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Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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die dicken Steinmauern der Scheune die gröbste Nachtkälte ab. Unten ertönten Stimmen; keine klang aufgeregt. Er nahm die Hand von dem neben ihm liegenden Schwert und zog die Panzerhandschuhe fester. Wie die anderen Jünglinge schlief auch er mit jedem Fetzen Kleidung, den er anziehen konnte. Vermutlich war es gerade Zeit, einige der um ihn herumliegenden Männer für ihre Wache zu wecken, aber er war jetzt hellwach und bezweifelte, bald wieder Schlaf finden zu können. Sein Schlaf war sowieso unruhig und von dunklen Träumen erfüllt, von der Frau heimgesucht, die er liebte. Er wusste nicht, wo Egwene sich aufhielt oder ob sie überhaupt noch am Leben war. Oder ob sie ihm vergeben konnte. Er stand auf, ließ das lose Stroh, das er über sich gezogen hatte, von seinem Umhang fallen und schnallte den Schwertgürtel um.
    Als er sich seinen Weg um die schattenhaften Hügel aus Männern herum suchte, die auf den aufgestapelten Heuballen schliefen, verriet ihm das leise Schaben von Stiefeln auf Holzsprossen, dass jemand die Leiter zum Heuboden hinaufkletterte. Eine undeutliche Gestalt erschien oben an der Leiter und verharrte dann, um auf ihn zu warten.
    »Lord Gawyn?«, sagte Rajars tiefe Stimme leise; sechs Jahre der Ausbildung in Tar Valon hatten seinem Domani-Akzent nichts anhaben können. Die grollende Stimme des Ersten Leutnants war immer eine Überraschung, kam sie doch von einem schmächtigen Mann, der Gawyn gerade mal bis zur Schulter reichte. Trotzdem wäre Rajar zu einer anderen Zeit mit Sicherheit schon ein Behüter gewesen. »Ich dachte, ich müsste Euch wecken. Eben ist eine Schwester eingetroffen, sie kam zu Fuß. Eine Botin aus der Burg. Sie wollte die befehlshabende Schwester sprechen. Ich habe Tomil und seinen Bruder angewiesen, sie zum Haus des Bürgermeisters zu bringen, bevor sie schlafen gehen.«
    Gawyn seufzte. Er hätte in die Heimat zurückkehren sollen, als er in Tar Valon gewesen war, statt hier zu überwintern. Vor allem, nachdem er zu der Überzeugung gelangt war, dass Elaida sie alle tot sehen wollte. Irgendwann würde seine Schwester Elayne nach Caemlyn kommen, falls sie nicht bereits schon dort war. Sicherlich würde jede Aes Sedai dafür sorgen, dass die Tochter-Erbin von Andor Caemlyn rechtzeitig erreichte, um den Anspruch auf den Thron zu erheben, bevor ihr jemand zuvorkam. Die Weiße Burg würde nicht den Vorteil einer Königin aus der Hand geben, die gleichzeitig Aes Sedai war. Andererseits konnte Elayne genauso gut auf dem Weg nach Tar Valon sein oder in genau dieser Minute in der Weißen Burg weilen. Er wusste nicht, wie sie an Siuan Sanche geraten oder wie tief sie darin verstrickt war – sie sprang immer in einen Teich, ohne vorher nachzusehen, wie tief er war –, aber Elaida und der Saal der Burg würden sie befragen wollen, und da spielte es keine Rolle, dass sie die Tochter-Erbin war. Oder die Königin. Allerdings war er fest davon überzeugt, dass man sie nicht zur Rechenschaft ziehen konnte. Noch immer war sie nur eine Aufgenommene. Er müsste sich das öfters vor Augen halten.
    Seine neueste Sorge galt dem Heer, das zwischen ihm und Tar Valon lag. Mindestens fünfundzwanzigtausend Soldaten auf dieser Seite des Flusses Erinin und angeblich genauso viele auf der anderen Seite. Sie unterstützten angeblich die Aes Sedai, die Elaida als Rebellen bezeichnete. Wer sonst würde es wagen, Tar Valon zu belagern? Die Art und Weise, wie das Heer erschienen war, wie es mitten in einem Schneesturm aus dem Nichts auftauchte, das reichte aus, um ihm noch immer eine Gänsehaut zu verschaffen. Jedem marschierenden Heer eilten Gerüchte und Alarmmeldungen voraus. Immer. Dieses Heer war lautlos wie Geister erschienen. Aber das Heer war so real wie ein Stein, also konnte er weder nach Tar Valon, um herauszufinden, ob sich Elayne in der Burg aufhielt, noch nach Süden reiten. Jedes Heer würde dreihundert Männer bemerken, und die Rebellen würden für die Jünglinge nicht viel übrighaben. Und selbst wenn er allein aufbrach, im Winter kam er nur langsam voran, und er konnte Caemlyn genauso schnell erreichen, wenn er auf den Frühling wartete. Es gab auch nicht die geringste Hoffnung, eine Schiffspassage zu finden. Die Belagerung würde den Flussverkehr zum Stillstand bringen. Er saß fest.
    Und jetzt war in der Mitte der Nacht eine Aes Sedai gekommen. Sie würde die Sache gewiss nicht erleichtern.
    »Lasst uns herausfinden, welche Neuigkeiten sie bringt«, sagte er leise und gab Rajar ein

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