Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
die eine konnte man nur fürs Töten benutzen, während ihm die andere eine Wahl ließ.
Lauf mit mir, Junger Bulle. Vergiss diese Gedanken. Lauf wie ein Wolf.
»Das kann ich nicht«, erwiderte Perrin. Er drehte sich um, ließ die Blicke über die Ebene schweifen. »Aber ich muss über diesen Ort Bescheid wissen, Springer. Ich muss lernen, wie man ihn benutzt, wie man ihn kontrolliert.«
Menschen, dachte Springer, übersandte Gerüche von Geringschätzung und Wut. Kontrolle. Immer nur Kontrolle.
»Ich will, dass du es mir beibringst«, sagte Perrin zu dem Wolf. »Ich will diesen Ort meistern. Zeigst du mir, wie das geht?«
Springer setzte sich auf die Hinterbeine.
»Schön. Dann suche ich mir andere Wölfe, die das tun werden.«
Er drehte sich um und setzte sich in Bewegung. Er erkannte diesen Ort nicht, aber er hatte gelernt, dass der Wolfstraum unberechenbar war. Dieses Feld mit seinem hüfthohen Gras und der Hirse konnte überall sein. Wo würde er Wölfe finden? Er hielt mit seinem Verstand Ausschau und entdeckte, dass das hier viel schwieriger war.
Du willst nicht laufen. Aber du suchst nach Wölfen. Warum bist du so schwierig, Welpe? Springer setzte sich vor ihm ins Gras.
Perrin knurrte, dann tat er einen Sprung, der ihn hundert Fuß in die Höhe beförderte. Er kam wieder auf, als wäre es ein ganz normaler Schritt gewesen.
Und Springer saß vor ihm. Er hatte den Wolf nicht springen gesehen. Eben war er noch an dem einen Ort gewesen, jetzt war er an einem anderen. Perrin suchte wieder mit seinen Gedanken. Nach anderen Wölfen. Da war etwas, in der Ferne. Er musste sich mehr anstrengen. Er konzentrierte sich, zog irgendwie mehr Stärke in sich und schaffte es, mit seinem Verstand weiter hinauszugreifen.
Das ist gefährlich, Junger Bulle. Du setzt hier zu viel Kraft ein. Du wirst sterben.
»Das sagst du immer«, erwiderte Perrin. »Sag mir, was ich wissen will. Zeig mir, wie ich es lernen kann.«
Sturer Welpe, sendete Springer. Komm zurück, wenn du entschlossen bist, deine Schnauze nicht ins Nest der Feuernatter zu stecken.
Und etwas krachte gegen Perrin, ein schweres Gewicht traf seinen Verstand. Alles verschwand um ihn herum, und er wurde wie ein Blatt im Sturm aus dem Wolfstraum geworfen.
Faile lag neben ihrem Mann, der sich im Schlaf herumwälzte. Sie betrachtete ihn in dem dunklen Raum; obwohl sie neben ihm auf der Pritsche lag, hatte sie nicht geschlafen. Sie hatte gewartet und seinen Atemzügen gelauscht. Er drehte sich auf den Rücken und murmelte etwas.
Ausgerechnet in dieser Nacht muss er unruhig schlafen!, dachte sie verärgert.
Seit ihrem Aufbruch aus Malden war eine Woche vergangen. Die Flüchtlinge hatten ein Lager – nun, mehrere Lager – in der Nähe eines Wasserweges aufgeschlagen, der direkt zur nur ein kurzes Stück entfernten Jehannahstraße führte.
In den vergangenen paar Tagen war alles glattgelaufen, auch wenn Perrin zu dem Schluss gekommen war, dass die Asha’man noch immer zu erschöpft waren, um Wegetore zu erschaffen. Faile hatte den Abend mit ihrem Ehemann verbracht und ihn an mehrere wichtige Gründe erinnert, warum er sie überhaupt geheiratet hatte. Er war ziemlich enthusiastisch gewesen, aber da hatte ein merkwürdiger Ausdruck in seinem Blick gelegen. Kein gefährlicher Ausdruck, eher ein trauriger. Während ihrer Trennung war er ein von Geistern getriebener Mann geworden. Das konnte sie verstehen. Sie hatte selbst ein paar Geister, die sie heimsuchten. Man konnte nicht erwarten, dass alles so blieb, wie es gewesen war, und ihr war nicht entgangen, dass er sie noch immer liebte – leidenschaftlich liebte. Das reichte ihr, also machte sie sich deswegen keine Sorgen.
Aber sie plante eine Auseinandersetzung, die ihm seine Geheimnisse entlocken würde. Noch ein paar Tage würde sie damit warten. Es war nur vernünftig, einen Ehemann daran zu erinnern, dass man nicht alles friedlich hinnahm, was er so machte, aber es war auch keine gute Idee, ihn auf den Gedanken zu bringen, dass sie es nicht zu schätzen wusste, ihn zurückzuhaben.
Ganz im Gegenteil. Faile lächelte, drehte sich um und legte ihm die Hand auf die behaarte Brust, schmiegte den Kopf an seine nackte Schulter. Sie liebte diese stattliche Lawine von einem Mann. Wieder mit ihm vereint zu sein war noch süßer als der Sieg ihrer Flucht von den Shaido.
Seine Augen öffneten sich, und sie seufzte. Liebe hin oder her, in dieser Nacht wollte sie, dass er schlief! Hatte sie ihn denn nicht müde genug
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