Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
wohl, wenn sie mit ihnen darüber sprechen musste.
Ihr wurde bewusst, dass ihre Angst verflogen war. Anscheinend habe ich mehr Angst vor meiner eigenen Scham als vor den Seanchanern. Das stimmte nicht ganz, aber sie hielt sich gern an diesem Gedanken fest.
Es gab wirklich nur wenig, was sie Elayne berichten konnte. Dass sie sich endlich in Cairhien befanden, dass Couladin Selean verwüstet und das umliegende Land gebrandschatzt hatte, dass ihnen die Shaido immer noch um Tage voraus waren und nach Westen zogen. Die Weisen Frauen wussten mehr als sie. Sie hatten sich nicht gleich in ihre Zelte begeben. Abends hatte es kleinere Scharmützel gegeben, nur wenige wohl, mit berittenen Gegnern, die schnell geflohen waren, und mit anderen Berittenen, die schon geflohen waren, bevor es zum Kampf kam. Man hatte keine Gefangenen gemacht. Moiraine und Lan schienen die Gegner für Banditen zu halten oder für Anhänger des einen oder anderen Adelshauses, das sich um den Sonnenthron schlug. Alle hatten jedenfalls einen gleich zerlumpten Eindruck gemacht. Wer sie auch gewesen sein mochten – es würde sich bald herumsprechen, dass sich nunmehr noch weitere Aiel in Cairhien aufhielten.
»Sie mussten es ja wohl früher oder später erfahren«, war Elaynes lakonischer Kommentar.
Egwene beobachtete Elayne, als sie selbst und die Weisen Frauen verschwanden. Es wirkte auf sie, als werde Elayne und das Herz des Steins durchscheinend und immer blasser. Doch ihre Freundin mit dem goldenen Haar ließ sich nicht anmerken, ob sie die Botschaft verstanden hatte oder nicht.
KAPITEL 25
Träume von Galad
S tatt in ihren eigenen Körper zurückzukehren, schwebte Egwene durch die Dunkelheit. Sie selbst schien aus Dunkelheit zu bestehen und ohne feste Substanz zu sein. Ob ihr Körper nun über oder unter oder neben ihr lag, wusste sie nicht, denn hier gab es keine Richtung. Doch sie wusste, dass er sich in der Nähe befand und dass sie sich leicht in ihn hineinbegeben konnte. Überall in ihrer Umgebung in dieser Dunkelheit schienen Glühwürmchen zu flimmern. Es war ein riesiger Schwarm, der sich in unfassbarer Entfernung verlor. Das waren Träume, die Träume der Aiel im Lager, Träume von Männern und Frauen überall in Cairhien, überall auf der Welt, die hier auf einmal glitzerten.
Mittlerweile war sie in der Lage, einige der nahegelegenen auszuwählen und den Träumer zu identifizieren. Auf gewisse Weise ähnelten sich diese Lichtpunkte tatsächlich wie Glühwürmchen, und das hatte ihr anfänglich auch solche Schwierigkeiten bereitet, doch auf andere Weise schienen sie ihr nun doch so individuell wie die Gesichter von Menschen. Rands Träume und die Moiraines erschienen gedämpft, getrübt von den Wachgeweben, die sie darum gelegt hatten. Die von Amys und Bair leuchteten hell und pulsierten regelmäßig. Offensichtlich hatten sie sich an die eigenen Ratschläge gehalten. Hätte sie die jetzt nicht entdeckt, wäre sie augenblicklich wieder in ihren Körper zurückgeschlüpft. Die beiden durchforschten diese Dunkelheit mit viel größerer Leichtigkeit als sie selbst. Sie hätte nichts gemerkt, bis sie ihr plötzlich im Nacken säßen. Wenn sie je lernte, Elayne und Nynaeve auf dieselbe Weise zu identifizieren, würde sie die Freundinnen überall in diesem Sternchenmeer finden, gleich, wo sie sich auf der Welt befanden. Aber heute Nacht hatte sie nicht vor, irgendeinen Traum zu beobachten.
Sorgfältig formte sie ein wohlbekanntes Bild in ihrem Geist, und sie befand sich wieder in Tel’aran’rhiod , und zwar in jenem kleinen, fensterlosen Raum in der Burg, wo sie als Novizin gewohnt hatte. Ein schmales Bett stand an einer weiß getünchten Wand. Gegenüber der Tür befand sich ein kleiner Waschtisch mit einem dreibeinigen Hocker, und an den Wandhaken hingen die Kleider und die weißen, wollenen Hemden der jetzigen Bewohnerin. Es hätte genauso sein können, dass der Raum jetzt unbewohnt stand, denn seit vielen Jahren hatte die Burg nicht mehr die Quartiere der Novizinnen füllen können. Der Fußboden war beinahe genauso weiß wie Wände und Kleidung. Jeden Tag schrubbte die hier wohnende Novizin auf Händen und Knien diesen Boden. Genauso hatte es Egwene gemacht und Elayne im Zimmer neben ihr. Wenn eine Königin kam, um sich in der Burg ausbilden zu lassen, fing sie in einem ganz ähnlichen Zimmer an und schrubbte den Boden.
Die Kleider hingen anders dort, als sie erneut hinblickte, aber das ignorierte sie. Sie war bereit, innerhalb
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