Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
eine Aes Sedai von Lelaines Format wissen , dass, sollte sie Informationen vor den Ohren von Novizinnen preisgeben, sie bald alle willigen Ohren erreicht hätten.«
»Und in der Burg ist jedes Ohr willig.«
»Ganz genau, Siuan Sedai.« Sharina lächelte.
Lelaine hatte die Zusammenkunft zu einem Zirkus machen wollen – sie hatte gewollt, dass die Novizinnen zuhörten und sich jede Schwester im Lager an der Diskussion beteiligte. Warum? Und warum vertraute ihr Sharina ihre ausgesprochen unnovizinnenhafte Meinung an?
Die Antwort war offensichtlich. Je bedrohter sich die Frauen im Lager fühlten – je größer sie die Gefahr erachteten, die von Elaida ausging –, umso einfacher würde es für eine energische Hand sein, die Kontrolle zu ergreifen. Auch wenn die Schwestern im Augenblick lediglich über den bloßen Verlust eines wohlbehüteten Geheimnisses empört waren, würden sie bald die Gefahr erkennen, die Siuan bereits gesehen hatte. Bald würde die Angst da sein. Sorge. Nervosität. Die Belagerung würde niemals funktionieren, jetzt nicht mehr, wo die Aes Sedai in der Stadt Reisen konnten, wann immer und wohin sie wollten. Brynes Heer an den Brücken war nutzlos geworden.
Und wenn sich Siuan nicht sehr irrte, würde Lelaine schon dafür sorgen, dass sich auch alle anderen der Probleme bewusst wurden, die das mit sich brachte.
»Sie will, dass wir Angst haben«, sagte Siuan. »Sie will eine Krise.« Das war schlau. Eigentlich hätte sie das kommen sehen müssen. Dass sie es nicht getan hatte – und auch nichts von Lelaines Plänen mitbekommen hatte –, verriet eine wichtige Tatsache. Die Frau vertraute ihr doch nicht so sehr, wie es den Anschein gehabt hatte. Verflucht!
Sie schaute Sharina an. Die grauhaarige Frau stand geduldig da und wartete darauf, dass Siuan begriff, was ihre Enthüllungen bedeuteten.
»Warum habt Ihr mir das alles erzählt? Soweit Ihr wisst, bin ich doch Lelaines Lakai.«
Sharina hob die Brauen. »Bitte, Siuan Sedai. Diese Augen sind nicht blind, und sie sehen eine Frau, die sehr hart daran arbeitet, die Feinde der Amyrlin zu beschäftigen.«
»Gut«, erwiderte Siuan. »Aber Ihr gebt Euch für einen geringen Lohn zu erkennen.«
»Einen geringen Lohn?«, fragte Sharina. »Entschuldigt bitte, Siuan Sedai, aber wie wird wohl mein Schicksal aussehen, sollte die Amyrlin nicht zurückkehren? Was glaubt Ihr? Ganz egal, was sie im Augenblick sagt, wir können Lelaine Sedais tatsächliche Ansichten genau erkennen.«
Siuan zögerte. Auch wenn Lelaine im Moment die Rolle von Egwenes andächtiger Befürworterin spielte, war es nicht lange her, dass sie über die zu alten Novizinnen erbost gewesen war. Nur wenigen gefiel es, wenn sich Traditionen veränderten.
Jetzt, da man die neuen Novizinnen in das Novizinnenbuch eingetragen hatte, würde es sehr schwer werden, sie wieder aus der Burg zu entfernen. Aber das bedeutete nicht, dass die Aes Sedai auch weiterhin ältere Frauen zulassen würden. Darüber hinaus bestand die reelle Möglichkeit, dass Lelaine – oder wer auch immer auf dem Amyrlin-Sitz endete – einen Weg finden würde, das Weiterkommen der Frauen, die entgegen der Tradition aufgenommen worden waren, zu verzögern oder ganz zu verhindern. Und das würde mit Sicherheit Sharina mit einschließen.
»Ich werde die Amyrlin von Euren Bemühungen hier unterrichten«, sagte Siuan. »Ihr werdet belohnt werden.«
»Meine Belohnung wird Egwene Sedais Rückkehr sein, Siuan Sedai. Beten wir, dass sie bald erfolgt. In dem Augenblick, in dem sie uns aufnahm, hat sie unser Schicksal mit dem ihren verbunden. Nach allem, was ich gesehen und gefühlt habe, habe ich nicht die Absicht, meine Ausbildung abzubrechen.« Sie wog den Korb. »Ich nehme an, Ihr wollt das hier gewaschen und zurückgebracht haben?«
»Ja. Vielen Dank.«
»Ich bin eine Novizin, Siuan Sedai. Es ist meine Pflicht und mein Vergnügen.« Die alte Frau verneigte sich respektvoll und ging weiter, ging mit einem Schritt, der viel jünger war, als es ihrem Alter entsprach.
Siuan schaute ihr nach, dann hielt sie eine andere Novizin an. Noch ein Kurier an Bryne. Beeil dich, Mädchen, richtete sie ihre Gedanken an Egwene und schaute zu dem hohen Turm der Weißen Burg in der Ferne. Sharina ist nicht die Einzige, deren Schicksal mit dem deinen verbunden ist. Du hast uns alle in dein Netz gezogen.
KAPITEL 19
Eröffnungszüge
C haos. Die ganze Welt war ein Chaos.
Tuon stand auf dem Balkon ihres Audienzsaals im Palast von
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