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Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 10. Das Original: Zwielichtige Pfade (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Mühe, mit ihnen mitzuhalten, allerdings drückte seine Miene stures Zögern aus, und seine Hand blieb am Schwertgriff. Aber bei ihm ging die Gefahr nicht vom Stahl aus. Er starrte die Aes Sedai argwöhnisch an, und einmal erwiderte er Samitsus Blick finster. Allerdings hatte er den Verstand, den Mund geschlossen zu halten. Sie würde später einen Weg finden müssen, ihn aufzustemmen, damit mehr als ein Knurren herauskam.
    Sashalle blickte sich nicht einmal um, um sich zu vergewissern, dass die beiden ihnen folgten, aber sie konnte ja das Dröhnen der Ogierschritte auf den Fliesen hören. Ihr Gesicht war nachdenklich, und Samitsu hätte viel dafür gegeben, ihre Gedanken lesen zu können. Sashalle mochte einen Eid auf Rand al’Thor abgelegt haben, aber welchen Schutz gewährte das einem Asha’man? Immerhin war sie eine Rote. Im Gegensatz zu ihrem Gesicht hatte sich daran nichts geändert. Beim Licht, das konnte von allem Glatteis das schlimmste sein!
    Es war ein langer und mühsamer Aufstieg von der Küche zu Lord Dobraines Gemächern im Turm des Vollmonds, der für gewöhnlich hohen Adligen vorbehalten war, die zu Besuch kamen, und auf dem ganzen Weg sah Samitsu den Beweis, dass Cera nicht die Erste gewesen war, die von der Bluttat gehört hatte. Statt geschäftig durch die Korridore zu eilen, standen die Diener in kleinen Gruppen beieinander und flüsterten aufgeregt. Beim Anblick der Aes Sedai sprangen sie auseinander und hasteten fort. Eine Handvoll schaute ungläubig, als sie den Ogier sahen, doch größtenteils ergriffen sie die Flucht. Sämtliche Adlige waren verschwunden, zweifellos in ihre Gemächer, um darüber nachzudenken, welche Gelegenheiten und Gefahren Dobraines Tod ihnen brachte. Was auch immer Sashalle glaubte, Samitsu hatte nicht mehr den geringsten Zweifel. Wäre Dobraine noch am Leben, hätten seine Diener die Gerüchte schon aus der Welt geschafft.
    Im Korridor vor Dobraines Gemächern drängten sich aschfahle Diener, deren Ärmel bis zu den Ellbogen die blau-weißen Ringe des Hauses Taborwin aufwiesen. Einige weinten, andere sahen verloren aus, weil man den Boden unter ihren Füßen weggezogen hatte. Ein Wort von Sashalle reichte aus, damit sie den Weg für die Aes Sedai frei machten, aber sie bewegten sich wie betrunken oder mechanisch. Benommene Blicke streiften den Ogier, ohne überhaupt richtig wahrzunehmen, was sie da sahen. Nur wenige dachten daran, halbherzige Verbeugungen zu machen.
    Im Vorzimmer hielten sich mindestens genauso viele von Dobraines Dienern auf, die meisten starrten ins Leere, als hätte man ihnen einen Schlag mit der Axt verpasst. Dobraine selbst lag in der Mitte des Raums reglos auf einer Trage, sein Kopf saß noch immer auf den Schultern, aber seine Augen waren geschlossen und seine reglosen Züge mit geronnenem Blut aus einem langen Schnitt auf dem Kopf beschmiert. Aus seinem schlaffen Mund war ein dunkler Strom gesickert. Zwei Diener, denen Tränen über die Wangen strömten, hielten beim Eintritt der Aes Sedai darin inne, sein Gesicht mit einem weißen Tuch zu bedecken. Dobraine schien nicht mehr zu atmen, die Brust seines Mantels, dessen schmale Farbstreifen bis hinunter zu den Knien reichten, wies blutige Schnitte auf. Neben der Trage verunstaltete ein dunkler Fleck, der größer als der Körper des Mannes war, das grün-gelbe tairenische Labyrinthmuster des fransengeschmückten Teppichs. Jeder, der so viel Blut verloren hatte, musste tot sein. Auf dem Boden lagen noch zwei weitere Männer, der eine starrte mit gebrochenem Blick an die Decke, der andere lag auf der Seite, aus seinen Rippen ragte ein Dolchgriff aus Elfenbein, dessen Klinge bestimmt sein Herz erreicht hatte. Beide waren klein gewachsene, blasshäutige Cairhiener in der Livree von Palastdienern, aber kein Diener trug lange Dolche mit Holzgriffen, wie sie neben den Leichen lagen. Ein Mann vom Haus Taborwin, der den Fuß zurückgenommen hatte, um eine der Leichen zu treten, zögerte, als er die beiden Schwestern eintreten sah, dann stieß er seinen Stiefel trotzdem hart in die Rippen des Toten. Offensichtlich dachte im Augenblick keiner an gehöriges Benehmen.
    »Nehmt das Tuch weg«, befahl Sashalle den Männern an der Trage. »Samitsu, seht, ob Ihr Lord Dobraine noch helfen könnt.«
    Der Instinkt hatte Samitsu auf Dobraine zueilen lassen, da spielte es keine Rolle, was sie glaubte, aber dieser Befehl – es war eindeutig ein Befehl! – ließ sie kurz zögern. Mit zusammengebissenen Zähnen

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