Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
waren, fast niemals mehr lange lebten. Es hieß, sie wollten danach einfach nicht mehr leben.
Mit Siuan Sanche war das etwas ganz anderes. Er hatte sie vor fast drei Jahren einmal kennengelernt. Eine Frau, die absoluten Gehorsam verlangte und keinem Rechenschaft ablegte. So zäh wie ein alter Stiefel, mit einer Zunge wie einer Feile und einer Laune wie die eines Bären mit einem eiternden Zahn. Er hätte eigentlich von ihr erwartet, dass sie jeden Emporkömmling mit bloßen Händen in der Luft zerriss, bevor sie sich übertölpeln ließ. Dass eine Frau der Dämpfung unterzogen wurde, war viel seltener als bei Männern. Und bei einer Amyrlin erst recht. In dreitausend Jahren war das nur zwei Amyrlins widerfahren, soweit die Burg es zugab, wenn es natürlich auch möglich war, dass sie dabei einiges verschwiegen hatten. Die Burg beherrschte es, unerwünschte Dinge zu verschweigen. Doch eine Exekution, nachdem man sie bereits der Dämpfung unterzogen hatte, schien etwas übertrieben. Es hieß ja schließlich, dass Frauen die Dämpfung genauso selten lange überlebten wie Männer.
Das alles stank zum Himmel. Jeder wusste, dass die Burg mächtige Partner hatte, dass ihre Fäden bis hin zu Thronen verliefen und sie mächtige Lords und Ladies als Marionetten benutzten. Wenn eine neue Amyrlin auf diese Weise an die Macht gekommen war, würde bestimmt bald irgendjemand ausprobieren, ob die Aes Sedai immer noch so genau hinsahen wie bisher. Und sobald dieser Kerl in Tear allen Widerstand niedergeknüppelt hatte – nicht, dass sich viel Widerstand regen würde, wenn er wirklich den Stein in der Hand hatte –, würde er losschlagen, entweder gegen Illian oder gegen Cairhien. Die Frage war nur, wie schnell er ins Feld ziehen konnte. Würden zuerst die Heere gegen ihn stehen, oder war er schneller? Er musste der echte Wiedergeborene Drache sein, aber die Häuser konnten sich so oder so entscheiden, und die Völker ebenfalls. Und wenn dann auch noch kleine Streitigkeiten überall ausbrachen, weil die Burg …
»Alter Narr«, knurrte er. Als er sah, dass Barim zusammenzuckte, fügte er hinzu: »Nicht Ihr. Ein anderer alter Narr.« Nichts von alledem ging ihn noch etwas an. Außer natürlich, dass er zu entscheiden hatte, wem sich das Haus Bryne anschloss, wenn es an der Zeit war. Nicht, dass dies irgendjemanden kümmern würde. Lediglich wollten sie wissen, ob sie ihn angreifen sollten oder nicht. Bryne war noch nie ein sehr mächtiges oder großes Adelshaus gewesen.
»Eh, Lord Gareth?« Barim blickte hinüber zu den Männern, die mit ihren Pferden auf Bryne warteten. »Glaubt Ihr, dass Ihr mich gebrauchen könnt, mein Lord?«
Er fragte nicht einmal, warum und wohin es gehe. Er war nicht der Einzige, den das Landleben langweilte. »Seht, dass Ihr uns einholt, wenn Ihr eure Ausrüstung beieinander habt. Wir werden uns zunächst auf der Straße nach Vier Könige in Richtung Süden bewegen.« Barim salutierte und schoss los. Das Pferd zerrte er am Zügel hinter sich her.
Bryne kletterte in den Sattel und deutete wortlos nach vorn. Die Männer schlossen sich ihm in einer Doppelreihe an, als er die Eichenallee hinunterritt. Er wollte Antworten erhalten. Und wenn er diese Mara beim Genick packen und durchschütteln musste, um Antworten zu erhalten.
Hochlady Alteima entspannte sich, als sich das Tor zum Königlichen Palast von Andor öffnete und ihre Kutsche hineinrollte. Sie war nicht sicher gewesen, ob sie eingelassen würde. Es hatte schon lange genug gedauert, einen Brief hineinzubringen, und noch länger, eine Antwort zu erhalten. Ihre Dienerin, ein mageres Mädchen, das sie hier in Caemlyn aufgelesen hatte, machte große Augen und hüpfte beinahe auf dem gegenüberliegenden Sitz vor Aufregung auf und ab, weil sie nun in den Palast hineinkamen.
Alteima klappte ihren Spitzenfächer auf und bemühte sich, ein wenig kühlenden Luftstrom zu erzeugen. Es war noch nicht einmal Mittagszeit, und die Hitze würde noch erheblich schlimmer werden. Und sie hatte Andor immer für ein kühles Land gehalten! Schnell ging sie im Geist noch einmal durch, was sie alles vorbringen wollte. Sie war eine hübsche Frau, und das wusste sie auch ganz genau, mit großen, braunen Augen, die andere glauben machten, sie sei ein unschuldiges, sogar harmloses Wesen. Sie war keines von beiden, aber es passte ihr sehr wohl, wenn andere das von ihr glaubten. Besonders hier und heute. Diese Kutsche hatte sie beinahe ihr letztes Gold gekostet, das sie auf
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