Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
gibt«, meinte Egwene zweifelnd, und Elaynes Lachen verstummte.
»Elaida kann die Weiße Burg nicht zerstören, Egwene. Was sie auch anstellt, die Burg bleibt bestehen. Vielleicht wird sie auch nicht Amyrlin bleiben. Sobald sich Nynaeve an den Namen dieser Stadt erinnert, wette ich, dass wir dort eine Burg im Exil vorfinden, in der jede Ajah außer der Roten vertreten ist.«
»Ich hoffe es.« Egwene war sich der Tatsache bewusst, dass ihre Worte traurig klangen. Sie wollte, dass die Aes Sedai Rand unterstützten und sich gegen Elaida stellten, aber das hieß auch mit Sicherheit, die Weiße Burg zu spalten, und vielleicht konnte man diesen Riss nie wieder kitten.
»Ich muss zurück«, sagte Elayne. »Nynaeve besteht darauf, dass diejenige von uns, die nicht nach Tel’aran’rhiod geht, wach bleibt, und bei ihrem Brummschädel braucht sie unbedingt einen ihrer Kräutertees und viel Schlaf. Ich weiß auch nicht, warum sie darauf besteht. Wer auch wacht, kann ja doch nichts helfen, und wir beide wissen genug, um hier mittlerweile ganz sicher zu sein.« Ihr grünes Kleid verwandelte sich für einen kurzen Augenblick in Birgittes weißen Mantel und die gelben Pumphosen. »Sie sagte, ich solle dir gegenüber nichts davon erwähnen, aber sie glaubt, Moghedien sei auf der Suche nach uns. Nach ihr und mir.«
Egwene stellte ihr die offensichtlichste Frage nicht. Sicher hatte ihnen Birgitte irgendetwas mitgeteilt. Warum hielt Elayne das nur so hartnäckig geheim? Weil sie es versprochen hat. Elayne hat in ihrem Leben noch kein Versprechen gebrochen. »Sag ihr nur, sie soll vorsichtig sein.« Nynaeve würde wohl kaum herumsitzen und warten, wenn sie glaubte, eine der Verlorenen sei hinter ihr her. Sie dachte bestimmt daran, wie sie schon einmal mit dieser Frau fertig geworden war, und sie hatte schon immer mehr Mut als Vernunft an sich. »Die Verlorenen kann man nun wirklich nicht auf die leichte Schulter nehmen. Genauso wenig wie die Seanchaner , auch wenn sie angeblich nur als Dompteure tätig sind. Sag ihr das bitte.«
»Ich glaube nicht, dass du auf mich hörst, wenn ich dir sage, du sollst auch vorsichtig sein.«
Sie warf Elayne einen überraschten Blick zu. »Ich bin immer vorsichtig. Das weißt du doch.«
»Sicher.« Das Letzte, was Egwene wahrnahm, als die andere verschwand, war deren äußerst amüsiert wirkendes Lächeln.
Egwene verließ aber die Welt der Träume noch nicht. Wenn sich Nynaeve auch nicht daran erinnern konnte, wo sich die Blauen treffen sollten, konnte sie es vielleicht hier herausfinden. Das war natürlich kein neuer Einfall, denn sie war seit ihrem letzten Treffen mit Nynaeve keineswegs zum ersten Mal in der Burg. Sie imitierte wieder Elaidas Gesicht und das flammendrote Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel, dann das Kleid einer Aufgenommenen mit dem vielfarbigen Saum, und schließlich stellte sie sich Elaidas so reichhaltig eingerichtetes Arbeitszimmer vor.
Es war so wie zuvor, obwohl bei jedem Besuch weniger rebenverzierte Stühle im Bogen um den breiten Schreibtisch standen. Die Gemälde hingen nach wie vor über dem Kamin. Egwene schritt schnurstracks zum Tisch und schob den thronähnlichen Stuhl mit der in Elfenbein eingelegten Flamme von Tar Valon zur Seite, damit sie nach dem lackierten Briefkästchen greifen konnte. Sie hob den Deckel mit seinen kämpfenden Habichten und Wolken und begann, alle Papiere zu überfliegen, so schnell sie nur konnte. Trotzdem schmolzen einige davon, bevor sie sie zur Hälfte gelesen hatte, und andere veränderten sich. Es gab keine Möglichkeit, im Voraus festzustellen, was wichtig war und was nicht.
Die meisten Briefe berichteten von Fehlschlägen. Es gab noch keine Nachricht darüber, wohin der Lord von Bashere sein Heer geführt hatte, und zwischen den Zeilen klang etwas wie Niedergeschlagenheit und Sorge an. Der Name kam ihr bekannt vor, doch sie hatte keine Zeit zu verschwenden, schob ihn im Geist weg und griff nach dem nächsten Blatt. Auch keine Neuigkeiten über den Aufenthaltsort Rands, sagte ein unterwürfiger Bericht, aus dem aufkommende Panik klang. Es war gut, das zu wissen, und allein deshalb schon hatte sich das Risiko gelohnt, herzukommen. Mehr als ein Monat war seit dem letzten Bericht aus Tanchico vergangen, den die Augen-und-Ohren irgendeiner Ajah gesandt hatten, und andere in Tarabon schwiegen nun ebenfalls. Die Schreiberin sah die Gründe dafür in der zunehmenden Anarchie im Lande. Gerüchte, jemand habe Tanchico eingenommen,
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