Das Gespenst Des Kommissars (German Edition)

Prolog

    “ Papa, wollen
wir Räuber und Gendarm spielen?”, Luca stellte diese Frage
seinem Vater, wenn er etwas traurig war. Hineterherrennen im Hause
amüsierte ihn köstlich, es war das beste Gegenmittel für
schlechte Noten.
    Der Vater blieb
normalerweise für einen Moment unentschlossen, bevor er
antwortete. Er beobachtete das Kind mit seinem tiefen eindringenden
Blick; wenn er sah, daß das Kind ein großes Bedürfnis
hatte sich zu vergnügen, konnte er nicht nein sagen.
    “ Na gut,
spielen wir, aber paß auf, diesmal wirst du mich nicht
reinlegen!”
    “ Ha, ha, auch
du Papa mußt aufpassen, du hast schon viele graue Haare
bekommen.”
    Daraufhin sah der
Vater instinktiv in den Spiegel des Esszimmers. Sein acht Jahre
alter Sohn hatte recht.
    Plötzlich
fingen sie an wie es ihnen gefiel im Haus Hiterherrennen zu spielen;
normalerweise dauerten die Rennen höchstens eine Minute, die
Zeit die Luca brauchte um ins Zimmer der Eltern zu laufen, wo abends
oft die Mutter Arianna mit den einjährigen Zwilligsschwestern
war und verzweifelt versuchte, sie einzuschläfern.
    Aus
vollem Halse “ Das
ist ein Raubüberfall!” und
“ Hände
hoch!” schreiend, folgte immer dieselbe Szene: dieZwi llingsschwestern
fingen an zu weinen, die Mutter Arianna drohte ihm mit zwei
Ohrfeigen, und endlich kam der Vater, der ihn festnahm und in sein Zimmer brachte.
    Lucas
Vater war Vincent Germano, ein Polizeikommissar, der nicht fähig
war, nicht nervös zu sein, wenn er in seinem Hause jemand verhaften musste.
    Er wurde
fünfundvierzig Jahre früher in San Francisco von
italienischen Eltern geboren. Als er dreiundzwanzig Jahre alt war,
hatte die Familie als Geschenk für seine Doktorprüfung an
eine schöne Reise nach Italien gedacht, von woher viele Jahre
früher Vater, Mutter, Onkel und Tanten emigriert waren.
    Und von Italien ging
Vincent nicht mehr weg. Er lernte Arianna kennen und sie verliebten
sich. Nach kurzer Zeit beteiligte er sich an einem Wettbewerb für
den Eintritt in die Polizei. Einige Leute werden für eine
bestimmte Tätigkeit geboren. Er wurde geboren um Polizist zu
werden, wie sein Vater bei der F.B.I.
    Von ihm hatte er
außer dem gleichen Beruf nicht viel geerbt. Beide verband die
Tiefe ihrer Blicke und die Gewohnheit, jeder Polizeihandlung einen
angelsächsischen Namen zu geben.
    Ab und zu hörten
sie sich per Telefon, wertvoll waren die Ratschläge des alten
Germano, die für einige Ermittlungen äußerst wichtig
waren.
    Scharfsinn
und Beweggrund, Scharfsinn und Beweggrund, Worte,
die der junge Germano sich noch heute oft wiederholt; wenn seine
Ermittlungen sich gelegentlich auf einem toten Punkt befanden,
ermöglichte das einfache Nachdenken an diese Worte des Vaters,
einen einfachen aber gleichzeitig schwerverständlichen Fall zu
lösen.
    Manchmal muß
man sich, um etwas deutlicher sehen zu können, entfernen und
alles zusammen beobachten. Nur wenn man ein gesamtes Bild hat, kann
man in Einzelheiten übergehen, nicht früher.
    Der Kommisar mußte
sich jedes Mal etwas Mühe geben, um sich in diese
Ideenreihenfolge einornen zu können. Allzuoft fühlte er
sich in Fälle verwickelt die er versuchte zu lösen;
bestimmt ein Fehler, aber er liebte es zu wiederholen, daß wenn
man Mörder, Vergewaltiger und Erpresser verfolgt, man sich nicht
so verhalten kann, als würde man jemand für ein Parkverbot
anzeigen.

    An jenem Abend am
Frühlingsanfang fühlte sich Kommissar Germano zu müde
um wie gewöhnlich abends seinen Hund Black auszuführen.
Nachdem er seinen Sohn ins Zimmer gebracht hatte, zog er vor zu
sehen, was es im Fernsehen gab. Er wählte nach einem kurzen
Zapping Fußball F.C. Milan–A.S. Rom, Vorspiel für
die Meisterschaft. Das Spiel wirkte hinreißend, also rauchte er
eine Zigarette und war überzeugt, daß er den Abend beenden
würde, indem er zweiundzwanzig Männer hinter dem Ball
herlaufen sah.
    Kurz vor Spielende
klingelte das Telefon. Ahnend daß es für ihn war, was zu
dieser Stunde nicht anders sein konnte, ließ er seine Frau
antworten.
    “ Vinnie,
Vinnie, es ist für dich!”
    Germano machte den
Ton leiser und antwortete vom Wohnzimmer.
    “ Hier bin
ich!”
    “ Guten Abend
Kommissar, ich bin Di Girolamo.”
    Inspektor Giulio Di
Girolamo war sehr kompetent, gewissenhaft und streng. Was ihm aber
fehlte war Vorahnung und Spürsinn; Fähigkeiten die man in
einer Universitätsaula nicht erlernen kann.
    “ Sag mir
alles.”
    “ Morgen ist
Sonntag...”
    “ Richtig, wir
sehen uns gegen