die Regeln zu brechen. Oh, sie brach niemals die Hauptregeln – sie hatte nie versucht wegzulaufen oder verhielt sich einer Schwester gegenüber respektlos oder dergleichen, und sie wäre nie auf die Idee gekommen, etwas zu stehlen –, aber sie hatte von Anfang an Streiche gemocht. Nun, und Moiraine auch. Das taten die meisten Aufgenommenen, zumindest gelegentlich, und auch einige Novizinnen. Streiche auszuhecken war eine Möglichkeit, dem Druck des unablässigen Lernens mit nur wenigen freien Tagen zu entkommen. Von den Aufgenommenen verlangte man lediglich, dass sie ihre Zimmer in tadellosem Zustand hielten und wie aus dem Ei gepellt aussahen – solange sie sich nicht in Schwierigkeiten brachten –, aber man erwartete von ihnen, dass sie hart lernten, und zwar härter, als es sich die Novizinnen je hätten träumen lassen. Eine Entspannung war da nötig, oder man wäre geplatzt wie ein Ei, das man auf einen harten Stein fallen ließ.
    Natürlich hatten sie und Siuan nie etwas Böses getan. Das Nachthemd einer verhassten Aufgenommenen mit Juckrinde zu waschen zählte nicht. Elaida hatte ihr erstes Novizinnenjahr zu einer Qual gemacht, ihnen Ziele abverlangt, die keiner erfüllen konnte, und doch darauf bestanden, dass sie es schafften. Das zweite Jahr, nachdem sie die Stola errungen hatte, war noch schlimmer gewesen, bis sie endlich die Burg verlassen hatte. Die meisten ihrer Streiche waren viel harmloser gewesen, obwohl selbst der
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