Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Zehnjährigen in der Heimat peinlich gewesen wäre. Aber das bedeutete nicht, dass sich keiner von ihnen irgendwo zwischen den Bäumen verbarg und aus den Schatten heraus spionierte. Sie blieben immer auf Distanz, da sie ihn wegen seiner Augen für eine halb gezähmte Schattenbrut hielten, und so stieß er nur selten auf ihren Geruch, und an diesem Morgen hatte er andere Dinge im Kopf.
Er schob das Tuch ein Stück zur Seite, um das Rebhuhn auszupacken, das fast so groß wie ein normales Huhn und dessen Haut knusprig braun gebraten war, und riss eine Keule ab, während er unter dem Bündel herumtastete und ein schweres, elfenbeinfarbenes, viermal gefaltetes Stück Papier nach vorn schob. Ohne auf Fettflecken zu achten, entfaltete er das Papier auf dem Huhn, was mit seinen Panzerhandschuhen nicht ganz leicht war, und las, während er an der Keule nagte. Für jeden Zuschauer würde es so aussehen, als überlegte er, welches Stück Huhn als Nächstes dran war. Ein dickes grünes Wachssiegel war auf der einen Seite gebrochen; soweit er erkennen konnte, zeigte es drei Hände, deren Zeigefinger und kleiner Finger ausgestreckt und die anderen gefaltet waren. Die Buchstaben der geschwungenen Schrift waren seltsam geformt, teilweise nicht zu erkennen, aber mit etwas Mühe konnte es lesen.
Der Besitzer dieses Schreibens steht unter meinem persönlichen Schutz. Gebt ihm im Namen der Kaiserin – möge sie ewig leben – alles was er braucht, um dem Reich zu dienen, und sprecht zu niemandem außer mir darüber.
Bei Ihrem Siegel
suroth sabelle meldarath
von asinbayar und barsabba
Hochlady
»Die Kaiserin«, hauchte er so sanft wie über Seide gleitender Stahl. Eine Bestätigung für Masemas Verbindungen zu den Seanchanern, auch wenn er persönlich keine gebraucht hätte. Bei einer solchen Angelegenheit hätte Berelain gewiss nicht gelogen. Suroth Sabelle Meldarath musste eine wichtige Person sein, um so ein Dokument ausstellen zu können. »Das wird ihn erledigen, sobald Santes bezeugt, wo er es gefunden hat.« Ein Dienst am Reich? Masema wusste, dass Rand gegen die Seanchaner gekämpft hatte! In seinem Kopf flammte der Regenbogen auf und wurde fortgerissen. Der Mann war ein Verräter!
Berelain lachte, als hätte er etwas Geistreiches gesagt, aber ihr Lächeln sah jetzt eindeutig gezwungen aus. »Santes hat mir versichert, dass ihn im Chaos des Lagerbaus keiner gesehen hat. Also habe ich ihm und Gendar erlaubt, mit meinem letzten Fass guten Tunaighan zurückzugehen. Sie sollten eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit zurück sein, aber das ist nicht geschehen. Vielleicht schlafen sie ja ihren Rausch aus, aber sie sind noch nie …«
Sie verstummte mit einem überraschten Laut und starrte ihn an, und er wurde sich bewusst, dass er gerade den Knochen der Hühnerkeule durchgebissen hatte. Beim Licht, er hatte das Bein von der letzten Faser Fleisch befreit, ohne es zu bemerken. »Ich bin hungriger, als ich gedacht habe«, murmelte er. Er spuckte ein Stück Knochen in seinen Panzerhandschuh und warf es zu Boden. »Masema weiß, dass Ihr dieses Dokument habt, davon kann man mit Sicherheit ausgehen. Ich hoffe, Ihr umgebt Euch nicht nur beim Ausritt mit einer starken Wache.«
»Gallenne lässt seit gestern Abend fünfzig Mann um mein Zelt herum schlafen«, sagte sie. Dabei starrte sie ihn noch immer an, und er seufzte. Man hätte denken können, sie hätte noch nie zuvor gesehen, wie jemand einen Knochen entzweibiss.
»Was hat Euch Annoura geraten?«
»Sie wollte, dass ich es ihr gebe, damit sie es vernichten kann; dann hätte ich im Zweifelsfall behaupten können, dass ich nichts davon weiß, und sie könnte meine Worte bestätigen. Aber ich habe meine Zweifel, ob sich Masema damit zufriedengeben würde.«
»Ja, das bezweifle ich auch.« Annoura hätte das ebenfalls wissen müssen. Aes Sedai konnten miteinander starrköpfig und sogar uneinsichtig sein, aber sie waren niemals dumm. »Hat sie gesagt, sie würde das Dokument vernichten, oder dass sie es vernichten könnte, wenn Ihr es ihr überlasst?«
Berelains Stirn runzelte sich nachdenklich, und es dauerte ein paar Augenblicke, bis sie sagte: »Dass sie es tun würde.« Das Pferd tänzelte ein paar Schritte, aber sie brachte es mühelos unter Kontrolle, ohne sich darauf konzentrieren zu müssen. »Ich kann mir nicht vorstellen, wofür sie es sonst haben wollte«, sagte sie nach einer weiteren Pause. »Masema ist wohl kaum zugänglich für … Druck.« Sie meinte
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