Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)
Ist es ihm wirklich gelungen, die männliche Hälfte der Quelle zu säubern?«
Corele übte sich ebenfalls darin, sich mit Damer zu verknüpfen, aber die Gelbe war so auf ihre erfolglosen Bemühungen konzentriert, herauszufinden, wie sie mit Saidar das schaffen konnte, was er mit Saidin machte, dass sie nicht bemerkt hätte, wenn der Schmutz des Dunklen Königs ihr den Hals hinuntergelaufen wäre. Cadsuane fand es bedauerlich, dass sie die Stola nicht fünfzig Jahre später errungen hatte, denn dann wäre sie selbst mit einem der Männer den Behüterbund eingegangen und hätte nicht fragen müssen. Aber fünfzig Jahre hätten bedeutet, dass Norla in ihrem kleinen Haus in den Schwarzen Bergen gestorben wäre, bevor Cadsuane Melaidhrin das erste Mal einen Fuß in die Weiße Burg gesetzt hatte. Das hätte einen großen Teil der Geschichte verändert. Unter anderem wäre es sehr unwahrscheinlich gewesen, dass sie auch nur in der Nähe ihrer derzeitigen Situation gewesen wäre. Also fragte sie taktvoll und wartete.
Merise blieb einen langen Moment still, dann seufzte sie. »Ich weiß es nicht, Cadsuane. Saidar ist ein ruhiger Ozean, der einen dahin bringt, wohin man will, solange man die Strömungen kennt und sich von ihnen tragen lässt. Saidin … ist eine Lawine aus brennendem Gestein. Zusammenbrechende Eisberge. Es fühlt sich sauberer an als bei meiner ersten Verknüpfung mit Jahar, aber in diesem Chaos könnte sich alles verbergen. Alles.«
Cadsuane nickte. Sie vermochte nicht zu sagen, ob sie eine andere Antwort erwartet hatte. Warum sollte sie auch Gewissheit über eine der beiden wichtigsten Fragen der Welt erhalten, wenn sie sie schon bei simpleren Dingen nicht bekam? Auf dem Hof landete Lans Klinge diesmal nicht mit einem lauten Knall, sondern kurz vor Jahars Kehle, und der größere Mann glitt zurück in die Ausgangsstellung. Nethan stand erneut auf, und wieder winkte Jahar ihn zurück, hob wütend das Schwert und nahm die Ausgangsstellung ein. Bassane, Merises dritter Behüter, ein kleiner breiter Bursche, der fast so dunkel wie Jahar war, obwohl er aus Cairhien kam, lachte und machte eine abfällige Bemerkung über zu ehrgeizige Männer, die über die eigenen Klingen stolperten. Tomas und Damer wechselten einen Blick und schüttelten den Kopf; Männer in diesem Alter hatten für gewöhnlich schon lange aufgehört zu spotten. Das harte Knallen von Holz auf Holz begann erneut.
Die anderen vier Behüter waren nicht das einzige Publikum, das Lan und Jahar auf dem Hof zusah. Das schlanke Mädchen, das ihr Haar zu einem langen Zopf geflochten trug und besorgt von der roten Bank aus zusah, war der Grund für Cadsuanes Stirnrunzeln. Das Kind würde anderen Leuten seinen Großen Schlangenring unter die Nase halten müssen, um für eine Aes Sedai gehalten zu werden, was sie immerhin war, wenn auch nur formal gesehen. Es lag nicht daran, dass Nynaeve ein Mädchengesicht hatte; Beldeine sah auch noch so jung aus. Nynaeve rutschte auf der Bank herum, immer kurz davor aufzuspringen. Gelegentlich bewegten sich ihre Lippen, als würde sie lautlos Anfeuerungsrufe schreien, und manchmal verdrehten sich ihre Hände, als wollte sie demonstrieren, wie Lan sein Schwert hätte führen müssen. Ein leichtfertiges Mädchen, voller Leidenschaften, das nur selten zeigte, dass es über einen funktionierenden Verstand verfügte. Min war nicht die Einzige, die wegen eines Mannes Herz und Kopf in den Brunnen geworfen hatte. Nach den Sitten der toten Malkier verkündete der rote Punkt, der auf Nynaeves Stirn gemalt war, ihre Ehe mit Lan, auch wenn Gelbe nur selten ihre Behüter heirateten. Was das anging, taten das nur sehr wenige Schwestern. Und natürlich war Lan nicht Nynaeves Behüter, auch wenn er und das Mädchen sich so aufführten. Zu wem er gehörte, war ein Thema, dem sie sich entzogen wie Diebe in der Nacht.
Viel interessanter – und besorgniserregender – war Nynaeves Schmuck, eine lange Goldkette, ein schmaler Goldgürtel und dazu passende Armreife und Ringe, deren geschmacklose rote, grüne und blaue Edelsteine sich mit ihrem gelb geschlitzten Kleid bissen. Und sie trug auch dieses seltsame Schmuckstück an der linken Hand, goldene Ringe, die mit flachen Ketten mit einem goldenen Armreif verbunden waren. Das war ein Angreal , das viel stärker als Cadsuanes Haarschmuck war. Die anderen ähnelten auch ihren Stücken, Ter’angreale , die offensichtlich zur gleichen Zeit entstanden waren, während der Zerstörung der
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