Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Korridor begegneten sie Nesune, die eilig ausschritt. Sie blieb abrupt stehen. Nicht mehr als eine Handvoll Leute hatten es je geschafft, Cadsuane zu ignorieren, aber Nesune bot eine überzeugende Vorstellung; ihre fast schwarzen Augen richteten sich auf Verin.
»Dann seid Ihr also zurück?« Die besten Braunen hatten so eine Art, das Offensichtliche festzustellen. »Wenn ich mich recht entsinne, habt Ihr eine Abhandlung über die Tiere des Versunkenen Landes geschrieben.« Was bedeutete, dass Verin es getan hatte; Nesune erinnerte sich an alles, was sie je gesehen hatte – eine nützliche Fähigkeit, wäre Cadsuane sich ihrer nur sicher genug gewesen, um sie zu benutzen. »Lord Algarin hat mir die Haut einer großen Schlange gezeigt, die, wie er behauptet, aus dem Versunkenen Land stammt, aber ich glaube, es handelt sich um die gleiche, die ich gesehen habe, als ich in …« Verin warf Cadsuane einen hilflosen Blick über die Schulter zu, als die größere Frau sie am Ärmel mit sich zerrte, aber sie hatten noch keine drei Schritte zurückgelegt, als sie auch schon in eine heftige Diskussion über die verdammte Schlange vertieft war.
Es war ein bemerkenswerter Anblick, und in gewisser Weise besorgniserregend. Nesune stand loyal zu Elaida oder hatte es zumindest getan, während Verin zu denen gehörte, die Elaida stürzen wollten. Oder zumindest dazugehört hatte. Jetzt unterhielten sie sich angeregt über Schlangen. Dass beide dem Jungen die Treue geschworen hatten, dafür konnte man seinen Einfluss als Ta’veren verantwortlich machen und dass er unbewusst das Muster um sich herum beeinflusste, aber reichte der Eid aus, dass sie ihre gegenteilige Meinung darüber, wer auf dem Amyrlin-Sitz sitzen sollte, völlig ignorierten? Oder wurden sie davon beeinflusst, einen Ta’veren in unmittelbarer Nähe zu haben? Das hätte Cadsuane sehr gern gewusst. Keines ihrer Schmuckstücke beschützte sie vor einem Ta’veren . Zwar hatte sie keine Ahnung, was zwei der Fische und einer der Monde bewirkte, aber es erschien unwahrscheinlich, dass sie dies taten. Es hätte auch einfach an der Tatsache liegen können, dass sowohl Verin wie auch Nesune Braune waren. Braune konnten alles um sich herum vergessen, wenn sie etwas studierten. Schlangen! Hah! Die kleinen Schmuckstücke baumelten, als sie den Kopf schüttelte, bevor sie sich abwandte und die beiden Braunen hinter sich ließ. Was konnte der Junge wollen? Die Rolle einer Beraterin hatte ihr nie gefallen, ob sie nun nötig war oder nicht.
Zugluft in den Korridoren bewegte die wenigen Wandbehänge, sie alle waren altmodisch und zeigten die Abnutzung, viele Male abgenommen und wieder aufgehängt worden zu sein. Das Herrenhaus war wie ein weiträumiges Bauernhaus gewachsen, man hatte Räume hinzugefügt, wenn es das Vermögen und die Anzahl der Familienmitglieder erlaubten. Haus Pendaloan war nie reich gewesen, aber es hatte Zeiten gegeben, zu denen es viele Köpfe gezählt hatte. Die Resultate zeigten sich in mehr als in abgenutzten, altmodischen Wandbehängen. Die Simse waren hell gestrichen, rot, gelb oder blau, aber die Korridore variierten in Breite und Höhe, und die Verbindungen waren manchmal etwas schief. Fenster, die einst auf die Felder hinausgeblickt hatten, blickten jetzt auf Höfe, die für gewöhnlich nur ein paar Bänke aufwiesen. Wenn man von einem Ort zum anderen wollte, gab es manchmal keine andere Möglichkeit, als überdachte Kolonnaden zu benutzen, die auf die Höfe hinausschauten. Die Säulen waren meistens nur aus Holz, aber selbst wenn es keine Schnitzarbeiten gab, hatte man sie immerhin mutig bemalt.
Auf einem dieser Gänge mit dicken grünen Säulen standen zwei Schwestern zusammen und beobachteten die Aktivitäten im Hof unter ihnen. Zumindest standen sie zusammen, als Cadsuane die Tür zur Kolonnade öffnete. Beldeine sah sie nach draußen treten, erstarrte und fummelte an der Stola mit den grünen Fransen herum, die sie noch keine fünf Jahre trug. Mit ihren hohen Wangenknochen und den leicht schräg stehenden braunen Augen war sie hübsch, aber sie hatte die Alterslosigkeit noch nicht erreicht und sah jünger als Min aus, vor allem, als sie Cadsuane einen frostigen Blick zuwarf und in die andere Richtung eilte.
Merise, ihre Gefährtin, lächelte amüsiert hinter ihr her und richtete ihre eigene grün befranste Stola. Merise war hochgewachsen und trug das Haar streng zurückgekämmt; sie war für gewöhnlich sehr ernst und lächelte nur selten.
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