Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
ihre Röcke berührten. Magla stand fest in Romandas Lager und Faiselle in Lelaines, und die beiden Gruppen redeten nicht miteinander. Andere Schwestern kamen nacheinander oder grüppchenweise herein, Nisao und Myrelle gehörten zu dem halben Dutzend, die hinter Magla und Faiselle hereinschlüpften. Morvrin war bereits unter den Braunen hinter Takima und Escaralde, und Beonin stand am Rand der Grauen hinter Varilin und Kwamesa. Wenn es so weiterging, würde sich bald die Hälfte der im Lager befindlichen Aes Sedai in dem Pavillon drängen.
Während Magla noch zu den Sitzen der Gelben ging, erhob sich Romanda. »Wir sind jetzt mehr als elf, also können wir anfangen.« Ihre Stimme war überraschend hoch. Man hätte sich vorstellen können, dass sie eine wunderschöne Singstimme hatte, wenn man sich Romanda singend hätte vorstellen können. Ihr Gesicht schien jederzeit zu einem finsteren Ausdruck bereit, zumindest war es immer leicht missbilligend. »Ich glaube nicht, dass dies eine formelle Sitzung werden muss«, fügte sie hinzu, als Kwamesa aufstand. »Ich weiß eigentlich nicht, warum das überhaupt eine Sitzung sein muss, aber wenn es denn so sein soll, lasst es uns hinter uns bringen. Einige von uns haben wichtigere Dinge zu erledigen. So wie Ihr sicher auch, Mutter.«
Letzteres sagte sie mit einem tiefen Neigen des Kopfes, mit einem Tonfall, der vielleicht eine Spur zu respektvoll war. Natürlich nicht zu weit über der Grenze, um sarkastisch zu klingen. Sie war zu klug, um sich in Schwierigkeiten zu bringen; dumme Leute erlangten nur selten den Stuhl einer Sitzenden oder behielten ihn lange, und Romanda hatte fast achtzig Jahre lang einen Sitz im Saal innegehabt. Das war ihre zweite Amtszeit als Sitzende. Egwene neigte den Kopf leicht und blickte kühl. Eine Bestätigung, dass sie angesprochen worden war und den Tonfall bemerkt hatte. Ein sehr sorgfältiges Gleichgewicht.
Kwamesa stand da und sah sich mit offenem Mund um, unsicher, ob sie die zeremoniellen Formeln sagen sollte, die immer von der jüngsten anwesenden Sitzenden aufgesagt wurden und eine formelle Sitzung des Saals eröffneten. Romandas Stellung verschaffte ihr gehörigen Einfluss und eine gewisse Autorität, aber andere konnten sie darin überstimmen. Eine gewisse Anzahl von Sitzenden runzelten die Stirn oder rutschten auf ihren Bänken herum, aber keine sprach.
Lyrelle glitt in den Pavillon und auf die Bänke der Blauen zu. Groß für eine Cairhienerin, was sie fast an allen anderen Orten zu einer Frau von durchschnittlicher Größe machte, bot sie in ihrer blau geschlitzten Seide und dem mit roten und goldenen Stickereien verzierten Oberteil einen eleganten Anblick; ihre Bewegungen waren anmutig. Manche behaupteten, sie sei Tänzerin gewesen, bevor sie als Novizin in der Burg aufgenommen worden war. Im Vergleich zu ihr schien Samalin, die fuchsgesichtige Grüne, die ihr auf den Fersen folgte, wie ein Mann auszuschreiten, dabei war an der Murandianerin nichts Unbeholfenes. Beide schienen sie überrascht zu sein, Kwamesa stehend vorzufinden, und eilten zu ihren Bänken. Varilin fing an, an Kwamesas Ärmel zu zupfen, bis die Frau aus Arafel sich schließlich wieder setzte. Kwamesas Gesicht war eine Maske kühler Ruhe, aber sie schaffte es, Missfallen auszustrahlen. Sie legte großen Wert aufs Zeremoniell.
»Vielleicht gibt es ja doch einen Grund für eine formelle Sitzung.« Nach Romanda erschien Lelaines Stimme leise. Sie richtete ihre Stola, als hätte sie alle Zeit der Welt, erhob sich anmutig und sah absichtlich nicht in Egwenes Richtung. Lelaine war als wunderschöne Frau die personifizierte Erhabenheit. »Angeblich sind Gespräche mit Elaida genehmigt worden«, sagte sie kühl. »Mir ist klar, dass wir unter dem Kriegsrecht nicht konsultiert werden müssen, aber ich finde auch, dass wir es in der Sitzung besprechen sollten, vor allem, da viele von uns der Möglichkeit entgegensehen, gedämpft zu werden, wenn Elaida an der Macht bleibt.«
Das Wort »Dämpfung« verbreitete nicht länger Furcht, wie es üblich gewesen war, bevor Siuan und Leane davon Geheilt worden waren, aber ein Murmeln ging durch die Aes Sedai, die sich hinter die Bänke drängten. Anscheinend hatte sich die Nachricht von den Verhandlungen doch nicht so schnell verbreitet, wie Egwene erwartet hatte. Sie vermochte nicht zu sagen, ob die Schwestern aufgeregt oder entsetzt waren, aber offensichtlich waren sie überrascht. Und das galt auch für einige der Sitzenden.
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