Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Kinn. »Wenn sie bis jetzt noch nicht wissen, dass sich die Aiel und die Legion des Drachen heraushalten, dann werden sie es bald erfahren müssen, aber sie werden Vorsicht walten lassen. Keiner von ihnen scheint dumm genug zu sein, um einen Kampf zu provozieren, den sie nicht gewinnen können; nicht, wenn sie es nicht müssen. Ich würde sagen, sie schlagen irgendwo im Osten oder Südosten ein Lager auf, wo sie die Ereignisse verfolgen und vielleicht auch beeinflussen können.«
Dyelin trank den Rest des Weins, der mittlerweile kalt sein musste, atmete tief aus und ging, um den Pokal erneut zu füllen. »Wenn sie nach Caemlyn kommen«, sagte sie in bleiernem Tonfall, »dann hofft jeder von ihnen, dass sich ihm Luan oder Abelle oder Ellorien anschließt. Oder alle drei.«
»Dann müssen wir herausfinden, wie wir sie davon abhalten können, Caemlyn zu erreichen, bevor unsere Pläne sich erfüllen, und zwar ohne sie für immer zu unseren Feinden zu machen.« Elayne bemühte sich, ihre Stimme so energisch klingen zu lassen, wie Dyelins leblos war. »Und wir müssen einen Plan schmieden, was wir tun wollen, wenn sie zu früh eintreffen. Dyelin, wenn das geschieht, dann müsst Ihr sie davon überzeugen, dass sie zwischen mir und Arymilla wählen müssen. Sonst sind wir in einem Durcheinander gefangen, das wir möglicherweise niemals wieder entwirren können, und Andor mit uns.«
Dyelin grunzte, als hätte man sie geschlagen. Es war fast fünfhundert Jahre her, dass die großen Häuser drei unterschiedliche Anwärter auf den Löwenthron unterstützt hatten, und der nachfolgende Krieg hatte sieben Jahre gedauert, bevor eine Königin gekrönt worden war. Zu diesem Zeitpunkt waren alle ursprünglichen Thronanwärter schon lange tot gewesen.
Ohne nachzudenken, griff Elayne nach ihrer Tasse und trank einen Schluck. Der Tee war kalt geworden, aber der Geschmack nach Honig explodierte förmlich auf ihrer Zunge. Honig! Sie sah Aviendha erstaunt an, und die Lippen ihrer Schwester verzogen sich zu einem schmalen Lächeln. Einem verschwörerischen Lächeln, als ob Birgitte nicht genau gewusst hätte, was passiert war. Zwar versetzte nicht einmal ihr auf seltsame Weise überhöhter Bund sie in die Lage, das zu schmecken, was Elayne schmeckte, aber sie hatte mit Sicherheit ihre Überraschung und das Vergnügen wahrgenommen, das sie beim Trinken des Tees empfunden hatte. Sie stützte die Fäuste in die Hüften und setzte eine strenge Miene auf. Das heißt, sie versuchte es; trotz ihrer Bemühungen konnte auch sie sich eines Lächelns nicht erwehren. Plötzlich wurde sich Elayne bewusst, dass Birgittes Kopfschmerzen verflogen waren. Sie vermochte nicht zu sagen, wann das passiert war, aber sie waren nicht mehr da.
»Hoffe für das Beste und plane für das Schlimmste«, sagte sie. »Manchmal passiert sogar das Beste.«
Dyelin wusste nicht über den Honig Bescheid, sie sah nur, dass sie alle drei grinsten, und räusperte sich lautstark. »Und manchmal auch nicht. Wenn Euer kluger Plan in allen Einzelheiten funktioniert, Elayne, dann brauchen wir weder Aemlyn oder Ellorien oder die anderen, aber es ist ein schrecklich riskantes Spiel. Es muss nur etwas schiefgehen und …«
Der linke Türflügel öffnete sich und ließ einen Schwall kalter Luft und eine rotwangige Frau mit eiskaltem Blick und dem goldenen Knoten eines Unterleutnants auf der Schulter herein. Sie hätte auch anklopfen können, aber selbst wenn sie es getan hatte, hatte das Gewebe den Laut verschluckt. Genau wie Rasoria war Tzigan Sokorin eine Jägerin des Horns gewesen, bevor sie sich Elaynes Leibwache angeschlossen hatte. Anscheinend war die Wachablösung vollzogen worden. »Die Weise Frau Monaelle wünscht Lady Elayne zu sprechen«, verkündete Tzigan. »Sie wird von Frau Karistovan begleitet.«
Sumeko konnte man abwimmeln, aber nicht Monaelle. Arymillas Leute würden sich genauso wenig mit den Aiel wie mit den Aes Sedai anlegen, aber nur eine Sache von äußerster Wichtigkeit würde eine Weise Frau in die Stadt geführt haben. Das wusste auch Birgitte; sie faltete die Karte zusammen. Aviendha löste ihr Gewebe auf und ließ die Quelle los.
»Bittet sie einzutreten«, sagte Elayne.
Monaelle wartete nicht auf Tzigan, sondern rauschte in dem Augenblick herein, in dem das Gewebe verschwand; ihre vielen goldenen und elfenbeinernen Armreifen klirrten, als sie in der vergleichsweise warmen Luft das Schultertuch in die Ellbeugen rutschen ließ. Elayne wusste nicht, wie
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