Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
trieben ihre Pferde an. »Was ist los, Dai Shan?«, rief Kaisel. »Noch ein Angriff? Ich habe das Notfallsignal gar nicht gesehen!«
Scheiterhaufen aus Kadavern und Holz brannten rechts und links von ihm, als er den Sturmangriff mehrerer Hundert Malkieri anführte. Die Kadaver zu verbrennen war nicht einfach, aber sie brauchten nicht nur das Licht; sie wollten den Trollocs wenigstens ein paar Mahlzeiten vorenthalten.
Voraus hörte Lan etwas, das ihn entsetzte. Davor hatte er sich gefürchtet.
Explosionen.
Das Donnern in der Ferne klang wie gegeneinanderschlagende Felsen. Ein jedes erschütterte die Luft.
»Beim Licht!« Königin Ethenielle von Kandor gesellte sich auf ihrem weißen Wallach zu ihnen. Sie war eine korpulente Frau und für eine Grenzländerin etwas matronenhaft. Ihr Gefolge enthielt ihren Schwertträger Lord Baldhere und den ergrauten Kalyan Ramsin, ihren neuen Ehemann.
Sie näherten sich dem Pass, wo Krieger den Bestien den Weg versperrten. Unversehens wurde eine Gruppe Kandori neben den Scheiterhaufen an der Front in die Luft geschleudert.
»Lord Mandragoran!« Eine Gestalt in einem schwarzen Mantel winkte ihnen zu. Narishma eilte herbei, begleitet von seinen Aes Sedai. Lan hatte immer einen Machtlenker an der Front, aber sie hatten den Befehl, nicht in die Kämpfe einzugreifen. Er brauchte sie ausgeruht für unerwartete Notfälle.
So wie jetzt.
»Die Macht wird gelenkt?«, verlangte Lan zu wissen und zügelte Mandarb.
»Schattenlords, Dai Shan«, stieß Narishma keuchend hervor. »Möglicherweise zwei Dutzend.«
»Zwanzig oder mehr Machtlenker«, sagte Agelmar. »Sie werden uns in zwei Hälften teilen wie ein Schwert ein Frühlingslamm.«
Lan betrachtete die vergiftete Landschaft, die einst seine Heimat gewesen war. Eine Heimat, die er nie kennengelernt hatte.
Er würde Malkier aufgeben müssen. Das zugeben zu müssen fühlte sich an, als würde man ein Messer in seinen Eingeweiden umdrehen, aber er würde es tun. »Ihr bekommt Euren Rückzug, Lord Agelmar«, sagte er. »Narishma, können Eure Machtlenker etwas tun?«
»Wir können versuchen, ihre Gewebe in der Luft zu durchtrennen, wenn wir nahe genug an sie herankommen«, erwiderte Narishma. »Aber das wird schwer werden, vielleicht sogar unmöglich, denn sie benutzen bloß Ströme aus Feuer und Erde. Davon abgesehen, wo es so viele sind … nun, sie werden uns als Ziele aussuchen. Ich fürchte, wir würden niedergemacht, bevor …«
In der Nähe erschütterte ein Treffer den Boden, und Mandarb stieg auf die Hinterbeine und schleuderte Lan um ein Haar aus dem Sattel. Vom Lichtblitz fast vollständig geblendet kämpfte Lan mit seinem Pferd.
»Dai Shan!« Das war Narishmas Stimme.
Lan blinzelte Tränen aus den Augen.
»Geht zu Königin Elayne!«, brüllte er. »Holt Machtlenker, die unseren Rückzug decken. Ohne sie hauen sie uns in Stücke. Geht, Mann!«
Agelmar brüllte zum Rückzug, brachte Bogenschützen nach vorn, die auf die Machtlenker schossen und sie in Deckung zwingen sollten. Lan zog das Schwert und galoppierte los, um die Reiter zurückzuholen.
Das Licht beschütze uns, dachte er, schrie sich heiser und rettete von seiner Kavallerie, was er konnte. Der Pass war verloren.
Nervös wartete Elayne im Braemwald.
Schon sehr alt, gehörte der Wald zu jener Sorte, die eine eigene Seele zu haben schien. Die uralten Bäume waren seine knorrigen Finger, die aus dem Erdboden in die Höhe griffen, um den Wind zu ertasten.
In einem Wald wie Braem fiel es schwer, sich nicht ganz klein zu fühlen. Auch wenn die Bäume völlig kahl waren, fühlte Elayne aus den Tiefen des Waldes tausend Blicke auf sich lasten. Unwillkürlich dachte sie an die Geschichten, die man ihr als Kind erzählt hatte, dass der Wald voller Räuber sei – einige von ihnen durchaus anständig, andere wiederum mit Herzen so bösartig wie die von Schattenfreunden.
Tatsächlich …, dachte sie, als ihr eine ganz bestimmte Geschichte wieder einfiel. Sie wandte sich Birgitte zu. »Hast du nicht irgendwann einmal eine Diebesbande aus diesem Wald angeführt?«
Birgitte schnitt eine Grimasse. »Ich hatte gehofft, dass du die Geschichte nicht kennst.«
»Du hast die Königin von Aldeshar beraubt!«
»Ich war sehr höflich dabei«, protestierte Birgitte. »Sie war keine gute Königin. Viele behaupteten, sie hätte gar kein Recht auf den Thron gehabt.«
»Es geht doch ums Prinzip!«
»Genau darum tat ich es ja.« Birgitte runzelte die Stirn. »Zumindest glaube
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