Das Rad der Zeit 12. Das Original: Sturm der Finsternis (German Edition)
ist.«
»Rand!«, sagte sie. »Das sind deine Freunde!«
»Sie sind Fäden im Muster, Nynaeve«, erwiderte er und stand auf. »Mich interessiert nur die Letzte Schlacht. Mich interessiert nur, mit den vom Licht verfluchten Seanchanern Frieden zu schließen, damit ich endlich aufhören kann, mich um den Zank mit ihnen kümmern zu müssen, und mich der wahren Schlacht zuwenden kann. Neben diesen Dingen sind zwei Jungen aus meinem kleinen Dorf bedeutungslos.«
Herausfordernd sah er sie an. Ramshalan und die anderen wichen stumm zurück, weil sie nicht zwischen seinen Blick und Nynaeve geraten wollten.
Sie erwiderte nichts, aber ihre Miene zeigte eine abgrundtiefe Traurigkeit. »Ach, Rand«, sagte sie schließlich. »So kannst du nicht weitermachen. Diese Härte in dir, sie wird dich zerbrechen.«
»Ich tue, was ich tun muss«, entgegnete er und verspürte die Wut, die sich schleichend in ihm ausbreitete. Würden sie denn niemals aufhören, sich über seine Entscheidungen zu beschweren?
»Das musst du nicht tun«, sagte sie. »Du wirst dich selbst zerstören. Du …«
Die Wut kochte hoch. Er fuhr herum und zeigte mit dem Finger auf sie. »Willst du wie Cadsuane verbannt werden, Nynaeve?«, brüllte er. »Ich lasse nicht mit mir spielen! Damit ist Schluss. Gib mir einen Rat, wenn man dich danach fragt, und hör auf, mich den Rest der Zeit zu bevormunden! «
Sie zuckte sichtlich zurück, und Rand bekam seine Wut wieder unter Kontrolle. Er senkte die Hand, aber dann wurde ihm bewusst, dass er reflexartig angefangen hatte, nach dem Zugangschlüssel in seiner Tasche zu greifen. Nynaeves Blick richtete sich starr, mit weit aufgerissenen Augen darauf, und er zwang die Hand langsam in eine andere Richtung.
Der Ausbruch überraschte ihn. Er hatte angenommen, sein Temperament im Griff zu haben. Er bezwang es, was ihm aber überraschend schwerfiel. Mit großen Schritten durchquerte er den Raum und stieß die Tür auf; die Töchter folgten ihm. »Heute gibt es keine Audienz mehr«, sagte er zu dem Gefolge, das sich ihm anschließen wollte. »Geht und tut, was ich euch befohlen habe! Ich brauche die anderen Angehörigen des Kaufmannsrats! Geht!«
Sie stoben auseinander. Allein die Aiel blieben und beschützten ihn auf dem Weg zu den Gemächern, die er in diesem Haus für sich beansprucht hatte.
Nur noch kurze Zeit. Er musste die Dinge nur noch kurze Zeit ausbalancieren. Dann konnte es enden. Und ihm wurde bewusst, dass er anfing, diesem Ende genauso begierig entgegenzusehen wie Lews Therin.
Du hast mir versprochen, dass wir sterben können, sagte Lews Therin zwischen fernen Schluchzern.
Das habe ich, erwiderte Rand. Und das werden wir auch.
KAPITEL 32
Schattenflüsse
N ynaeve stand auf der imposanten Stadtmauer von Bandar Eban und betrachtete die dunkle Stadt. Die Mauer befand sich auf der landeinwärts gerichteten Seite, aber Bandar Eban war auf einem Hang errichtet, also konnte sie über die Stadt hinweg zum Ozean sehen. Nebel quoll über das nächtliche Wasser und hing über der Oberfläche, die an einen schwarzen Spiegel erinnerte; er erschien wie ein Abbild der Wolken am Himmel. Diese Wolken schimmerten mit einem geisterhaften Licht, das von einem Mond kam, den Nynaeve nicht sehen konnte.
Der Nebel erreichte die Stadt nicht; das tat er nur selten. Brodelnd hing er über dem Ozean. Wie der Geist eines Waldbrandes, den eine unsichtbare Barriere aufgehalten hatte.
Noch immer konnte sie den Sturm im Norden fühlen. Er forderte sie auf, durch die Straßen zu reiten und Warnungen zu rufen. Flieht in die Keller! Lagert Nahrungsmittel, denn eine Katastrophe wird kommen! Unglücklicherweise würde es bei diesem Sturm nicht damit getan sein, die Mauern zu verstärken. Er war von einer ganz anderen Sorte.
Meeresnebel war oft der Vorbote von Winden, und in dieser Nacht war es nicht anders. Nynaeve zog die Stola enger um die Schultern und roch Salzwasser in der Luft. Es vermischte sich mit den Gerüchen einer überbevölkerten Stadt. Abwasser, dicht zusammengedrängte Körper, Ruß und Rauch von Feuern und Kaminen. Sie vermisste die Zwei Flüsse. Der Wind im Winter war immer kalt gewesen, aber auch stets frisch. Bandar Ebans Wind fühlte sich immer leicht abgenutzt an.
In den Zwei Flüssen würde nie wieder Platz für sie sein. Das wusste sie, auch wenn es sie schmerzte. Sie war jetzt eine Aes Sedai; das war es, zu dem sie geworden war, das ihr wichtiger war als einst die Stellung als Dorfheilerin. Mit der Einen Macht
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