Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Siuan ließ sie schon hinter allem eine Verschwörung wittern!
Gerade als Egwene glaubte, ihr Kopf würde gleich vor Frustration oder aufgrund ihrer Kopfschmerzen platzen, erschien plötzlich Sheriam; sie rannte beinahe mit gerafften Röcken und Umhang durch den Straßenmatsch. »Es tut mir schrecklich leid, Mutter«, sagte sie atemlos und griff hastig nach der Macht, um die Schlammspritzer zu beseitigen, die sie sich eingefangen hatte. »Ich … ich habe gehört, dass der Saal eine Sitzung hat, und ich wusste, dass Ihr nach mir suchen lassen werdet, also kam ich so schnell, wie ich konnte. Es tut mir sehr leid.« Also suchte Siuan noch immer nach ihr.
»Jetzt seid Ihr ja hier«, sagte Egwene fest. Die Frau musste wirklich aufgeregt sein, um sich vor den anderen zu entschuldigen, was mehr für Akarrin und ihre Gefährtinnen galt als für Anaiya und den Rest. Selbst wenn es die Leute besser wussten, neigten sie dazu, einen so zu nehmen, wie man zu sein schien, und man sollte die Bewahrerin nicht sehen, wie sie sich entschuldigte und die Hände rang. Sicherlich wusste sie das. »Geht und kündigt mich an.«
Sheriam holte tief Luft, schlug die Kapuze zurück, richtete die schmale blaue Stola und trat durch die Eingangsplanen. Ihre Stimme erscholl laut und deutlich, als sie die rituellen Worte sprach. »Sie kommt, sie kommt …«
Egwene wartete kaum ab, dass sie mit »… die Flamme von Tar Valon, der Amyrlin-Sitz« endete, bevor sie durch den Kreis aus Kohlenpfannen und Kandelabern schritt, der die Pavillonwände umgab. Die Kandelaber verbreiteten helles Licht, und die Kohlenpfannen, die Lavendelgeruch verbreiteten, wärmten den ganzen Raum. Niemand wollte die Kälte ignorieren müssen, wenn man richtige Wärme fühlen konnte.
Die Einrichtung des Pavillons folgte uralten Regeln, die nur leicht modifiziert waren, um der Tatsache zu genügen, dass sie nicht in der Weißen Burg zusammentrafen, in dem großen runden Gemach, das der Saal der Burg genannt wurde. Am anderen Ende stand eine einfache, wenn auch auf Hochglanz polierte Bank auf einer kastenähnlichen, mit einem in den sieben Farben der Ajahs gestreiften Tuch bedeckten Plattform. Zusammen mit der Stola um Egwenes Hals waren das sicherlich die einzigen Stellen im Lager, wo die Rote Ajah repräsentiert war. Einige Blaue hatten verlangt, die Farbe zu entfernen, da Elaida anscheinend den Thron, den man den Amyrlin-Sitz nannte, hatte neu lackieren und eine Stola ohne das Blau weben lassen, aber Egwene hatte sich dagegen verwahrt. Wenn sie alle Ajahs repräsentierte und keine, dann würde sie auch von allen Ajahs sein. Auf den hellen Teppichen am Boden führten zwei Reihen von Bänken in Gruppen von jeweils drei schräg vom Eingang fort; sie standen auf Kästen, die mit Tüchern in den Farben der Ajahs verhüllt waren. Nun ja, von sechs Ajahs. Der Tradition nach konnten die beiden ältesten Sitzenden für ihre Ajahs die Plätze beanspruchen, die dem Amyrlin-Sitz am nächsten waren, also nahmen hier Gelb und Blau diese Plätze ein. Danach kam es nur darauf an, wer zuerst kam und wo sitzen wollte, die Ersten wählten immer die Plätze ihrer Ajahs aus.
Es waren nur neun Sitzende anwesend, zu wenig, damit der Saal sich zusammensetzen konnte, zumindest formell gesehen, aber Egwene fiel sofort eine Merkwürdigkeit an der Sitzordnung auf. Romanda war bereits da, was nicht überraschte, zwischen ihr und Salita waren noch Plätze frei, und Lelaine und Moria besetzten die äußersten Plätze auf der Bank der Blauen. Romanda trug ihr Haar in einem festen grauen Knoten im Nacken; sie war die älteste Sitzende und fast immer die Erste, die Platz nahm, wenn sich der Saal zusammensetzte. Lelaine, die trotz ihres glänzenden schwarzen Haars fast genauso alt war, schien unfähig zu sein, der anderen Frau selbst in einer so nebensächlichen Sache einen Vorsprung zu lassen. Die Männer, die die Kästen aufgebaut hatten – sie standen an den Wänden, bis der Saal zur Sitzung gerufen wurde –, mussten gerade hinausgegangen sein, denn Kwamesa saß bereits; sie war die einzige Graue Sitzende, und Berana, die soeben zu ihrer Bank hochstieg, die einzige Weiße. Doch Malind, eine Kandori mit Adleraugen und einem runden Gesicht und die einzige Grüne, war offensichtlich vor ihnen eingetreten, aber seltsamerweise hatte sie sich entschieden, die Grünen neben den Eingang des Pavillons zu setzen. Eigentlich lautete das Motto, je näher am Amyrlin-Sitz, umso besser. Und ihr direkt
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