Das Rad der Zeit 1. Das Original
ihn
braucht. Aber es war immer jenseits der Passhöhe. Die Pässe dort oben sind
trügerisch und werden von Kreaturen des Dunklen Königs bevorzugt.«
»Wir müssen die Pässe erst einmal
erreichen, bevor wir uns darüber Gedanken machen«, sagte Lan. »Morgen kommen
wir endgültig in die Fäule hinein.«
Rand sah sich in dem sie umgebenden Wald
um, wo jedes Blatt und jede Blüte krank war, wo jede Ranke verfaulte, während
sie noch wuchs, und er konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. Wenn das noch nicht die echte Fäule ist, was dann?
Lan lieà sie nach Westen reiten, in einem
Winkel zur sinkenden Sonne. Der Behüter behielt das zuvor eingeschlagene Tempo
bei, aber in der Haltung seiner Schultern lag ein Zögern.
Die Sonne war nur noch ein düster roter
Ball, der gerade die Baumwipfel berührte, als sie den Kamm eines Hügels
erreichten und Lan sein Pferd anhielt. Im Westen unter ihnen lag ein Labyrinth
von Seen. Das Wasser glitzerte dunkel im Schein der tief stehenden Sonne. Es
wirkte wie Perlen unterschiedlicher GröÃe an einer mehrfach um den Hals
geschlungenen Kette. In der Entfernung lagen, von den Seen eingerahmt, Hügel mit
gezackten Spitzen, die sich in den kriechenden Abendschatten zusammendrängten.
Einen kurzen Moment lang erfassten die Sonnenstrahlen die zerrissenen Spitzen,
und Rand stockte der Atem. Keine Hügel. Die zerfetzten Ãberreste von sieben
Türmen. Er war sich nicht sicher, ob einer der anderen das auch bemerkt hatte;
der Anblick war so schnell vorüber, wie er gekommen war. Der Behüter stieg vom
Pferd. Sein Gesicht zeigte so wenig Gefühlsregung wie ein Stein.
»Könnten wir unser Lager nicht unten bei
den Seen aufschlagen?«, fragte Nynaeve, die ihr Gesicht mit einem Taschentuch
abtupfte. »Drunten am Wasser muss es doch kühler sein.«
»Licht«, sagte Mat, »ich würde so gern
meinen Kopf in einen Teich stecken. Vielleicht würde ich ihn nie wieder
herausnehmen.«
In diesem Moment bewegte etwas das Wasser
im nächstgelegenen See. Das dunkle Wasser phosphoreszierte, als sich ein
riesiger Körper unter der Oberfläche herumwälzte. Länger und immer länger
zeigte sich der Koloss. Wellenringe breiteten sich aus. Immer noch wälzte er
sich herum, und schlieÃlich erhob sich ein Schwanz, der in einem Stachel wie
dem einer Wespe auslief, einen Moment lang in die Dämmerung hinein. Er war
mindestens fünf Spannen lang. An der ganzen Länge des Schwanzes zeigten sich
dicke Tentakel, die sich wie monströse Würmer wanden â so viele, wie ein
TausendfüÃler Beine hat. Dann glitt er langsam unter die Oberfläche zurück und
war verschwunden. Nur die ausrollenden Wellen zeugten davon, dass er jemals da
gewesen war.
Rand klappte den Mund zu und wechselte
einen Blick mit Perrin. Dessen gelbe Augen blickten genauso ungläubig drein,
wie seine eigenen wirken mussten. Nichts derart GroÃes konnte in einem See
dieser GröÃe leben. Das können doch keine Hände gewesen sein, am Ende dieser
Tentakel! Das kann nicht sein.
»Auf den zweiten Blick«, sagte Mat
schwach, »gefällt es mir hier oben doch recht gut.«
»Ich werde rund um diesen Hügel Gewebe als
Wächter errichten«, sagte Moiraine. Sie war bereits von Aldieb abgestiegen.
»Eine richtige Barriere würde unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich ziehen, so
wie Fliegen vom Honig angezogen werden, aber auf diese Weise werde ich es
wissen, falls irgendeine Schöpfung des Dunklen Königs oder etwas, das dem
Schatten dient, auf eine Meile an uns herankommt.«
»Ich wäre über eine Barriere froh«, sagte
Mat, als seine Stiefel den Boden berührten, »wenn sie nur dieses ⦠Ding
abhalten könnte.«
»Ach, sei endlich ruhig, Mat«, sagte
Egwene kurz angebunden, und Nynaeve bemerkte: »Und dann warten sie auf uns,
wenn wir am Morgen aufbrechen? Du bist ein Narr, Matrim Cauthon.« Mat funkelte die beiden Frauen an,
während sie abstiegen, aber er hielt den Mund.
Als er Belas Zügel ergriff, grinsten sich
Rand und Perrin an. Einen Augenblick lang war es fast wie zu Hause, wenn Mat
zum unmöglichsten Zeitpunkt etwas sagte, das er besser nicht gesagt hätte. Dann
verflog das Lächeln auf Perrins Gesicht. In der Dämmerung glühten seine Augen wirklich , als schiene ein
gelbes Licht hinter ihnen. Auch Rands Grinsen verschwand. Es ist
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