Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
verzierten Becher. Asmodean lag ausgestreckt auf dem Bauch auf Fransenkissen, das Kinn auf die Arme gestützt. Keiner von beiden schien geschlafen zu haben. Unter ihren Augen waren dunkle Ringe zu sehen.
»Das wäre eigentlich nicht notwendig gewesen«, fuhr Aviendha mit kühler Stimme fort. Übermüdet oder nicht, ihre Frisur saß perfekt, und ihre frische Kleidung stand im scharfen Kontrast zu Asmodeans verknitterter Samtkleidung. Von Zeit zu Zeit spielte sie an dem in Form von Rosen und Dornen geschnitzten Elfenbeinarmband herum, das er ihr geschenkt hatte, als geschehe dies völlig unbewusst. Sie trug auch die silberne Schneeflockenhalskette. Sie hatte ihm immer noch nicht gesagt, wer ihr die geschenkt hatte, hatte sich aber anscheinend darüber amüsiert, als ihr klar wurde, dass er das wirklich wissen wollte. Jetzt wirkte sie aber bestimmt nicht amüsiert. »Moiraine Sedai war selbst dem Zusammenbruch nahe, weil sie so hart gearbeitet hatte, um Verwundete zu heilen. Aan’allain musste sie danach in ihr Zelt tragen. Deinetwegen, Rand al’Thor. Denn dich zu heilen kostete sie das letzte bisschen Kraft.«
»Die Aes Sedai ist schon wieder auf den Beinen«, warf Asmodean ein und unterdrückte dabei ein Gähnen. Er ignorierte Aviendhas pikierten Blick. »Sie war seit Sonnenaufgang bereits zweimal hier, sagte aber, Ihr würdet Euch erholen. Ich glaube, letzte Nacht war sie da nicht so sicher. Ich auch nicht.« Er zog seine vergoldete Laute heran und spielte daran herum. Dabei sprach er in ganz nebensächlichem Tonfall: »Ich tat natürlich für Euch, was ich konnte, denn mein Leben und mein Glück sind an Euch gebunden, aber meine Fähigkeiten schließen eben leider nicht die des Heilens ein.« Er zupfte ein paar Töne, um seine Worte zu unterstreichen. »Soviel ich weiß, kann sich ein Mann damit selbst umbringen oder ausbrennen, wenn er tut, was Ihr getan habt. Stärke im Gebrauch der Macht ist nutzlos, wenn der Körper erschöpft ist. Saidin kann leicht tödlich werden, wenn der Körper nicht mehr mitmacht. Das habe ich jedenfalls gehört.«
»Seid Ihr mit Euren Weisheiten jetzt fertig, Jasin Natael?« Aviendhas Tonfall war, soweit möglich, jetzt noch eisiger, und sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern wandte den Blick – wie blaugrünes Eis – wieder Rand zu. Wie es schien, war er an der Unterbrechung schuld gewesen. »Ein Mann darf sich manchmal wie ein Narr benehmen, ohne deshalb zu verlieren, aber ein Häuptling muss mehr sein als nur ein Mann, und der Häuptling aller Häuptlinge noch viel mehr. Du hattest kein Recht dazu, dich beinahe selbst in den Tod zu treiben. Egwene und ich bemühten uns, dich dazu zu bewegen, mit uns zu kommen, als wir zu erschöpft waren, um weiterzumachen, doch du wolltest nicht auf uns hören. Vielleicht bist du um so vieles stärker als wir, wie Egwene behauptet, aber du bist immer noch ein Mann aus Fleisch und Blut. Du bist der Car’a’carn und nicht irgendein neuer Seia Doon , der unbedingt nach Ruhm und Ehre strebt. Du hast Toh , eine Pflicht, den Aiel gegenüber, Rand al’Thor, und als Toter kannst du sie nicht erfüllen. Du kannst nicht alles allein vollbringen.«
Einen Moment lang brachte er nichts anderes fertig, als sie mit offenem Mund anzugaffen. Er hatte kaum überhaupt etwas zuwege gebracht, hatte praktisch die Schlacht den anderen überlassen, während er herumstolperte und versuchte, sich nützlich zu machen. Er war noch nicht einmal in der Lage gewesen, Sammael davon abzuhalten, zuzuschlagen, wo und wann er wollte. Und sie schimpfte, er habe zu viel getan.
»Ich werde versuchen, mich das nächste Mal daran zu erinnern«, sagte er schließlich. Selbst dann machte sie den Eindruck, sie wolle ihren Vortrag fortsetzen. »Was gibt es Neues von den Miagoma und den anderen drei Clans?«, fragte er, zum einen, um sie abzulenken, aber auch, weil er es wissen wollte. Frauen hörten sonst grundsätzlich nicht auf, bevor sie einen Mann nicht vollständig am Boden hatten, außer eben, man lenkte sie irgendwie ab.
Es wirkte. Natürlich steckte sie voll von Neuigkeiten, die sie loswerden wollte. Im Belehren war sie genauso eifrig wie im Schimpfen. Asmodean zupfte eine leise Melodie auf seiner Laute, und ausnahmsweise einmal etwas Angenehmes, sogar Idyllisches, das einen eigenartigen Hintergrund für ihre Worte bildete.
Die Miagoma, die Schiande, die Daryne und die Codarra hatten ihre Lager in Sichtweite voneinander ein paar Meilen östlich aufgeschlagen. Zwischen
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