Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
Soldaten zu schießen anfingen. Er hätte wirklich vorgezogen, wenn es nicht dazu kam, aber von ihnen beiden konnte Herausforderer eher ein paar Pfeile überleben als er.
Ein paar der Soldaten riskierten es, nach vorn zu kommen, um ihren gefallenen Kameraden aufzuhelfen. Der dicke Wachsergeant setzte sich auf und fluchte leise. Gawyn machte keine bedrohlichen Bewegungen.
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, gegen diese Männer zu kämpfen, aber er hatte bereits genug Zeit verschwendet. Egwene konnte schon tot sein! Wenn ein Mann wie dieser Sergeant versuchte, seine Autorität durchzusetzen, blieben einem eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Man konnte sich durch die Ränge der Bürokratie nach oben reden und jeden Soldaten auf dem Weg davon überzeugen, dass man tatsächlich wichtig war. Oder man provozierte einen Zwischenfall. Das Letztere war schneller, und im Lager gab es offensichtlich genügend Aes Sedai, um ein paar verletzte Männer zu Heilen.
Schließlich kam eine kleine Gruppe Männer durch das Tor. Ihre Uniformen saßen einwandfrei, ihre Haltung verriet Gefahr, ihre Mienen waren angespannt. Angeführt wurde sie von einem Mann mit ergrauenden Schläfen und von kräftigem, stämmigem Wuchs. Gawyn lächelte. Das Spiel hatte sich ausgezahlt.
Der Generalhauptmann musterte Gawyn, dann inspizierte er schnell seine gefallenen Soldaten. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Entspannt euch«, sagte er zu seinen Männern. »Sergeant Cords.«
Der fette Sergeant stand auf. »Herr!«
Bryne sah wieder zu Gawyn herüber. »Wenn das nächste Mal ein Mann zum Tor kommt, Adliger zu sein vorgibt und nach mir fragt, dann schickt nach einem Offizier. Sofort. Es ist mir egal, ob der Mann einen zwei Monate alten Bart hat und nach billigem Ale stinkt. Verstanden?«
»Ja, Herr«, sagte der Sergeant errötend. »Verstanden, Herr!«
»Schafft Eure Männer ins Krankenlager, Sergeant«, sagte Bryne und sah die ganze Zeit Gawyn an. »Und Ihr, Ihr kommt mit mir.«
Gawyn biss die Zähne zusammen. Als ihn Gareth Bryne das letzte Mal auf diese Weise angeknurrt hatte, hatte er sich noch nicht rasieren müssen. Andererseits konnte er wirklich nicht erwarten, dass der Mann erfreut sein würde. Direkt hinter der Palisade entdeckte er einen Jungen, der vermutlich Stallbursche oder Bote war. Er drückte dem ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrenden Jungen Herausforderers Zügel in die Hand und trug ihm auf, sich um das Pferd zu kümmern. Dann holte er sich sein Schwert von dem Soldaten zurück, der es hielt, und eilte hinter Bryne her.
»Gareth«, sagte Gawyn, als er ihn einholte. »Ich …«
»Haltet den Mund, junger Mann«, sagte Bryne, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. »Noch habe ich nicht entschieden, was ich mit Euch machen werde.«
Gawyn klappte den Mund zu. Das war ungehörig! Er war nach wie vor der Bruder der rechtmäßigen Königin von Andor und würde der Erste Prinz des Schwertes sein, sollte Elayne den Thron erobern und behalten! Bryne hätte ihm den nötigen Respekt erweisen müssen.
Aber Bryne konnte so stur wie ein Eber sein. Gawyn hielt den Mund. Sie kamen zu einem großen Spitzzelt, vor dessen Eingang zwei Wächter standen. Bryne duckte sich hinein, und Gawyn folgte ihm. Das Innere war sauber und aufgeräumt, mehr, als Gawyn erwartet hätte. Der Schreibtisch war übersät mit zusammengerollten Karten und ordentlichen Papierstapeln, und die Decken auf den Pritschen in der Ecke waren sorgfältig zusammengefaltet. Offensichtlich hatte Bryne jemanden, der hier gewissenhaft aufräumte.
Bryne verschränkte die Hände hinter dem Rücken; Gawyns Gesicht spiegelte sich in seinem Harnisch, als er sich umdrehte. »Also gut. Erklärt, was Ihr hier tut.«
Gawyn nahm den Kopf etwas höher. »General«, sagte er. »Ich glaube, Ihr unterliegt da einem Irrtum. Ich bin nicht länger Euer Schüler.«
»Ich weiß«, sagte Bryne barsch. »Der Junge, den ich ausbildete, hätte niemals versucht, auf so kindische Weise meine Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Der Wachsergeant war streitlustig, und ich hatte keine Geduld für diesen aufgeblasenen Narren. Das schien die beste Möglichkeit zu sein.«
»Die beste Möglichkeit, um was zu tun?«, wollte Bryne wissen. »Mich zu erzürnen?«
»Seht, vielleicht war ich ja voreilig«, sagte Gawyn. »Aber ich habe eine wichtige Aufgabe. Ihr müsst mir zuhören.«
»Und wenn ich mich weigere? Wenn ich Euch stattdessen aus meinem Lager werfe, weil Ihr ein verwöhnter Prinz mit zu viel
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