Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
zu machen, dass Ihr beiden viele Jahre lang Hand in Hand gearbeitet habt? Oder habt Ihr sie davon überzeugen können, dass die Dämpfung alles an Euch verändert habe und nicht bloß Euer Gesicht? Wenn sie herausfinden, dass Ihr hinter ihrem Rücken intrigiert und sie manipuliert, dann werdet Ihr lauter quieken als irgendein Ferkel.« Die andere zuckte mit keiner Wimper. Siuan würde die Beherrschung bestimmt nicht verlieren und irgendetwas entschlüpfen lassen; etwas zugeben. Und doch hatte etwas in diesem kurzen Blick gelegen, den Nynaeve beobachtet hatte, da war sie sicher. »Ich will Euch – und Leane – untersuchen, wann immer ich möchte. Und Logain.« Vielleicht konnte sie auch in seinem Fall einiges feststellen. Männer waren anders, und so wäre es, als betrachte sie ein Problem aus anderem Blickwinkel. Nicht, dass sie ihn heilen würde, und fände sie auch einen Weg dazu. Rands Gebrauch der Macht war notwendig. Sie hatte nicht vor, noch einen Mann auf die Welt loszulassen, der mit der Macht umgehen konnte. »Wenn nicht, könnt Ihr den Ring und Tel’aran’rhiod vergessen.« Was wollte Siuan eigentlich damit erreichen? Wahrscheinlich wollte sie nur wieder ein Gefühl genießen, beinahe wie eine Aes Sedai zu sein. Energisch unterdrückte Nynaeve das gerade wieder aufgetauchte Mitleid. »Und wenn Ihr weiterhin behauptet, wir hätten uns als Aes Sedai ausgegeben, werde ich keine andere Wahl haben und ihnen von Euch und Leane berichten. Man mag ja Elayne und mir solange die Hölle heiß machen, bis die Wahrheit ans Licht kommt, aber sie wird, und diese Wahrheit wird zur Folge haben, dass Ihr länger weint als Faolain und Emara zusammen.«
Das Schweigen dehnte sich. Wie brachte es die andere fertig, so kühl zu wirken? Nynaeve hatte immer geglaubt, es habe mit den typischen Eigenschaften einer Aes Sedai zu tun. Ihre Lippen fühlten sich trocken an, aber das war auch das einzige Trockene an ihr. Wenn sie sich geirrt hatte, wenn Siuan bereit war, die Herausforderung anzunehmen, dann wusste sie, wer am Ende weinen würde.
Schließlich murrte Siuan: »Ich hoffe, Moiraine hat Egwene nicht auch so aufmüpfig werden lassen.« Nynaeve verstand nichts, aber sie hatte auch kaum Zeit zum Überlegen. Im nächsten Augenblick beugte sich die andere Frau mit ausgestreckter Hand vor. »Ihr hütet meine Geheimnisse und ich die Euren. Unterrichtet mich im Gebrauch des Rings, und dafür könnt Ihr nach Herzenslust die Ergebnisse einer Dämpfung untersuchen.«
Nynaeve konnte gerade noch ein erleichtertes Seufzen unterdrücken, als sie die angebotene Hand drückte. Sie hatte es geschafft. Zum ersten Mal in einer Zeitspanne, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, hatte jemand versucht, sie einzuschüchtern, und war damit gescheitert. Sie fühlte sich beinahe schon stark genug, um Moghedien gegenüberzutreten. Beinahe.
Elayne holte Min gerade noch am Hinterausgang der Schenke ein und schritt neben ihr her. Min hatte sich etwas, das aussah wie zwei oder drei weiße Männerhemden, unter einen Arm geklemmt. Die Sonne stand genau über den Baumwipfeln, und in ihrem langsam in Dämmerung übergehenden Schein wirkte der Erdboden im Stallhof, als habe man ihn vor nicht allzu langer Zeit mit der Harke gewendet. Genau in der Mitte stand ein mächtiger Baumstumpf; wahrscheinlich der einer Eiche. Der Steinbau des Stalles mit seinem Strohdach wies keine Torflügel auf, und so konnte man die Männer gut beobachten, die zwischen den besetzten Boxen arbeiteten. Zu ihrer Überraschung stand Leane am Rand des Schattens neben dem Stall und unterhielt sich mit einem hochgewachsenen Mann. Er war grob gekleidet und wirkte wie ein Schmied oder auch wie ein Wirtshausschläger. Das Überraschende war, wie nahe sich Leane bei ihm befand, als sie den Kopf im Nacken hielt und zu ihm aufblickte. Und dann tätschelte sie doch tatsächlich seine Wange, bevor sie sich abwandte und zur Schenke zurückeilte. Der große Mann sah ihr noch einen Moment lang hinterher und verschmolz dann mit dem Schatten.
»Frage mich bitte nicht, was sie vorhat«, sagte Min. »Seltsame Leute kommen und besuchen Siuan und sie, und einige der Männer … Nun, du hast es ja selbst gesehen.«
Elayne war es eigentlich gleichgültig, was Leane machte. Doch nun, da sie mit Min allein war, wusste sie nicht, wie sie das Thema ansprechen sollte, an dem sie interessiert war. »Was machst du so?«
»Wäsche waschen«, knurrte Min und nahm gereizt ihre Hemden auf den anderen Arm. »Ich kann dir
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