Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
»Es ist lange her, dass wir uns kennenlernten. Geht es Eurem Mann gut? Ist er auch hier in Caemlyn?«
Schnell änderte Alteima ihre Pläne. Ihr war nicht klargewesen, dass Morgase von ihrem Ehemann wusste, aber sie war ja immer geistig beweglich gewesen. »Tedosian ging es gut, als ich ihn zuletzt sah.« Das Licht gebe, dass er bald das Zeitliche segnen möge. Aber nun musste sie weitermachen, was nun einmal angefangen war. »Er hatte einige Zweifel daran, ob er diesem Rand al’Thor dienen solle, und das war ein gefährlicher Abgrund, an dessen Kante er da stand. Licht, selbst Lords sind dort aufgehängt worden wie gewöhnliche Kriminelle.«
»Rand al’Thor«, sagte Morgase nachdenklich. »Ich habe ihn einmal getroffen. Er wirkte nicht wie einer, der sich zum Wiedergeborenen Drachen ausrufen lassen würde. Ein verängstigter Schafhirte, der sich bemühte, die Angst nicht zu zeigen. Wenn ich so zurückdenke, möchte ich beinahe sagen, dass er nach einem … Ausweg suchte.« Ihre blauen Augen blickten nach innen. »Elaida hat mich vor ihm gewarnt.« Sie schien gar nicht zu bemerken, dass sie das Letztere laut ausgesprochen hatte.
»Elaida war damals Eure Ratgeberin?«, fragte Alteima vorsichtig. Sie wusste es ja, und das ließ die Gerüchte über den Bruch zwischen beiden noch unwahrscheinlicher klingen. Sie musste einfach wissen, was daran war. »Habt Ihr sie durch eine andere ersetzt, jetzt, da sie die Amyrlin ist?«
Morgases Blick klärte sich wieder. »Habe ich nicht!« Im nächsten Moment wurde ihre Stimme jedoch wieder sanfter. »Meine Tochter Elayne ist zur Ausbildung in der Burg. Sie ist bereits zur Aufgenommenen erhoben worden.«
Alteima wedelte mit ihrem Fächer und hoffte, dass sich auf ihrer Stirn kein Schweiß zeigte. Falls Morgase sich über die eigenen Gefühle der Burg gegenüber nicht im Klaren war, konnte sie selbst im Grunde überhaupt nichts sagen, ohne sich in Gefahr zu bringen. Mit ihrem Plan stand sie gefährlich nah am Rande eines Abgrunds.
Dann rettete Morgase sie und den Plan. »Ihr sagt, Euer Mann sei geteilter Meinung in Bezug auf Rand al’Thor gewesen? Und wie steht es mit Euch?«
Sie hätte fast vor Erleichterung aufgeseufzt. Morgase mochte sich ja diesem Gaebril gegenüber wie ein verliebtes Bauernmädchen benehmen, aber sie behielt doch wohl klaren Kopf, was ihre Machtansprüche und die möglichen Gefahren für ihren Herrschaftsbereich betraf. »Ich habe ihn natürlich im Stein genau beobachtet.« Das sollte eigentlich den Keim pflanzen, falls es noch notwendig war. »Er kann die Macht lenken, und einen Mann, der das beherrscht, muss man in jedem Fall fürchten. Aber er ist der Wiedergeborene Drache. Daran gibt es keinen Zweifel. Der Stein fiel, und Callandor ruhte in seiner Hand, als das geschah. Die Prophezeiungen … Ich fürchte, ich muss die Entscheidung darüber, was man in Bezug auf den Wiedergeborenen Drachen unternehmen muss, weiseren überlassen, als ich es bin. Ich weiß nur, dass ich Angst davor habe, dort zu bleiben, wo er regiert. Selbst eine Hochlady von Tear kann nicht den Mut der Königin von Andor aufbringen.«
Die goldhaarige Frau warf ihr einen so scharfen Blick zu, dass sie schon fürchtete, die Schmeichelei übertrieben zu haben. Manche mochten solch offene Schmeicheleien nicht. Doch Morgase lehnte sich lediglich auf ihrem Stuhl zurück und nippte wieder an ihrem Wein. »Erzählt mir von ihm, von dem Mann, der uns angeblich retten und dabei vernichten wird.«
Erfolg. Oder zumindest ein Anfangserfolg. »Er ist – über die Frage der Einen Macht hinaus – ein gefährlicher Mann. Ein Löwe scheint faul und schläfrig, bis er plötzlich angreift. Dann ist er mit einem Mal ungeheuer schnell und kraftvoll. Rand al’Thor scheint unschuldig, nicht faul, und naiv, aber nicht schläfrig, doch wenn er angreift … Er hat überhaupt nicht den nötigen Respekt vor Persönlichkeit und Rang. Ich habe nicht übertrieben, als ich sagte, er habe selbst Lords aufhängen lassen. Er ist ein Born der Anarchie. In Tear kann durch seine neuen Gesetze selbst ein Hochlord oder eine Hochlady vor den Magistrat geladen und dort zu Geldstrafen oder noch Schlimmerem verurteilt werden, und das auf die Anklage des gemeinsten Bauern oder Fischers hin. Er …«
Sie hielt sich genau an die Wahrheit, wie sie die Dinge sah. Wenn es nötig war, sagte sie die Wahrheit ebenso unverblümt, wie sie bei Bedarf log. Morgase schlürfte ihren Wein und lauschte. Alteima hätte glauben können,
Weitere Kostenlose Bücher