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Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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grüne Seide in ein paar Schattierungen und mehr Arten blauer Seide, als Mat sie für möglich gehalten hätte. Tuon wählte feines Leinen in verschiedenen Stärken und Bahnen heller Wolle – darüber besprach sie sich mit Selucia in gedämpftem Flüsterton –, aber in der Hauptsache nahm sie Seide. Mat bekam wesentlich weniger von seinem Geldbeutel zurück als erwartet.
    Nachdem der ganze Stoff zusammengefaltet und ordentlich verschnürt war, um dann in eine große Bahn aus grobem Leinen gepackt zu werden – die kostete nichts, vielen herzlichen Dank –, war er ein Bündel so dick wie das Gepäck eines Hausierers. Es überraschte Mat nicht im Mindesten, dass man von ihm erwartete, das Bündel auf den Schultern zu tragen, während er in der einen Hand noch seinen Hut halten musste. Da zog man seine besten Sachen an, kaufte einer Frau Seide, und sie fand trotzdem eine Möglichkeit, einen schuften zu lassen! Vielleicht ließ sie ihn auf diese Weise für seine harschen Worte bezahlen.
    Er zog viele Blicke starrender Narren auf sich, als er die Stadt im Schlepptau der beiden Frauen verließ. Sie rauschten so zufrieden daher wie Katzen, die an der Sahne genascht hatten. Selbst in ihre Umhänge gehüllt, sagte ihre Haltung alles. Die Sonne stand immer noch nicht im Zenit, aber die Schlange der Leute, die in die Vorstellung wollten, reichte bis fast zur Stadt. Die meisten zeigten auf ihn, als wäre er ein geschminkter Spaßmacher. Einer der großen Pferdeknechte, die die Münzenkiste bewachten, zeigte ein zahnlückiges Grinsen und öffnete den Mund, aber Mat warf ihm einen strengen Blick zu, und der Bursche entschied sich, seine Aufmerksamkeit wieder auf die Münzen zu richten, die von den Städtern in den Glaskrug wanderten. Mat glaubte, noch nie so erleichtert gewesen zu sein, wieder in Lucas Zirkus zu sein.
    Mat und die beiden Frauen standen noch keine drei Schritte im Eingang, als Juilin angelaufen kam, wunderbarerweise einmal ohne Thera oder seine rote Mütze. Das Gesicht des Diebefängers hätte aus uralter Eiche geschnitzt sein können. Er musterte die Leute, die an ihnen vorbei zu den Vorstellungen strömten, und hielt die Stimme leise. Leise und drängend. »Ich wollte dich suchen kommen. Es ist Egeanin. Sie wurde … verletzt. Kommt schnell.«
    Der Tonfall des Mannes verriet genug, aber was noch schlimmer war, die Würfel in Mats Kopf hämmerten jetzt wie auf einer Trommel. Er warf den Pferdeknechten den Stoff zu mit dem Befehl, ihn genauso scharf zu bewachen wie die Münzenkiste, oder er würde die Frauen auf ihn hetzen, aber er wartete nicht ab, um zu sehen, ob sie ihn ernst nahmen. Juilin bewältigte den Rückweg im Laufschritt, und Mat rannte auf der breiten Hauptstraße des Zirkusgeländes hinter ihm her, wo die lärmende Menge den vier mit nackter Brust auftretenden Chavana-Brüdern dabei zusah, wie sie auf den Schultern des jeweils anderen standen. Verrenkungskünstler in hauchdünnen Hosen und glitzernden Westen saßen auf den Köpfen, und eine Seiltänzerin in mit Sternen verzierten blauen Hosen erklomm eine lange Holzleiter, um mit ihrer Darstellung zu beginnen. Kurz vor der Seiltänzerin duckte sich Juilin in eine der schmalen Gassen, in denen Wäsche auf Leinen zwischen den Zelten und Wagen hing, Artisten auf Hockern und Wagentreppen saßen und darauf warteten, mit ihren Darstellungen weiterzumachen, und die Zirkuskinder herumliefen und mit Bällen und Reifen spielten. Mat wusste mittlerweile, was ihr Ziel war, aber der Diebefänger lief zu schnell, um überholt zu werden.
    Voraus sah er den grünen Wagen: Latelle schaute darunter, und Luca in einem seiner hellroten Umhänge bedeutete zwei Jongleuren, einfach weiterzugehen. Die beiden Frauen, die bauschige Hosen trugen und die Gesichter weiß wie die Hofnarren von Adligen geschminkt hatten, warfen einen ausgiebigen Blick unter den Wagen, bevor sie weitergingen. Als Mat näher kam, konnte er sehen, was sie angestarrt hatten. Domon saß ohne Mantel unter dem Rand des Wagens auf dem Boden und wiegte eine reglose Egeanin in den Armen. Ihre Augen waren geschlossen, aus einem Mundwinkel rann Blut. Ihre Perücke hing schief. Aus irgendeinem Grund stach dieses Detail hervor. Sie gab sich immer so viel Mühe, diese Perücke vernünftig aufzusetzen. Die Würfel dröhnten wie Donnerhall.
    »Das könnte eine Katastrophe sein«, knurrte Luca und teilte seinen finsteren Blick zwischen Juilin und Mat auf. Aber es war ein wütender Blick, kein ängstlicher.

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